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Deutsche Spuren in Alberta
​​​Das Seebe Camp 130: Kriegsgefangenenlager aus dem 2. Weltkrieg

Ein Wachturm des Seebe Camp 130
Ein Wachturm des Seebe Camp 130 | © Library and Archives Canada, MIKAN no. 3514978

Spätestens seit den Olympischen Winterspielen 1988 ist Kananaskis als Austragungsort der alpinen Skiwettbewerbe bekannt. Doch die Winteridylle, die heute noch zahlreiche Wintersportler aus Deutschland anzieht, hat eine dunkle Vergangenheit. Im Zweiten Weltkrieg lebten hier Gefangene der Alliierten, darunter auch Deutsche, in einem Lager mitten in den Rocky Mountains.

Gegenüber dem Barrier Lake, rund 80 km westlich von Calgary, wurde bereits am 29. September 1939 das erste kanadische Internierungslager, das sogenannte „Seebe Camp 130“,  gegründet. Zunächst wurden hier Zivilisten, deutsche Matrosen der Handelsmarine sowie Kriegsdienstverweigerer untergebracht. Doch bald entsandte Großbritannien auch deutsche Kriegsgefangene nach Kanada, denn es bestand die Sorge, dass diese bei einer möglichen Invasion Großbritanniens zu einer beträchtlichen Gefahr werden könnten. Insgesamt 34.000 deutsche Soldaten wurden während des Zweiten Weltkriegs in Kanada interniert. Im Juni 1940 kamen rund 650 Gefangene, unter ihnen einige hochrangige Offiziere, im Seebe Camp 130 an. Sie waren größtenteils Mitglieder des Deutschen Afrika Korps und in Nordafrika von der 8. Britischen Armee gefangen genommen worden. Seebe Camp 130 war eines von vier Kriegsgefangenenlager in Alberta, die anderen drei befanden sich in Medicine Hat (Camp 132), Ozada und Lethbridge (Camp 133) und Wainwright (Camp 135). Das Lager war mit sieben Hauptwachtürmen ausgestattet, die allesamt bewaffnet waren. Es war zudem seit 1941 durch einen Niederstrom- und einen hohen Maschendrahtzaun abgesichert. Rund um die Uhr waren die sieben Haupt- und zwei Nebenwachtürme durch Mitglieder der kanadischen Veteranengarde (Veterans Guard) bemannt, die sich aus kanadischen Veteranen des Ersten Weltkriegs zusammensetzte.
 
Blick von den Wachtürmen im Kriegsgefangenenlager in Medicine Hat Blick von den Wachtürmen im Kriegsgefangenenlager in Medicine Hat | © Image courtesy of Esplanade Archives, 0590.0017 Zu Beginn waren die rund 600 deutschen Matrosen der Handelsmarine in Militärzelten untergebracht. Später wurden feste Barracken errichtet. Bald mehrte sich die Angst um Fluchtversuche. Als man einen Fluchttunnel entdeckte, wurde ein achter Hauptwachturm mit einem kraftvollen Suchscheinwerfer gebaut. Tatsächlich gab es aber nie einen Fluchtversuch der fast 1.000 deutschen Kriegsgefangenen im Seebe Camp 130. Das mag auch unter anderem daran gelegen haben, dass es den Gefangenen im Vergleich zu Kriegsgefangenen in europäischen Lagern relativ gut ging. Sie mussten zwar Zwangsarbeit verrichten – so bauten sie etwa das Barriersee Reservoir – aber im Lager gab es auch einen Billardraum, Tennisplätze und im Winter sogar Skiausflüge.

Der Wachturm Nummer 8 steht heute nicht weit entfernt von dem Internierungscamp, denn nachdem Seebe Camp 130 nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschlossen wurde, baute man den Wachturm auf dem Berg McConnell Ridge erneut auf und nutze ihn als Feuerwachturm. Im Jahre 1984 wurde der Wachturm jedoch wieder in das Camp zurückgebracht und nicht weit von seinem ursprünglichen Standort aufgestellt, wo er heute noch auf dem Gelände der Biogeowissenschaftlichen Feldstation der Universität von Calgary besichtigt werden kann.
 
Die Colonel’s Cabin von Colonel Hugh de Norban Watson Die Colonel’s Cabin von Colonel Hugh de Norban Watson | © Historic Resources Management Branch, October 2003 In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die „Colonel’s Cabin“,  eine Blockhütte, in der von 1939 bis 1945 der Befehlshaber des Kriegsgefangenenlagers, Colonel Hugh de Norban Watson, lebte. Die Blockhütte wurde 1936 gebaut und zunächst als forstwirtschaftliche Versuchsstation genutzt. Seebe Camp 130 war nicht das einzige Internierungscamp in den Rocky Mountains und es war auch nicht das Größte in der Provinz. Doch es ist eines der wenigen Lager von dem noch heute Gebäude existieren und besichtigt werden können.
 

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