Ein Sonntag mit den Filmen von Harun Farocki
In Zusammenarbeit mit den europäischen Philosophiewochen „Citéphilo“ im Rahmen des Dokumentarfilmmonats
Konzeption und Präsentation des Programms: Jacques Lemière, Institut für Soziologie und Anthropologie, Labor CLERSE UMR 8019 CNRS Universität Lille, Filmkurator, Citéphilo
Mitwirkung : Christa Blümlinger, Professorin für Filmstudien an der Universität Paris 8.
Programm | |
10:30 Uhr Nicht löschbares Feuer 1969. 25 min. s/w. OmU Französisch Vorausgehend: Einführung in den Vormittag |
Harun Farockis erster Film außerhalb der Filmakademie verbindet Didaktik und politische Agitation mit strenger Kargheit der filmischen Mittel. Gegen den Voyeurismus der Vietnamkriegs-Berichte setzt Farocki ein lehrstückhaftes Arrangement: Auf eine modellhafte Rekonstruktion der Napalmherstellung folgt ein spielerischer Aufruf zum Widerstand. |
11:15 Uhr Bilder der Welt und Inschrift des Krieges 1988. 75 min. Farbe. OmU Französisch. |
Ein mit der Kamera festgehaltener Essay über die Verbindung zwischen der Wahrnehmung und der industriellen Produktion. Der Film konzentriert sich auf die Fotografie und den Einsatz der Bilder, wie auch auf die Frage der Einwirkung des Krieges auf die wiedergegebene Realität. Im April 1944 machten amerikanische Piloten Luftaufnahmen der Bunawerke, ohne zu ahnen, dass sie dabei auch das Konzentrationslager von Auschwitz fotografiert hatten. Richtig ausgewertet wurden die Aufnahmen erst 1977. |
14:15 Uhr Arbeiter verlassen die Fabrik |
Zwischen 1995 und 2000 entstehen drei Filme von Harun Farocki über filmische Topoi. Ausgangspunkt der ersten Filme der Lumière-Brüder. Harun Farocki montiert Szenen aus 100 Jahren Filmgeschichte, die das Motiv „Arbeiter verlassen die Fabrik“ variieren. Er entnimmt den Bildern Reflexionen über die Ikonographie und Ökonomie der Arbeitsgesellschaft, aber auch des Kinos selbst, das den Zuschauer meist erst am Fabriktor abholt und ins Private entführt. |
15 Uhr Einschlafgeschichten 1: Brücken 3 min. Farbe. OmU Französisch |
Zwei kleine Mädchen erfinden kurz vorm Einschlafen Geschichten von Brücken, Schiffen und Seilbahnen. Was ist es wert gesagt, gedacht, gezeigt zu werden? Anna und Lara, die Töchter des Regisseurs, schlafen am Ende ein, das Spiel ist zu Ende. Drei dieser zwischen 1973 und 1979 entstandenen sensiblen Kurzfilme, zeugen von Harun Farockis großer Kunst, den Fokus auf das Essentielle zu legen: Brücken, 15:00 Uhr – Bahnen, 15:40 Uhr und Schiffe, 16:55 Uhr. |
15:05 Uhr Der Ausdruck der Hände 1997. 30 min. Farbe. OmU Französisch |
Farockis zweiter Beitrag zu filmischen Topoi. „Die Hand steht für Berührung, das Kino aber muß alle Sinneswahrnehmungen in Blicke umformen. Die ersten Großaufnahmen der Filmgeschichte richteten sich auf das menschliche Gesicht, die nächsten auf die Hände.“ (Harun Farocki) |
15:40 Uhr Einschlafgeschichten 1973-1979 |
2: Bahnen 3 min. Farbe. OmU Französisch. |
15:45 Uhr Gefängnisbilder 2000. 60 min. s/w und Farbe. OmU Französisch |
Farockis dritter Beitrag zu filmischen Topoi. Wie ist das Gefängnis in 100 Jahren Filmgeschichte dargestellt worden? Welche Bilder produziert das Gefängnis selbst in Überwachungskameras und Schulungsvideos für das Wachpersonal? Die Vollzugsanstalt erscheint in Farockis Film als ein anthropologisches Labor, in dem durch das Kameraauge hindurch Leben und Tod einstudiert werden. |
16:55 Uhr Einschlafgeschichten 1973-1979 |
3: Schiffe 3 min. Farbe. OmU Französisch |
17 Uhr Gegen-Musik 2004. 23 min. Farbe. OV |
Videoinstallation mit Doppelprojektion anlässlich der Ausstellung „La Ville qui fait signes“ Le Fresnoy, Lille 2004 Kulturhauptstadt Europas. „Die Stadt Lille ist für Farocki eine Art Paradigma des Übergangs vom Zeitalter der Massenindustrie, zur postindustriellen Epoche der Daten und Dienstleistungen. In Farockis Installation ist dieser Übergang verkörpert und verdoppelt, indem Bilder von Dziga Vertovs Der Mann mit der Kamera, (1929) und Berlin, die Sinfonie der Großstadt von Walter Ruttman (1927) zu Überwachungsaufnahmen von heute führen“. (Christa Blümlinger) |
17:30 Uhr Konversation mit Christa Blümlinger |
Konversation mit Christa Blümlinger über Harun Farockis Tätigkeit Moderation: Jacques Lemière |
18:30 Uhr Videogramme einer Revolution Harun Farocki und Andrei Ujica. 1992, 106 min. Farbe. OmU Französisch |
Für „Videogramme einer Revolution“ haben Harun Farocki und sein Co-Autor Andrej Ujica Amateuraufnahmen und Sendungen des staatlichen rumänischen Fernsehens nach seiner Übernahme durch die Demonstranten im Dezember 1989 gesammelt. Bilder und Töne von der historisch ersten Revolution, in der das Fernsehen eine tragende Rolle spielte. Protagonist ist die Zeitgeschichte selbst. Filmbeschreibungen: Jacques Lemière und Goethe-Institut |
Details
Palais des Beaux-Arts de Lille
Place de la République
18 Bis Rue de Valmy
59000 Lille
Sprache: Deutsch mit französischen Untertiteln
Preis: Eintritt frei
Informationen und Reservierung
+ 33 3 20570244 info-lille@goethe.de
Auditorium