Berlinale-Blogger 2017
Geschichten aus dem spannendsten unserer arabischen Länder

Dora Bouchoucha
©Ahmed Shawky

Sie ist eine der einflussreichsten Frauen im arabischen Kino, wenn nicht überhaupt die einflussreichste Filmemacherin. Sie hat einige höchst erfolgreiche Filme produziert hat, darunter „Hedi", saß dem Aide aux Cinemas du Monde vor, organisierte mit Erfolg das Karthago Filmfestival und bereitete den Weg für umfangreiche Partnerschaften mit europäischen Unternehmen zur Finanzierung arabischer Filme.

Dora Bouchoucha war bei der diesjährigen Berlinale Jurymitglied der internationalen Jury der Kategorie "Wettbewerb", die der niederländisch-amerikanische Regisseurs Paul Verhoeven vorsaß.  Im Mandala Hotel, wo die Jury-Mitglieder und die Preisträger residierten, durften wir Frau Bouchoucha begegnen und für sie für einige Minuten von ihrem vollen Pflichtprogramm als Jury-Mitglied abhalten.

Was sind die wichtigsten Eindrücke, die Sie durch die Teilnahme an der Berlinale-Jury gewonnen haben?

Die wichtigste Feststellung bezüglich der Organisation der Berlinale ist der Pragmatismus, mit dem sie organisiert wird. Alles ist so angelegt, dass es zu seinem Ziel führt und zwar auf dem kürzesten und unkompliziertesten Weg. Vielleicht hat man am Anfang Vorbehalte über die Vorgehensweise, aber mit der Zeit versteht man, dass es die beste Form ist, die Dinge zu organisieren. An der Berlinale schätze ich ihr Engagement für das Kino und für das, was in der Welt um uns herum geschieht. Ästhetik überwiegt nicht zum Nachteil der Inhalte und umgekehrt. Das unterscheidet sie von anderen Festivals.

Beides ergänzt sich in der Art und Weise der Zusammensetzung der Jury und ihrer Arbeitsweise. Wir diskutieren jeden Film im Detail, direkt nachdem wir ihn gesehen haben. Anfangs habe ich nicht verstanden, wie bedeutsam das ist. Später merkte ich es in jeder wertvollen Diskussion mit meinen Kollegen. Es gibt erstens persönliche und zweitens kulturelle Unterschiede, die dazu führen, dass die Diskussion deinen Blickwinkel auf den Film erweitert und dass du Dinge miteinander verknüpfst, die du vielleicht aus deiner eigenen Perspektive nie beachtet hättest.


Das arabische Kino schien mir in diesem Jahr präsenter zu sein als im Vorjahr, wie sehen Sie das?


Ich habe das Gefühl, dass im arabischen Kino etwas Neues geschieht. Es gibt neue Bewegung, neue Gesichter. Ich meine das nicht in Bezug auf Generationen, sondern mit Blick auf die Geburt eines neuen Geistes des Umgangs mit der Filmproduktion und mit der Welt. Als ich noch Präsidentin des Aide aux Cinemas du Monde war, bemerkte ich etwas, das man als allgemeines Charakteristikum des aus unserer Region kommenden Kinoschaffens betrachten könnte. Wir lasen von Projekten aus aller Welt, einige davon von sehr berühmten Regisseuren. Ich spürte die ganze Zeit, dass wenn es um die Geschichten und um den Blick auf die Welt ging, dass da immer eine frischere und spannendere Perspektive von unserer Seite kam. Aber das Problem der Art und Weise des Umgangs mit der Geschichte und ihre Weiterentwicklung zu vollständigen Filmen, das ist es, woran wir arbeiten müssen.


In diesem Jahr wurde zudem der ägyptische Filmkritiker Samir Farid  mit der Berlinale Kamera geehrt...


Ich bin glücklich über das eindeutige Interesse der Berlinale am arabischen Kino. Ich bin besonders glücklich über die Ehrung des ägyptischen Kritikers Samir Farid für seinen langen Werdegang im Filmschaffen. Als ich 2002 das erste Mal an der Berlinale teilnahm, mit dem Film Satin Rouge des Regisseurs Raja al-Omari, schrieb Farid einen großartigen Artikel über den Film. Der Film war damals für viele arabische Kritiker schockierend. Er aber war einer der ersten, die den Film unterstützten und er behandelte den Film sehr tiefgehend. Farid ist ein ein großer Kritiker und verdient die Ehrung.