Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)

Filmkatalog

Über den Filmkatalog

Bildausschnitt: beleuchteter, festlicher, vertäfelter Filmvorführraum

Ministerium für Staatssicherheit der DDR (Berlin/Ost)
Kühler Kopf, heißes Herz, saubere Hände

  • Produktionsjahr 1967
  • Farbe / Länges/w / 100 Min.
  • IN-Nummer IN 3747

Propagandafilm aus dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR, überspielt beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, s/w, 90 Min., 1967

Nach Ende des II. Weltkriegs setzte sich der Krieg der Ideologien in den Köpfen fort. Die Auseinandersetzung Ost gegen West konzentrierte sich bald auf Berlin. Die in vier Sektoren geteilte Stadt wurde zum zentralen Schauplatz - auch für Spione, Agenten und Saboteure. KÜHLER KOPF, HEISSES HERZ, SAUBERE HÄNDE ist ein Dokument der DDR-Propaganda, montiert aus dokumentarischem Archivmaterial, in dem es aber auch nicht ausgewiesene inszenierte Szenen zu entdecken gibt. Das Ganze ist mit einem Kommentar versehen, der kaum auf kritische Aufklärung zielt, sondern vor allem Propaganda betreibt. Für den Aufstand vom 17. Juni 1953, für den Ungarn-Aufstand 1956 und für den Bau der Mauer 1961 wird allein der Westen verantwortlich gemacht. In der Summe ergibt das ein kompliziertes Gemenge aus Fakten, Halbwahrheiten und Fehlinformationen.

Seinen Titel verdankt der Film einem Wahlspruch von Felix Dserschinski, dem ersten Leiter der „Tscheka" (1917 gegründete Staatssicherheits-Organisation Sowjetrußlands, 1922 aufgelöst und in der GPU fortgeführt). Das fünfzigjährige Gründungs-Jubiläum war einer der Anlässe für diesen Propagandafilm. „Er soll Zeugnis sein des unzerstörbaren Kampfbündnisses zwischen sowjetischen und deutschen Tschekisten."

Berlin, Mai 1945: Sowjetische Soldaten „erzwingen den Frieden". Sie hätten „den Totengräbern entrissen, was vom guten Deutschland noch übrigblieb". Im Bild alte NS-Offiziere, dazu der Text: „Des Teufels Generäle kriechen aus ihren Schlupflöchern." Die Sieger, heißt es, „erwiesen sich als Freunde in der Not und als Geburtshelfer einer neuen Zeit". Und: „In unserem Deutschland zog die Arbeiterklasse die erste große Lehre. (...) Im Osten trat das andere, das gute Deutschland, das es immer gegeben hat, seinen Siegeszug an!" Dazu fährt tatsächlich ein Zug durchs Bild. Der Film sieht die Einführung der D-Mark als feindlichen, spaltenden Akt, für den die Wallstreet verantwortlich sei. Mit keinem Wort erwähnt er den Anteil der Westmächte am Ende des Kriegs oder die gemeinsam beschlossene Teilung Berlins in eine Vier-Sektoren-Stadt. Im Gegenteil: Der US-General Clay habe „auftragsgemäß das Werk der Spaltung vollendet (...) und „die deutsche Militaristenbestie wieder aufgepäppelt und wieder scharf gemacht".

„Die amerikanische Lebensweise kam in großen Kübeln über den Teich. Der Film belegt das mit einem Bild der „Wahl zur Miss Württemberg", mit einem dicken Mann, der offensichtlich inszeniert Spaghetti mit den Händen in seinen Mund schiebt, mit Catchern in einem Boxring und Szenen eines Konzerts von Bill Haley - als wäre es nicht gerade die Rock-Musik gewesen, aus der eine neue Generation Anregungen zum Widerstand gegen das Deutschland ihrer Väter bezog! Am Ende der Sequenz wird der Radiosender RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor, von den Amerikanern gegründet, weil die Sowjetarmee den bestehenden Berliner Sender bereits für sich besetzt hatte) als Instrument des CIA angeprangert. „Gemeinsam bereiteten sie den Tag X vor, die Liquidation der DDR und ihrer Errungenschaften!"

Ausführlich befaßt sich der Film mit der KgU in Westberlin: Als „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit" 1948 gegründet, wollte die KgU ursprünglich nach Menschen suchen, die von der sowjetischen Geheimpolizei verschleppt worden waren; die KgU entwickelte sich tatsächlich zum Propaganda-Instrument, zu Beginn der fünfziger Jahre betrieb sie auch Sabotage-Anschläge auf zivile und militärische Einrichtungen. Einige ihrer Anführer wurden in der DDR verhaftet und verurteilt. Hier ist von lebenslangen Haftstrafen die Rede - verschwiegen werden verhängte und vollstreckte Todesurteile. Eine seriöse historische Auseinandersetzung mit der KgU hat in der deutschen Öffentlichkeit wohl bis heute nicht stattgefunden. KÜHLER KOPF, HEIßES HERZ, SAUBERE HÄNDE greift da durchaus ein höchst problematisches Thema der deutsch-deutschen Geschichte auf - nur verspielt der Film permanent seine Glaubwürdigkeit, weil er auch für jedes Binnenproblem der DDR allein den Westen verantwortlich macht. Die Fluchtbewegungen von DDR-Bürgern in Richtung Westen wird hier auf „organisierten Menschenhandel" zurückgeführt; die wirtschaftlichen Probleme der DDR werden der Einführung der D-Mark und ihrem „Schwindelkurs" angelastet. Kein Zweifel, dass von den Wechselkursen zahllose Schieber und Geschäftemacher profitierten - aber es fehlt jedweder Hinweis auf die Anfänge der ökonomischen Misere, nämlich auf die industrielle Demontage im Osten durch die Sowjetunion. Dafür werden die meist gut gemeinten Geschenkpakete aus dem Westen als versteckte Lieferungen von Propaganda und Waffen denunziert.
Die Frage nach der Rolle des Bundesnachrichtendienstes BND im Kalten Krieg führt hier zu einer sehr simplen Schuldzuweisung: die alten Nazis im Westen, die guten Sozialisten im Osten. Um Propaganda statt Aufklärung geht es vor allem dann, wenn sich in der DDR oder in befreundeten Staaten Unmut über das System regte. Über den Volksaufstand in Ostberlin 1953 heißt es hier: „Der erste Tag X wurde durch die Bonner Ultras und ihre amerikanischen Hintermänner auf den 17. Juni 1953 festgelegt." Und: „Die größte Errungenschaft der deutschen Geschichte, unser Arbeiter- und Bauernstaat, sollte aus der Welt geschafft werden." Hingegen schrieb der in der DDR lebende Bert Brecht in seinem Gedicht Die Lösung: „Wäre es da / Nicht doch einfacher, die Regierung / Löste das Volk auf und / Wählte ein anderes?“

Die Autoren des MfS sehen das natürlich nicht so: „Hier mußte vereint zurückgeschlagen werden, um das Ungeziefer aus der Welt zu schaffen." Mit dieser Sprache steht der Film der NS-Propaganda und ihren Protagonisten wie Fritz Hippler weit näher als dem sowjetischen Agitprop-Kino. Dafür spricht auch die Tendenz zur Apotheose im Finale. Selbst der Aufstand in Ungarn 1956 wird als reines Werk des Westens diffamiert. Die Sprachregelungen sind zahlreich: Spione des Westens heißen „Agenten" und sind böse, Spione des Osten werden „Kundschafter" genannt und sind gut. Das große Ziel dieser Propaganda ist die Rechtfertigung des Baus der Berliner Mauer 1961. Die Rede ist von Versuchen des Westens, „den II. Weltkrieg nachträglich zu gewinnen" und die DDR zu überfallen. Die Mauer wird als Schutz vor Aggressoren interpretiert. Mit ihr „triumphieren Hammer und Sichel und Ehrenkranz über die gefährliche Abenteuerlust der Reaktion in Deutschland!"



Hans-Günther Pflaum

Produktionszeitraum
1967
Produktionsjahr
1967
Farbe
s/w

Länge
Langfilm (ab 61 Min.)
Gattung
Docufiction / Mockumentary, Dokumentarfilm
Genre
Anti-/ Kriegsfilm
Thema
Zweiter Weltkrieg, DDR, Filmgeschichte, Sozialismus / Kommunismus, Demokratie / Menschenrechte