Tóth Kinga

Tóth Kinga © Black Monty Studio

Kinga Tóth: Gedichte

SPRINGSEIL

- auch in den Iran -

haare schneiden sich die mit tuch mit stoff bedeckten frauen
mir schneide ich auch die schneckenhaare lass sie
auf die gräber rollen auf die kränze mein rotes mein braunes
mein aschfahles sulamithhaar flechten
im sonnenlicht nicht verblassen

in eine riesenpuppe wickeln sie mich ein woraus ich spreche
zur riesenfrau bauen sie mich meine puppe wächst mir
über den kopf von drinnen bewege ich meine glieder und segne euch
und haarzöpfe werfe ich zwischen euch sie schlagen wurzeln
werden zu getreide zu brennholz wagt es nicht mich zu fällen
zu ernten gießt und lasst uns in die sonne wachsen
lass den regen mich in meinem beet verwandeln
die bosheit von meinen seitentrieben wegstoßen
lass den wald woanders wild wachsen 
und die haarsträhnen das land wie flugasche bedecken
wie kohlenstaub auf der industriestädtehaut
die häuser werden behaart die gebäude
werden mit haarteppich bedeckt mit frauenhaar
ich rasiere alles an mir
nackt komme ich zu euch was wollt ihr noch nehmen
wohin wollt ihr noch mit den händen um mich zu verstehen
was noch aus dieser bezaunten frauenpuppe ausweiden
genauso nehmt ihr eure mütter aus ihr draußengebliebenen parasiten
fresst mit hunger und unersättlichkeit
tanze ich spinne flechte mich meine stimme in den zaun ein
mein alabastergesicht meinen schneewittchenmund
bewachsen bäume wo ich mich einpfählte um den weg nach draußen freizukauen
an feiertagen wenn sie mich herumtragen und vorführen
eine höhle in meiner vagina finden ist das volk unruhig
eine nation stillen im käfig ein wiegenlied singen                             

schneidet das seil durch kleine mädchen schneidet das seil durch









 

Kranz

- summen zum binden –

traurigbistdutraurig ich wickle dich dreimal
binde leinen und windel über dich röckchen gaze
du wirst hinfallen also leukoplast vorher dann
hosenrock so geht mein wickler nicht durch mit springseil
rollen wir darauf zuerst wirst du gelayert mit der schule
der ersten impfung dem ersten großen sturz auf dem betonplatz
dein zeugnis dein majorettstock zuerst aus holz und bricht mit dir
sie zwingen dich in den rhythmus ein klick klick klick
zieh die knie hoch berühre deine füße und kitzle den bauchnabel
so hoch reicht er zwar nicht aber tue so als ob
das nächste wird eine tampongirlande plastikbinden klebe ich
an den flügeln zusammen das wird eine menge layers
sanft aber schleimig ich bedecke sie mit tuch

traurigbistdu traurigezitronenaugen kein schmerz mehr
ich wickle dich in federgras
an bettwäsche hängende männerhände beschwitzen dich
gut riechende schlecht riechende haare impulse umarmungen
in denen wirst du die schönste das ist dein bestes
öffne es spanne es nimm es und nimm es rein wir füllen dich auf
du wirst ergänzt und erfüllt überflüssig mit schmiermitteln überschwemmt
in stoffe geklebt in dunst verweht pilzwolken verteilen sich
weinranken breiten sich aus klettern dir sprießen knospen 
zygoten verblassen in deinen foliengrund die luft bleibt stehen riech nicht rein
dir wird schwindelig ohnmächtig und du kannst nicht mehr aufrecht stehen

taubistdutau ich wische dir die pflaumenasche aus dem gesicht
roh singt deine fleischblüte kreisförmig eingesetzt
hältst du die erste schlinge das x-te seil dann deinen blütentrieb
in nach windeln duftenden schichten sonderst du fermentierte früchte ab
mit deinem quellwasser wirst du bewässert
deine sträucher werden zum kranz gehängt
du wirst müde deine stimme verfangen
die schichten werden schläfrig wie die besucher 
auf den hügel auf die gedenkstätte erhebe ich dich weine ich
falle auf dich


 

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