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Von All inclusive bis nachhaltig zelten — wie reisen die Deutschen?

Camping
© Pixabay

Judith, ihr Mann und ihre beiden Töchter haben einen Weg gefunden, wie man im Urlaub umsonst übernachten kann. Alex durchforstet das Internet nach Billigflügen. Ester hält All-Inclusive-Kreuzfahrten für die günstigste Art des Reisens. Und Markus fährt, weil er sparen muss, kaum noch ins Ausland, sondern zeltet lieber mit seinen Freunden. Es folgen vier Berichte zur deutschen Reiselust. 
 

Von Maria Organ

Judith aus Hamburg, 42 Jahre

Wir reisen zu viert: mein Mann Kai und ich und unsere beiden Töchter, die 11-jährige Mai und die 8-jährige Gloria. Weil unsere Kinder zur Schule gehen, verreisen wir vor allem in den Schulferien und an Feiertagen. Wie wir beim Reisen sparen? Indem wir nichts für Übernachtungen bezahlen. Wir tauschen unsere Wohnung schon seit mehreren Jahren mit Menschen aus aller Welt.

2004 war ich noch im Studium. Mein Mann und ich hatten nicht viel Geld, also begann ich, im Internet nach Möglichkeiten zu suchen, wie man auch mit wenig finanziellen Mitteln durch die Welt reisen kann. Dabei stieß ich auf eine Website, auf der man sein Haus oder seine Wohnung für eine gewisse Zeit mit anderen Menschen tauschen konnte.

Unsere erste Reise ging nach Österreich, das war Sylvester 2004/2005. Wir tauschten unsere Wohnung im Herzen Hamburgs gegen ein Appartment in der Wiener Innenstadt. Den Silvesterabend verbrachten wir in Begleitung zweier Angorakatzen. Um Mitternacht gingen wir auf die Dachterrasse und schauten uns gemeinsam das Feuerwerk an. Ich glaube, das war der Moment, in dem wir uns endgültig in diese Art des Reisens verliebten. Anfangs hatten wir noch Zweifel gehabt, vor allem mein Mann hatte sich vor unserer Abfahrt große Sorgen gemacht: „Was, wenn jemand unsere Wohnung ausraubt? Was sollen wir tun, wenn der Schlüssel nicht ins Schloss passt, oder wenn die Wohnung gar nicht existiert?“ Heute lachen wir über solche Bedenken. Das Reisen wird durch den Wohnungstausch sogar sicherer.
 

Der Wohnungstausch ist eine wunderbare Erfahrung: Man besichtigt nicht nur ein fremdes Land, sondern erlebt hautnah mit, wie die Menschen dort leben.

Judith



Seit jener ersten Reise waren wir bereits in 82 Häusern und Wohnungen zu Besuch. Manchmal waren es nur Kurzreisen, zum Beispiel nach Berlin oder Lübeck, wir waren aber auch schon am anderen Ende der Welt, unter anderem in Neuseeland, China, Singapur, Südafrika und in den USA. Der Wohnungstausch ist eine wunderbare Erfahrung: Man besichtigt nicht nur ein fremdes Land, sondern erlebt hautnah mit, wie die Menschen dort leben.

Als Erstes meldet man sich bei einem Wohnungstauschportal an. Man zählt eine jährliche Gebühr, die in etwa den Kosten für eine Übernachtung in einer europäischen Großstadt entspricht. Anschließend kann man ein Angebot erstellen und an andere Teilnehmer senden, die dort wohnen, wo man gerne hinreisen möchte. Bei der Auswahl orientiert man sich einfach an den Bildern der Wohnung und den möglichen Terminen. Auch wir selbst erhalten Einladungen von anderen Teilnehmern, die wir oft annehmen. Es ist gut, wenn man ein wenig flexibel ist – wir selbst sind für viele Zielorte offen. Erst gestern haben wir eine Einladung von einer sehr netten Familie in den Niederlanden erhalten. Wahrscheinlich werden wir in diesem Jahr an Silvester unsere Wohnungen tauschen.

Durch den Wohnungstausch haben wir über die Jahre hinweg bereits mehrere Tausend Euro gespart – und haben vor Ort viel mehr Platz als in einem Hotelzimmer. Manche Tauschpartner geben uns auch hilfreiche Tipps. Und wenn wir uns gegenseitig unsere Autos zur Verfügung stellen, sparen wir noch zusätzlich das Geld für einen Mietwagen. Außerdem können wir in den Wohnungen selbst kochen und müssen nicht so oft in Restaurants essen – das ist, gerade wenn man mit Kindern unterwegs ist, ein großer Vorteil.

Auch unsere Töchter lieben es, auf diese Weise die Welt zu entdecken. Sie sehen, wie es in Kinderzimmern in anderen Ländern aussieht, und können alle möglichen Spielzeuge ausprobieren. Außerdem kümmern wir uns oft um die Haustiere unserer Tauschpartner, zum Beispiel um Katzen, Hühner und Kaninchen. In den Niederlanden hatten wir sogar einmal Pferde: Ein Nachbar versorgte sie, und wir durften auf ihnen reiten.

Der Wohnungstausch ist eine sehr persönliche Art des Reisens. Wir haben bereits viele nette Überraschungen erlebt, zum Beispiel freundliche Nachbarn, die uns vom Flughafen abgeholt haben. Oft wartet in der Wohnung bereits ein kleines Willkommensgeschenk auf uns. Auch wir selbst lassen immer etwas für unsere Gäste zurück, meistens ein paar typische Hamburger Spezialitäten und Süßigkeiten für die Kinder. Man erlebt beim Wohnungstausch Dinge, die man sonst nie erleben würde: In Südafrika drang eine Gruppe Paviane durch ein angelehntes Fenster in das Haus ein, um Essen aus der Küche zu stehlen. Das war ein völlig surreales Erlebnis, das wir nie vergessen werden!

 
Wohnungstausch
© Pexels, Andrea Davis


Ob es auch Enttäuschungen gab? In einer Wohnung stand ein Wasserkocher, in dem sich scheinbar bereits neue Lebensformen gebildet hatten, aber das war wirklich eine Ausnahme. Alle Wohnungen, die wir besucht haben, waren sauber und gemütlich. Wir wurden noch nie übers Ohr gehauen und sind fest davon überzeugt, dass die Menschen besser sind, als man gemeinhin glaubt. Das Reisen per Wohnungstausch hilft nicht nur, Geld zu sparen, sondern lehrt auch Vertrauen. Wir können uns gar nicht mehr vorstellen, anders zu reisen. Und noch etwas: Wir haben bei unseren Reisen bemerkt, dass die Menschen überall auf der Welt sehr viel gemeinsam haben. Es ist schon lustig: Fast jede Familie hat irgendeine Schublade in der Küche, in die sie all ihren Kleinkram hineinstopft.
 

Alex aus Frankfurt, 34 Jahre

Wie ich am liebsten beim Reisen spare? Indem ich nach Billigflügen suche. Ich durchstöbere regelmäßig die Angebote, vergleiche die Preise und suche nach Gutscheinen und Rabattcodes. Wenn ich länger Urlaub habe, fliege ich ins Ausland – je weiter weg, desto besser. Es bereitet mir Genugtuung, wenn ich für einen Hin- und Rückflug nach Thailand oder in die USA nur einige Hundert Euro bezahle. In diesem Jahr habe ich bereits eine Trekking-Tour durch die Alpen gemacht, und im Februar war ich auf den Seychellen.

Manchmal blutet mir das Herz, wenn ich irgendwelche günstigen Flüge entdecke und nicht mehr genügend Urlaubstage zur Verfügung habe. Und es ist auch nicht immer ganz einfach, die Termine mit den Mitreisenden abzustimmen. Ich reise gerne mit anderen Menschen zusammen. Es ist schön jemanden dabei zu haben, mit dem man seine Eindrücke teilen kann. In der Regel verreise ich gemeinsam mit meiner Partnerin oder mit meinen Freunden und einmal im Jahre auch mit meiner Mutter.
 

Wenn ich allein in einer Großstadt bin, zum Beispiel in Bangkok, buche ich ein Hotelzimmer. Ohne viel Luxus, weil ich ohnehin nur wenig Zeit im Zimmer verbringe – ich gehe eigentlich nur dorthin, um zu duschen und zu schlafen

Alex

Kurz vor der Corona-Pandemie war ich mit meiner Mutter im Oman. Wir flogen nach Maskat und besichtigten dort ein paar Tage lang die Stadt und die orientalischen Paläste. Dann reisten wir mit einem Inlandsflug, den ich bereits zuvor gebucht hatte, weiter nach Salala. Dort konnten wir in der Sonne liegen und im Arabischen Meer baden. Auf diese Weise lernten wir zwei unterschiedliche Facetten des Landes kennen. Es gibt nicht viele solche Reiseangebote. Wenn überhaupt, werden sie von exklusiven Reisebüros individuell zusammengestellt. Mit anderen Worten: Sie sind sehr teuer. Last-Minute-Flüge sind eher ein Mythos. Sie sind kaum günstiger, und es gibt viele zusätzliche Auflagen und Einschränkungen.

Wenn ich einen günstigen Flug gefunden habe, baue ich den Rest meiner Reise um ihn herum. Ich wähle die Orte aus, die ich unbedingt besuchen möchte, und suche dort nach Übernachtungsmöglichkeiten. Wenn ich allein in einer Großstadt bin, zum Beispiel in Bangkok, buche ich ein Hotelzimmer. Ohne viel Luxus, weil ich ohnehin nur wenig Zeit im Zimmer verbringe – ich gehe eigentlich nur dorthin, um zu duschen und zu schlafen. Wenn ich mit dem Rucksack unterwegs bin, übernachte ich lieber in einem Hostel. Nicht nur, weil es günstiger ist, sondern weil ich dort auch andere Leute kennenlerne und Tipps bekomme, wo man abends am besten hingehen kann.

Vor der Abreise reserviere ich ledigliche die Unterkünfte für die ersten und letzten beiden Nächte. Ich suche dabei grundsätzlich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Preise für ein und dieselbe Unterkunft sind oft unterschiedlich, je nachdem welches Suchportal man verwendet. Ich nutze nicht nur die deutschen Hotelportale, sondern auch die amerikanischen, weil diese oft die deutlich besseren Preise haben. Aber das ist keine Regel, die Preise ändern sich von Tag zu Tag. Ich habe auch schon einmal aus Neugier meine IP-Adresse mit einem VPN verändert, aber dabei keine großen Unterschiede festgestellt. Es hängt einfach vom jeweiligen Tag und vom Algorithmus ab. Meine weiteren Unterkünfte buche ich vor Ort, auf diese Weise spare ich zusätzlich Geld.

Bei meinen Reisen setze ich mir ein festes Tagesbudget, aber ich drehe nicht jeden Cent zweimal um. Wenn ich etwas mehr ausgebe, geht die Welt auch nicht unter. Im Gegenteil: Ich spare lieber im Alltag, damit ich im Urlaub öfter mal essen gehen kann.
 
Freiheitsstatue
© Pexels, Filippo Bergamaschi


Meine billigste Reise? Ein Hin- und Rückflug nach New York für weniger als 400 Euro, also etwa die Hälfte des damals üblichen Preises. Bei dieser Reise haben wir auch vor Ort eine Menge Geld gespart. Wir wechselten während unseres Aufenthalts das Hostel, um zwei günstige Angebote miteinander zu kombinieren. Die Etagenbetten waren ein wenig wackelig, aber für uns war es nur wichtig, dass wir in Manhattan waren: Wir konnten über den Times Square schlendern, im Central Park spazieren, in Chinatown essen gehen und abends in einem der New Yorker Clubs feiern.
 

Ester aus der Nähe von Düsseldorf, 34 Jahre

Wenn ich innerhalb Deutschlands reise, fahre ich mit dem Zug. Im Sommer gab es das 9-Euro-Ticket, mit dem man einen Monat lang durch ganz Deutschland fahren konnte (Anm. d. Red.: Sommer 2022). Das Angebot war drei Monate lang gültig, und die Menschen rissen sich geradezu danach. Die Züge waren so überfüllt, dass man an manchen Bahnhöfen gar nicht rechtzeitig aussteigen konnte. Dieses Angebot gibt es nicht mehr, aber bereits ab Januar wird es ein 49-Euro-Ticket geben, das nach demselben Prinzip funktioniert. Man kann aber auch einfach den Sparpreisfinder der Deutschen Bahn nutzen, um nach günstigen Angeboten zu suchen.
 

Wenn ich innerhalb Deutschlands reise, fahre ich mit dem Zug.

Ester

Innerhalb Europas fahre ich oft mit dem Fernbus. Es gibt viele internationale Verbindungen zu günstigen Preisen. Es ist billiger als mit dem Zug zu fahren, und man muss nicht umsteigen. Vor Kurzem war ich mit einer Freundin für 24 Euro in Amsterdam. Ich zahlte sogar noch weniger, weil ich leidenschaftlich gern Gutscheine verwende. Ich meldete mich also für den Newsletter an und erhielt sofort zwei Rabattcodes in Höhe von 10 Prozent für meine nächste und sogar 15 Prozent für meine übernächste Reise. Mit dem ersten Rabattcode kaufte ich mir das Ticket nach Amsterdam. Mit dem zweiten das Rückfahrticket.

Im Urlaub reisen mein Mann und ich gerne weiter weg, aber es gibt genügend Reiseziele, die nicht nur exotisch, sondern auch bezahlbar sind. Seit vier Jahren reisen wir nach Kapstadt. Wir organisieren alles selbst: den Flug, den Mietwagen und die ersten Übernachtungen. Vor Ort setzen wir uns dann ins Auto und suchen nach günstigeren Übernachtungsmöglichkeiten. Die Preise sind viel niedriger als in Europa, und wenn man 50 Kilometer Richtung Osten nach Stellenbosch fährt, findet man dort nicht nur ein tolles Apartment für wenig Geld, sondern kann auch sehr günstig essen gehen. Ein Drei-Gänge-Menü mit regionalen Weinen kostet dort weniger als in Deutschland ein Steak.

Unsere günstigste Reise war eine einwöchige All-Inclusive-Reise mit einem italienischen Kreuzfahrtschiff für 230 Euro pro Person. An Bord war alles inklusive: Es gab mehrere Restaurants mit Bedienung, Schwimmbecken, Geschäfte, ein Theater und ein Casino. Essen, Trinken und Unterhaltung waren im Preis inbegriffen. Man sagt, dass solche Kreuzfahrten vor allem bei älteren Deutschen beliebt sind. Wir sind etwas über dreißig, aber uns gefiel es auch. Zusammen mit einem günstigen Flug nach Italien kostete uns die ganze Reise nicht mehr als 300 Euro pro Person. Jetzt überlegen wir, wie wir unsere jährliche Reise nach Südafrika mit einer Kreuzfahrt verbinden können. Angeblich kann man von dort mit dem Schiff nach Portugal zurückfahren, aber das müssen wir noch einmal durchrechnen.


Markus aus Berlin, 37 Jahre

Die Deutschen sparen gerne beim Reisen? Das klingt ja wie ein Klischee! Aber im Ernst: Ich suche nicht mehr nach den günstigsten Preisen für Flüge und Hotels. Ich werde allmählich älter. Billigflüge und stundenlanges Warten auf den Anschlussflug sind nichts mehr für mich. Am meisten freue ich mich, wenn ich gute Qualität für einen etwas niedrigeren Preis finde. Aber auch das eigentlich nur noch selten. Die Corona-Pandemie hat meine Reisegewohnheiten verändert: Ich verreise überwiegend innerhalb Deutschlands.

Früher erkundete ich gerne exotische Orte. Die Philippinen werden wohl immer mein Lieblingsort sein. Ich habe Fortbildungskurse für eine große internationale Firma geleitet, unter anderem in Singapur und Australien. Ich habe dank meiner Arbeit also ein gutes Stück Welt kennengelernt.
 

Am meisten freue ich mich, wenn ich gute Qualität für einen etwas niedrigeren Preis finde. Aber auch das eigentlich nur noch selten. Die Corona-Pandemie hat meine Reisegewohnheiten verändert: Ich verreise überwiegend innerhalb Deutschlands.

Markus


Während der Pandemie habe ich einen Wohnungskredit aufgenommen, ich habe jetzt also größere Ausgaben. Und ab Dezember werde ich nur noch drei Tage in der Woche arbeiten und somit auch weniger Geld verdienen. Das war keine leichte Entscheidung, aber ich brauche im Augenblick einfach Zeit, um gewisse Dinge in meinem Leben zu verarbeiten. Ich bin froh, dass ich diese Möglichkeit habe. Aber ich weiß auch, dass ich in Zukunft den Gürtel ein wenig enger schnallen muss. Deshalb reise ich seit Beginn der Pandemie kaum noch ins Ausland, sondern zelte lieber mit meinen Freunden.

Heute spare ich am liebsten, indem ich mir die Kosten mit meinen Freunden teile. Einer von uns leiht sich einen Kleinbus von seinem Kumpel, und dann fahren wir los. Neulich waren wir zum Beispiel in Lübbenau. Das ist nur zwei, höchstens drei Stunden von Berlin entfernt. Wir haben uns die Benzinkosten zu dritt geteilt und über Airbnb eine Wohnung gemietet – das war wirklich günstig, weil dort noch zwei weitere Freunde dazustießen. Manchmal übernachten wir auch im Zelt, das ist noch günstiger. Tagsüber gehen wir bergsteigen oder machen lange Wandertouren. Wir essen auch nicht in Restaurants.
 
Mit dem Bulli im Urlaub
© Pexels, Matthew DeVries


Wenn ich Urlaub mit dem Zelt mache, bin ich nicht länger als eine Woche unterwegs. Nach sieben Nächten im Schlafsack sehne ich mich doch nach einem ordentlichen Bett zurück, obwohl ich grundsätzlich nicht an der Ausrüstung spare. Ich habe mir einen warmen Schlafsack und ein wasserdichtes Zelt zugelegt, obwohl ich eigentlich gern mit möglichst wenig Gepäck reise.


 

OTO NIEMCY (DAS IST DEUTSCHLAND)

Dieser Artikel gehört zu einer Reihe von Reportagen „Oto Niemcy“ (Das ist Deutschland), die das Goethe-Institut gemeinsam mit dem Magazin Weekend.gazeta.pl veröffentlicht. 

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