Diskussion
„Die Witwen“ von Dagmar Leupold

Mi, 08.02.2017
19:00 Uhr Goethe-Institut St. Petersburg

Im nächsten LITklub besprechen wir den Roman von Dagmar Leuopold „Die Witwen“, nominiert für die Longlist des Deutschen Buchpreises 2016.

Der Titel lässt uns traurige Liebesgeschichten oder Geschichten hinterbliebener Ehefrauen vermuten. Doch keine der Figuren aus Dagmar Leupolds Roman „Die Witwen“ hat ihren Mann durch den Tod verloren. Ja drei von ihnen sind noch nicht mal verheiratet oder haben überhaupt Männer. Was macht also diese vier Frauen zu Witwen? Wahrscheinlich ihr Dasein, ihre Wahrnehmung dessen. Drei Freundinnen (Beatrice, Dodo und Laura) ziehen aus Berlin zu ihrer Freundin Penny auf das Land. Um dem trostlosen Gefühl vom Land und in ihnen selbst zu entfliehen, beschließen die Frauen gemeinsam eine Reise zu machen. Sie mieten ein Auto, erklären einen Philosophen namens Bendix zu ihrem Fahrer und machen sich auf den Weg entlang der Mosel.

Die Fahrt entwickelt sich zu einer großen Erzählung von genügsamen Frauen, über ihr Leben, ihre Geheimnisse und Sehnsüchte. Leupold versteht es den Untertitel Abenteuerroman für ihre Figuren neu zu interpretieren: einerseits etymologisch als Ereignis, schließlich stellt nach dem Verständnis von vier Frauen Ende 50 eine spontane Reise ohne klares Ziel ein großes Ereignis dar, und andererseits bekommen alle vier Frauen durch ihre Erzählungen im Laufe der Reise eine Stimme, sie werden wahrgenommen und gehört. Leupold überzeugt durch poetische und detailverliebte Sprache sowie einen Hauch Witz. Der Roman widmet sich dem Gefühl des Aufbruchs ohne in ein banales Frauenbuch auszuarten.

Dagmar Leupold lebt und arbeitet als Schriftstellerin und Übersetzerin in München. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Tukan-Preis 2013. Seit 2004 leitet sie das „Studio Literatur und Theater“ der Universität Tübingen.