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Band des Monats
Brutalismus 3000

Brutalismus 3000
© Peter Zeitner

Für das neue Jahr begeben wir uns auf eine Entdeckungsreise zu einer schillernden Band aus der Berliner Technoszene. Das Paar Victoria Vassiliki Daldas und Theo Zeitner gründete 2019 die Band Brutalismus 3000. Slowakisch, Englisch und Deutsch, Hardcore-Techno, Gabber und Post-Punk - die Band hat eine clevere, explosive Mischung erfunden, um sich in den Berliner Clubs zu etablieren und in ganz Europa unumgänglich zu werden.

Von Emilie Pineau

Liebe auf Techno

Die Ursprünge von Brutalismus 3000 sind ein Tinder-Match. Theo und Victoria lernen sich auf einer Party kennen und es ist Liebe auf den ersten Blick. Sie beginnen, aus Spaß an der Freude in trauter Zweisamkeit Aufnahmen zu machen. Obwohl Theo schon seit zehn Jahren auflegt, hat das Paar nicht die Absicht, gemeinsam in der Technoszene Fuß zu fassen. Aber als ihre Freunde ihnen Komplimente für ihre Produktionen machen, sagen sie sich, warum nicht. 2019, als in Berlin noch Unbeschwertheit herrscht und nur wenige Monate vor einer großen Gesundheitskrise, die die ganze Welt erschüttern wird, veröffentlichen Brutalismus 3000 ihre ersten Singles: Horime, Amore Hardcore und Liebe in Zeiten der Kola. Sie haben nicht mit dem Boom gerechnet, den diese Songs auslösen würden, eine gekonnte Mischung aus Theos Sets und Victorias Stimme.

Ihr erstes Set spielten sie vor 2000 Leuten auf einer Boiler Room Party in Paris. Das Video zu Gewalt Gewalt ist ein Paradoxon zu den Texten und erinnert an die ersten Momente der Unbeschwertheit und die Liebe, die in der Musik geteilt wird:
 

Diese Stadt schaut mich an
Und das schon viel zu lang
An der Ecke steht ein Mann
Ich schau weg, er schaut mich an
Diese Stadt hat dich lieb
Diese Stadt ist so lieb

 

Relative Techno-Liebe?

Das Erstaunlichste an diesem Duo ist sicherlich ihre gewisse Distanz zur Technoszene. In einem Interview mit dem Playful Magazine & Podcast gibt Theo sogar zu, dass er Techno hasst. Er begann mit dem Auflegen, um seinen Freunden zu beweisen, dass es sich um ein uninteressantes Genre handelt. Auch Victoria dachte an eine eher klassische Musikkarriere, lernte Klavier spielen und sang im Schulchor. Ihre ersten Aufnahmen machte sie mit Theo und das Paar beschloss, hauptsächlich mit ihren Punkeinflüssen zu arbeiten, um das Genre neu zu erfinden und aus dem Mainstream-Techno auszubrechen. Sie fühlen sich sogar ziemlich unwohl mit einigen Konzepten, die das Rave-Milieu definieren. Insbesondere die Idee, dass Techno eine Revolution ist, obwohl große Festivals astronomische Summen an Geld einnehmen können. Sie prangern insbesondere Orte wie das Berghain mit dem Lied Ich hab' meine Tage im Berghain an. Brutalismus 3000 hält sich also vom Ultrakapitalismus fern, während sie aber trotzdem in Balenciaga auflegen. Das ist eines der vielen Paradoxe, die das Duo umso faszinierender macht.

 

Heute Nacht tanz' ich nicht allein
Denn ich hab' meine Tage im Berghain
Blutschwestern, kommt mit herein
Nun lasst des Teufels Töchter sein

 

Eine bescheidene Revolution

Das Duo glaubt nicht wirklich an eine Revolution durch Musik. Ihrer Meinung nach muss man da bescheiden bleiben - eine sexistische Person wird ihre Denkweise nicht ändern, nur wenn sie ein feministisches Stück hört. Das hindert sie jedoch nicht daran, engagierte Texte zu schreiben. Das Duo fühlt sich umso mehr in der Pflicht, als es sich an ein sehr junges Publikum wendet. Die Revolution findet also statt, indem sie Hard Techno, Gabber oder auch Post-Punk vermischt und dabei feministische Texte singt, die Genres erneuern, die oft von einer sexistischen Szene dominiert werden. Man denke zum Beispiel an Good Girl, einen Hard-Techno-Sound, in dem die Aussagen klar sind. Victoria greift die Aussagen einer sexistischen Gesellschaft auf, um deren Absurdität aufzuzeigen:

 


If you want to be a good girl
You just need to follow these simple rules
Don't go out at night
Don't go out at day
Don't look at him and don't look away
Don't be clothed and don't be nude


Wenn man sich die Singles anhört, merkt man schnell, dass sich Brutalismus 3000 weiterentwickelt hat, wie wenn sie Vertrauen gefasst hätten und noch gesellschaftskritischere Lieder mit avantgardistischeren Texten und einem weniger poppigen Set herausbringen wollen.

 


Srandu si robia, nevedia sa smiať a
Potkan vyhrá, lebo vie, čo je smrad a
Polnoc sa chystá, vedia, kedy spať a
Mesto sníva a ty vieš, kde sa hrať a


Übersetzung auf Deutsch:
Sie machen Witze, sie können nicht lachen und
Die Ratte gewinnt, weil sie weiß, was stinkt und
Mitternacht kommt, sie wissen, wann sie schlafen müssen und
Die Stadt träumt und ihr wisst, wo ihrspielen könnt...


Vielleicht fühlen sie sich jetzt, da das Publikum erobert ist, beflügelt?
Ihr letztes Album Ultrakunst, das sie mit dem Kollektiv Live from Earth produziert haben, zeigt, dass sie sehr experimentierfreudig sind und noch weiter gehen wollen... wie hier in ihrem Song Die Liebe kommt nicht aus Berlin.

Machen Sie einen Ausflug in die Welt von Brutalismus 3000 und erleben Sie eine Reise ohne Grenzen, sowohl musikalisch als auch sprachlich. Auch wenn Techno nicht unbedingt euer Stil ist, werdet ihr euch sicher in ihrem polymorphen und schrägen Stil wiederfinden!
 

Diskografie:

Alben + EP's
2020: Liebe in Zeiten der Kola
2020: Amore Hardcore
2022: Eros Massacre
2023: Ultrakunst

Band des Monats auf Spotify

Hände und Gitarre © Colourbox.com, ldutko Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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