MINT und DaF – Zugang zu Wissen
Arbeitsergebnisse des Workshops vom 16.11.2018

Im Anschluss an die diesjährige MINT-Konferenz fand wie im vergangenen Jahr wieder ein CLIL-Workshop in der Zentrale des Goethe-Instituts statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammten diesmal aus Italien, Kroatien, der Slowakei,  der Türkei, aus Litauen und aus Russland.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer CLIL-Workshop 16.11.2018
Teilnehmerinnen und Teilnehmer CLIL-Workshop 16.11.2018 | Flora Rinke © Goethe-Institut
Als Vorbereitung auf den Workshop ging ein Fragebogen zur lokalen CLIL-Situation an alle Beteiligten.
Aus den ausführlichen Antworten ergab sich ein überaus heterogenes Bild zur Frage, wie Fach- und Sprachunterricht unterrichtspraktisch zusammengebracht werden können – eine Vielfalt auch mit Überschneidungen, die viel Anlass zu Diskussionen bot.  
Nachdem die Ziele der Spracharbeit des Goethe-Instituts in diesem Zusammenhang eingebracht und die Thematik in einem kleinen Planspiel (Rollenspiel A und B) Raum für einen fachlichen Austausch gegeben hatte, konnten einzelne lokale Aspekte näher zur Sprache kommen.


LOKALE ASPEKTE

Italien, das besonders im Norden des Landes über Fachkenntnisse mit besonders guten Deutschkenntnissen verfügt, hat aus diesem Grund eine spezielle Situation mit zum Teil bereits gut implementiertem CLIL-Unterricht. Eine Vertreterin aus Bozen, Verena Cassar (Dienststelle für L2 und Fremdsprachen/ Servizio L2 e lingue straniere), konnte deshalb den Blick aus der Praxis in besonders überzeugender Weise einbringen.

Näheres zu CLIL in Italien

Beim  IPRASE (Istituto Provinciale per la Ricerca e la Sperimentazione Educativa)
(www.iprase.tn.it) können die folgenden Unterlagen auf der Homepage abgerufen werden:
(1) Franca Quartapelle, Julian Sudhoff, Dieter Wolff: Mehrsprachig werden in einer globalisierten Welt. Rovereto 2018.
(2) Dieter Wolff: Vierzehn Empfehlungen für die CLIL-Schulen im Trentino. Rovereto 2017
 
 
Kroatien bietet an zwei Schulen in Zagreb CLIL-Unterricht an. Der zuständige Fachberater Marko Javorina (Fachberater für Deutsch der kroatischen Agentur für Bildung und Erziehung) hat zur Schulsituation einen kleinen Vortrag gehalten und die lokalen Situation anschaulich erläutert. Von besonderem Interesse war dabei ein Robotik-Projekt, das über das Format eines Wettbewerbs sukzessive auf- und ausgebaut wird:
 
In der Slowakei werden Module mit Handreichungen zum Thema CLIL entwickelt.

Näheres zu CLIL in der Slowakei
 
Litauen arbeitet eng mit dem Ministerium zusammen und ist in der Frage der Implementierung des CLIL-Ansatzes schon sehr weit.

Näheres zu CLIL in Litauen


Bewertung der aktuellen Situation

Am Nachmittag ging es schwerpunktmäßig um die Frage, wie nun der Iststand zu bewerten ist. Dazu wurde in Gruppen Folgendes festgestellt:
 
Welche Wege können die Institute realistischerweise gehen?
  • Bei DaF-Lehrkräften ansetzen und klein anfangen
  • Kooperationspartner/Ansprechpartner suchen und finden
  • Curriculare Unterstützung (durch GI) und Lehrerhandreichungen schaffen
  • Materialien verfügbar machen
  • Hospitationen ermöglichen und Berührungsängste/Vorurteile abbauen
  • Interesse durch umsetzbare Beispiele wecken

Unterstützung durch das Goethe-Institut könnte z.B. erfolgen durch:
  • Lehrmaterialien
  • Fortbildungen
  • Netzwerkbildung (Konferenzen)
  • Finanzielle Unterstützung (Werbematerialien, Referenten)
  • Beratung
  • Modellhafter Unterricht
  • Videos    

Welchen Bedarf haben die Goethe-Institute und Bildungseinrichtungen im Ausland?
  • Größerer zeitlicher und finanzieller Rahmen
  • Unterrichtsmaterialien (Fremd- und Eigenmaterial)
  • Vernetzung
  
Welche Probleme gibt es bei der Umsetzung von CLIL-Unterricht?
  • Skepsis bei DaF- und Fachlehrkräften
  • Ungenügende Sprachkompetenz bei den Fachlehrkräften
  • Fehlende Methodenkompetenz
  • Hoher Arbeitsaufwand bei der Vorbereitung von CLIL-Stunden
  • Organisatorische Schwierigkeiten bei der Umsetzung
  • CLIL-Teams sind nicht miteinander vertraut

Grundlegend für eine verbesserte Möglichkeit von CLIL-Unterricht sind qualifizierte Lehrkräfte. Deshalb muss ein besonderes Augenmerk auf die Lehrerfortbildung gelegt werden.

Welche Art von Lehrerfortbildungen ist aus Auslandsperspektive am sinnvollsten?

 
Welche Fortbildungsformate stellen sich die Workshop-Teilnehmer/-innen  für Unterricht mit dem CLIL-Ansatz vor:

1. Tandembildung zwischen Fachlehrkraft und Sprachlehrkraft (z.B. über einen Wettbewerb)

In Kroatien wird dieses Format über einen Wettbewerb zum Thema Robotik umgesetzt. Ziele werden projektbezogen formuliert. Das Projekt kann langfristig angelegt sein und wäre somit nachhaltig wirksam. Zunächst wird eine Struktur festgelegt, die langfristig (über mehrere Jahre) trägt.

Vorgehensweise: zu einzelnen Schritten gehören z.B.
  • die Einladung zum Wettbewerb
  • die Kriterien für die Auswahl der gegeneinander antretenden Teams (Schulen)
  • die vorbereitenden Workshops (Blended Learning)
  • die Überlegungen, wie das Ganze innerhalb der schulischen Arbeit umgesetzt werden kann
  • die Dokumentation des Verlaufs
  • die Nachbearbeitung und Evaluation
  • das Feedback
Parallel dazu entstehen Arbeitsblätter oder größere Lernmodule, die das sprachliche Niveau und den fachlichen Input berücksichtigen und sukzessive aufbauen.

2. Länderübergreifende Hospitationen

Hier ist an ein Format gedacht, dass DaF- und Fachlehrer/-innen ebenso einbindet wie die betroffenen Schulleiter/-innen. Möglich sind auch Länder- und Regionen übergreifende Hospitationen, z.B. zwischen Russland und der Türkei, die voneinander lernen und gegenseitig profitieren könnten.
Für jede Art von Hospitation braucht man ein genaues Programm (mindestens 3-4 Tage), das den zeitlichen Rahmen definiert und die Lernziele und Lerninhalte (Sachfächer, sprachliche Niveaustufen etc.) festlegt. Die Organisation vor Ort, die einzusetzenden Materialien und das Rahmenprogramm (z.B. Gespräche mit entsprechenden Fachkräften, der Schulleitung, ggf. mit Eltern und Schüler/-innen) sowie die Materialien, die zum Einsatz kommen sollen, müssen gut vorbereitet werden.
Im Anschluss an die Hospitation sollte es ein Ergebnisprotokoll und eine Planung für das weitere gemeinsame Vorgehen geben. Auch die Lernenden könnten sich über Netzwerke miteinander austauschen.

3. Langfristige Fortbildungen, z.B. über Fernlehre (DLL 16)

Ein solches Fortbildungsformat würde einen langfristigen Lernerfolg gewährleisten. Allerdings bedeutet dies sowohl bei der Erstellung des Formats als auch bei den Lernenden einen großen zeitlichen und ggf. finanziellen Aufwand. Es wäre auch nicht sicher, ob die ursprünglich anvisierte Zielgruppe überhaupt erreicht werden kann. Bei einem solchen Format ist die Einbettungsmöglichkeit in die praktische Unterrichtstätigkeit entscheidend, wie sie z.B. über die Fernlehremodule von DLL (in den Praxiserkundungsprojekten) angestrebt wird.

Fazit

Wie im Jahr 2017 hat auch dieser Workshop gezeigt, dass es einen großen Bedarf gibt, sich über die Umsetzungsmöglichkeiten von CLIL auszutauschen. Wie gehen Fach- und Sprachlehrkräfte aufeinander zu, wie gehen sie miteinander um? Wie lassen sich gemeinsame Pläne so entwickeln, dass auch die Schulleitung dahinter stehen kann und echte Lernprozesse nachweisbar werden?
 
Viele Länder testen solche Lernansätze, sind sich aber in der Vorgehensweise nicht so sicher, weil es keine klaren Vorbilder und keine verankerten Lernmaterialien gibt. So liegt es nahe, dass Netzwerkbildung, Materialbörsen, Lehrerfortbildungen, Hospitationen die am meisten geforderten Formate sind, über die man sich ein Weiterkommen vorstellen kann.
 
Die Türkei steht z.B. noch am Beginn solcher Überlegungen und baut eher darauf, den DaF-Unterricht fachlich anzureichern, z.B. mit Experimenten. So haben wir es im Experimentierworkshop im Frühjahr 2018 versucht  – eine Vorgehensweise, die großen Anklang fand.
 
 
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