Wie man sehen kann, hinterlässt sie auf den verschiedenen Tonsorten unterschiedliche Risse. Jeder Riss ist einzigartig und lässt sich nicht reproduzieren. Aus sehr weiter Entfernung sehen die Stücke makellos aus. Die Risse werden erst bei näherer Betrachtung sichtbar. Ich habe nur eine ungefähre Vorstellung davon, was ich herstellen möchte. Das ist das Schöne an der Arbeit mit Keramik und mit dieser Technik: Man kann nie vorhersagen, wie etwas im fertigen Zustand aussehen wird.
Errorika ist Teil meiner Doktorarbeit an der Kunstakademie. Es geht darin um Handwerkskunst und traditionelle Fertigungs- und Produktionsverfahren. Mich interessiert ganz besonders das Unperfekte. Mit dem nötigen Wissen lässt sich der Prozess allerdings etwas kontrollieren. Wenn man viel Wissen hat, kann man ihn bis zu einem gewissen Punkt steuern. Das ist das Schöne an diesem Verfahren. Und mein Beitrag zur Europaküche. Auf die Frage, welche Geschmäcker Europa hat, würde ich antworten, dass es süß und bitter zugleich ist. Die europäische Idee besteht doch darin, alles und alle miteinander zu vereinen, auch wenn wir alle uns wie die Länder Europas ein wenig voneinander unterscheiden. Unsere Probleme werden jedoch immer größer, und ich würde sie als Risse bezeichnen. Intoleranz ist aus meiner Sicht das größte Problem. Und aus der Perspektive des Wissens betrachtet geht es meines Erachtens um dasselbe: Wissen schützt davor, Angst vor Fremden zu haben. Man hat keine Angst vor queeren Menschen und sorgt sich nicht um einen Verfall der Sitten, weil man weiß, wie man damit umgehen kann. Mein Beitrag soll nicht negativ, sondern positiv stimmen: Wer viel weiß, kann mit diesem Wissen wundervolle Dinge erschaffen, selbst wenn dabei Risse entstehen. Letzten Endes ist niemand vollkommen; so ist es nun einmal. Und wenn ich an den Titel Europaküche denke, dann sind wir diese Küchenchefinnen und -chefs, die Europa zubereiten. Dies ist aus meiner Sicht eine sehr wichtige Möglichkeit, um uns als Europäer*innen zu definieren. Wir sollten bei uns selbst beginnen, bei den kleinen Rissen und Fehlern, die jede*r Einzelne von uns hat, und von dort aus weitermachen.
