Berlinale-Blogger 2017
Sternenklare Nächte

Sternenklare Nächte in Berlin.
Sternenklare Nächte in Berlin. | © Sarah Ward

„Danny!“, ruft es aus einer Gruppe Menschen, als ein Mann das Gebäude betritt, „Diego!“, entweicht es einem Zuschauer, als ein Schauspieler seinen Platz im Theatersaal einnimmt: Bei einem der größten Filmfestivals der Welt gehört das Entdecken von Berühmtheiten dazu – auf und abseits des roten Teppichs. Die Atmosphäre, wenn man Danny Boyle und Jonny Lee Miller aus „T2 Trainspotting“ auf der Straße entdeckt oder in den gleichen Filmvorführungen sitzt wie die Berlinale-Juroren Diego Luna, Maggie Gyllenhaal und Paul Verhoeven, ist aber nur ein Teil des Vergnügens.

Bereits in den ersten drei Tagen des Festivals sind Richard Gere, Laura Linney und Steve Coogan, zu sehen in The Dinner, zur Berlinale gestoßen, ebenso wie Stanley Tucci, Clémence Poésy, Geoffrey Rush und Armie Hammer – zu sehen in Final Portrait. Die Liste wird immer länger, genauso wie die Warteschlangen, die sich durch die Veranstaltungsorte der Berlinale am Potsdamer Platz ziehen. Und dennoch: Das Festival glänzt auch ohne die bekannten Gesichter, die man in den Menschenmengen entdeckt – nicht zuletzt durch die buchstäblich ins Auge springenden Lichter, die die Bäume auf der Potsdamer Straße schmücken. Auch ohne das allgegenwärtige Funkeln, ob an einem bewölkten Nachmittag oder am tiefschwarzen Nachthimmel – Berlin glänzt mit seiner Liebe fürs Kino.

Jegliche Skepsis schmilzt dahin

Aus der Ferne betrachtet ist es auch für den größten Filmenthusiasten leicht, zynisch zu bleiben, wenn es um den internationalen Filmfest-Zirkus geht – in der Zeit der unablässigen Reaktionen in den Sozialen Medien, der vielen Pressestimmen und dem Spekulieren über Auszeichnungen – und deren Gegenreaktionen –, lange bevor ein Großteil der Zuschauer die besagten Filme überhaupt gesehen hat. Doch während begeisterte Cineasten und Experten der Filmindustrie eingemummt den Minusgraden trotzen, von einem Vorführort zum nächsten pilgern, Schutz neben Freiluftheizern suchen und sich dabei an einer Tasse Glühwein festhalten, schmilzt jegliche Skepsis dahin.

Die Bäume auf der Potsdamer Straße sind mit Lichtern geschmückt. Die Bäume auf der Potsdamer Straße sind mit Lichtern geschmückt. | © Sarah Ward Als im Jahr 1932 das erste große Filmfestival in Venedig stattfand, hatte es zum Ziel, das Medium Film vorzuführen und zu zelebrieren. Jahre später – 67 um genau zu sein, seit die Berlinale 1951 der Festivalgemeinde beitrat – bleibt genau diese Intention bestehen. Und während sich der Zugang zum Kino durch technische Fortschritte kontinuierlich erweitert hat – ein Anstieg, der sich parrallel dazu entwickelt hat, dass es nun einfacher ist, sich online über Filme auszutauschen –, gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass das Gefühl abnimmt, das ensteht, wenn Menschen sich zusammenfinden, um das neueste (und hoffentlich großartigste), was diese Kunstform zu bieten hat, anzuschauen, zu entdecken, abzuwägen und zu diskutieren.

Dementsprechend scheint bei der Berlinale der Enthusiasmus von allen Besonderheiten am hellsten, unabhängig davon, welche Berühmtheiten sich gerade in der näheren Umgebung aufhalten. Tatsächlich ist es ein ansteckendes Gefühl, das man noch weit entfernt von den zentralen Austragungsorten spüren kann. Wo auch immer Poster die Berlinale bewerben, sind gleichzeitig auch Menschen zu finden, die ihnen Aufmerksamkeit schenken. Finde den Bären (das beliebte Festival-Maskottchen) – nicht nur auf Werbematerialien, sondern auch auf Produkten wie Taschen, Schals und T-Shirts, die auf einmal scheinbar jede Person in Sichtweite trägt, ist ein stadtweiter Zeitvertreib. Menschen, die in der U-Bahn durch die gedruckte Festivalbroschüre blättern oder auf ihrem Smartphone mit der Festival-App durch das Programm scrollen, sind ebenso allgegenwärtig. Vom 9. bis zum 19. Februar gibt es jedenfalls keinen Zweifel: Berlin strahlt und badet dabei in der Verehrung der leuchtenden Leinwand.