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Dynamics of Air
Wem gehören die Wolken?

Edith Kollath, Postcards v1 (2018)
Edith Kollath, Postcards v1 (2018) | Foto: Edith Kollath

Die Ausstellung „Dynamics of Air“ des Goethe-Instituts Australien möchte Luft- und Klima-Phänomene erlebbar machen. Der Architekt und intellektuelle Theoretiker Friedrich von Borries erläutert sein fiktives Projekt UN-Mahac, das er für die Ausstellung entwickelt hat.

UN-Mahac ist eine geheime Institution der Vereinten Nationen. Sie operiert hauptsächlich im Verborgenen. UN-Mahac steht für ‚United Nations Management and Harvesting of Clouds‘ (‚Vereinte Nationen, Management und Nutzbarmachung von Wolken‘). Die in den 1950er Jahren gegründete Institution sollte untersuchen, wie das Wetter auf globaler Ebene reguliert und kontrolliert werden kann. Neben der ursprünglichen Idee der Vermeidung von Dürrekatastrophen hatten zahlreiche Staatsoberhäupter möglicherweise weniger noble Ziele, da Wettermanipulation in Konfliktzeiten auch als Waffe eingesetzt werden kann.
 
Was sich selbst in einer von technischem Fortschritt geprägten Ära wie eine Zukunftsfantasie anhört, passte tatsächlich zur damaligen wissenschaftlichen Forschung. Diese wurde jedoch von UN-Mahac beeinflusst. Die Organisation unterstützte zahlreiche Wissenschaftler in ihrer Wetterforschung und initiierte Großprojekte. Dies führte einerseits zur Erstellung eines substanziellen Wolkenatlas: Entwicklungsregionen, Formierungsgeschwindigkeiten, Morphogenese und Bewegungen wurden dokumentiert, analysiert und kartiert.

Regnen oder nicht regnen

Andererseits förderte UN-Mahac mithilfe des amerikanischen, sowjetischen und später des chinesischen Militärs auch angewandte Forschung. Um nur einen der zahlreichen Forschungsbereiche zu nennen: Kampfflugzeuge wurden mit Chemikalienbehältern ausgestattet, deren Verteilung Wolken zum Abregnen bringen oder aber Regen verhindern konnte.
 
Für die größte Sensation sorgten jedoch die Experimente des Psychoanalytikers und Sexualforschers Wilhelm Reich. Reich experimentierte mit so genannten ‚Wolkenbrechern‘, die aussahen wie Raketenwerfer. Um das Wetter zu verändern, sollten diese Wolkenbrecher die Energie einer von ihm selbst entdeckten Substanz nutzen, die er Orgon nannte. Zeitgenössischen Nachrichtenartikeln zufolge führten seine Versuche zu starken Regenfällen, ein Effekt, der Anfang dieses Jahrtausends von dem deutschen Künstler und Arzt Christoph Keller bestätigt wurde.

Edith Kollaths Nothing Will Ever Be The Same Edith Kollaths Nothing Will Ever Be The Same | Foto: Hannes Wiedemann Die Praktiken von UN-Mahac beschränkten sich jedoch nicht auf die Unterstützung technischer Entwicklungen – sie fanden auch auf politischer Ebene statt. Zentral war hierbei die Frage, wem die Wolken gehören – den Staaten, in denen sie sich bildeten, oder denen, in denen sie sich befanden. Diese Frage war schwer zu beantworten. Der Aufenthaltsstatus von Wolken ist fließend, bis sie abregnen. Sie sind nur vorübergehend vorhanden, weshalb die juristischen Eigentumsbegriffe des existierenden internationalen Rechts nicht anwendbar sind. Auf internationalen Konferenzen versuchten Rechtsexperten, eine globale Aufteilung von ‚Wettereinflusszonen‘ zu erstellen, die natürlich die ehemaligen Machtverhältnisse widerspiegelte.
 
Bis heute unterliegen diese ‚Wettereinflusszonen‘ Verhandlungen auf UN-Klimakonferenzen, bei denen China aufgrund seiner seit den 1990er Jahren verfolgten, sehr aktiven Wettermanipulationspolitik von besonderer Bedeutung ist. Innerhalb der Wettereinflusszonen liegt es in der Verantwortung der Staaten, die Bestimmungen entsprechend ihrem Zivilrecht zu implementieren.

Eine gerechte Verteilung von Wetterresourcen?

Der Luftraum über der Antarktis ist eine hart umkämpfte Zone. Nach langen Verhandlungen wurde er an UN-Mahac übergeben. Derzeit diskutiert UN-Mahac darüber, wie Wolken in den Verantwortungsbereichen der Organisation verteilt werden sollten. Auch wenn die technischen Fragen der Nutzbarmachung von Wolken weitgehend beantwortet sind, bleibt der Schlüsselaspekt der Verteilung ungelöst.
 
Welche Kriterien sollten in Betracht gezogen werden: die Maximierung des landwirtschaftlichen Ertrags oder eine gerechte Verteilung von Wetterressourcen unter Beachtung der Chancengleichheit – selbst wenn dies bedeutet, dass ein Ernteausfall die Ernährung auf der ganzen Welt gefährden könnte? Neben der Optimierung der Wetterbedingungen für den globalen Ackerbau ist es ein weiteres Hauptziel von UN-Mahac, Kriege um Wasser sowie Dürrekatastrophen zu verhindern.
 
Obwohl es sich, was den Klimawandel angeht, um eines der einflussreichsten Organe handelt, ist UN-Mahac die womöglich am wenigsten bekannte UN-Institution. Für eine globale Demokratie ist es wichtig, den Schleier der Geheimhaltung zu lüften und ihre Aufgaben und Aktivitäten transparent zu machen.

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Dr. Friedrich von Borries ist Architekt und Professor für Designtheorie an der Hochschule für Bildende Künste (HFBK) in Hamburg und agiert in den verschwimmenden Grenzbereichen von Stadtentwicklung, Architektur, Design und Kunst. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht das Verhältnis von Designpraxis und gesellschaftspolitischer Entwicklung.

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