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Katarzyna Koczyńska-Kielan© Herr Willie

Europa in Keramik
Katarzyna Koczyńska-Kielan

Als ich mir Gedanken zu den Geschmäckern Europas machte, dachte ich, dass Geschmack ein Sinn ist, und dass dieser Sinn niemals für sich allein existiert, weil der Geschmacks- mit dem Geruchssinn verbunden ist.

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Und um riechen und schmecken zu können, benötigen wir im Grunde auch Farben, Strukturen und Texturen. Ich arbeite gern mit der Textur und der natürlichen Färbung von Keramik. Und wenn ich jetzt über Geschmack, Geruch, Farbe nachdenke, dann sollte es in meinen Augen bei Gesprächen über unsere Sinne und unseren Geschmack auch um Erinnerungen und Geschmäcker aus unserer Kindheit gehen. Ich verbinde meine Kindheit mit Früchten, Obstgärten, Himbeeren, Brombeeren... Und weil nach der Kindheit die Jugend kommt, machte ich mir auch Gedanken darüber, wie Gefühle mit sinnlichen Erfahrungen verbunden sind.

Als ich mir Europa als eine Kombination aus allem vorstellte, kam mir Karl Dedecius in den Sinn, der sowohl in Polen als auch in Deutschland eine wichtige Persönlichkeit war. Zu seiner Zeit war womöglich einer der besten Übersetzer für polnische Literatur und Lyrik. Und der polnische Dichter Bolesław Leśmian verfasste wundervolle Verse über die Natur und die Gefühlswelten.

Er schrieb ein erotisches Gedicht mit dem Titel „In den Himbeerbüschen“. In diesem Gedicht ist alles miteinander verbunden: die Himbeeren, der Geschmack, das gegenseitige Füttern mit den Früchten, die vom Saft der Himbeeren geröteten Finger. Die Blätter und ihr typisches Rascheln. Und natürlich die polnische Sprache mit ihren vielen „sz“-, „ś”- und „cz“-Lauten. Ich wollte meine Arbeit deshalb diesem Gedicht, den Himbeeren und der ersten Liebe widmen. Für ich greifen die Werke, die daraufhin entstanden, dieses Thema und die Struktur und Textur der Blätter auf. Die Formen eignen sich nicht zum Essen; man kann etwas hineinlegen, das jedoch schwer wieder herauszunehmen sein wird, so wie Himbeeren wegen der Dornen manchmal auch nur schwer zu pflücken sind. Dadurch erhalten die Werke zudem eine ausgeprägte haptische Dimension.

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