Still Film: Photography in Motion
Fotoausstellung | Core exhibition CONTACT Photography Festival 2025
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Goethe-Institut Toronto, Toronto
- Preis Gratis
Präsentiert vom Goethe-Institut
Das Goethe-Institut arbeitet mit dem einzigartigen Berliner Künstlerfilmprojekt Videoart at Midnight zusammen, um die kreativen Manifestationen und Manipulationen der Fotografie in Film und Video zu untersuchen. Pınar Öğrenci untersucht anhand von Archivmaterial die Geschichte und Gegenwart von türkischen und kurdischen Migranten in deutschen Kohlerevieren. Helena Uambembe performt ihr Schattenbild vor einem überdimensionalen Foto von 1975, das die Führer der zerstrittenen Oppositionsbewegungen Südafrikas zeigt. Andreas Koch führt uns durch eine gekonnt gespiegelte Fotomontage aus seiner Stammkneipe, untermalt von einer kakophonischen Begleitstimme.
Kostenlose öffentliche Programme im Goethe Space:
Eröffnungsevent: 1. Mai 2025,
17.30-19.00 Uhr
Eröffnungsempfang mit dem Berliner Gastkurator Olaf Stüber, Videoart at Midnight
19.00-20.30 Uhr
„Still Film: Fotografie in Künstlerfilm und Video“, ein Show & Tell Gespräch mit den Kuratoren Olaf Stüber & Jutta Brendemühl
Weitere Veranstaltungen werden noch bekannt gegeben!
Die vorgestellten Arbeiten:
Pınar Öğrenci, Glück auf in Deutschland, 2024, Video, 44', s/w und Farbe, Ton
Glück auf ist ein Gruß, der im Ruhrgebiet, dem alten Zentrum des deutschen Kohlebergbaus, verwendet wird, um Bergleuten Glück zu wünschen, damit sie gewinnbringend und sicher aus der Grube zurückkehren. Die Videoarbeit von Pınar Öğrenci umfasst Bilder aus privaten und öffentlichen Archiven. Anhand von Fotografien, die zwischen 1950 und 1987 in der Region aufgenommen wurden, untersucht Pınar Öğrenci die Politik des Körpers und der Architektur in der Industrie und die Umwandlung von Bergbaugebäuden, die Konstruktion einer deutschen nationalen Bergarbeiteridentität, die unsichtbare Arbeit und die Kämpfe von Frauen, die mangelnde Repräsentation von Wanderarbeitern und rassistische Praktiken im Gesundheits- und Versicherungssystem.
Öğrenci montiert Schwarz-Weiß-Fotografien zu einem Dokumentarfilm, der den Betrachter in die Industrie und das Leben im Nachkriegs-Ruhrgebiet einführt. Die Stimme der Künstlerin aus dem Off führt durch den Film; sie beginnt mit einem Klagelied aus dem türkischen Gedicht Fazıl Hüsnü Dağlarca, kommentiert die Bilder und interviewt Experten, die den Kontext beleuchten, in dem sich die Geschichten der Gastarbeiter abspielen. Öğrencis Film entfaltet ein Stück deutscher und deutsch-türkischer Geschichte, das bisher kaum erzählt worden ist.
Die kurdisch-deutsche documenta 15-Künstlerin wirft uns die Vergangenheit geschickt in den Schoß und macht deutlich, dass wir uns um sie kümmern müssen, wenn wir heute und morgen anders leben wollen. Obwohl Öğrencis Kunst in ihrer Kritik pointiert und aufrüttelnd ist, öffnen ihre poetischen Formen ihre Themen immer auch für menschliches Verständnis, für die Anerkennung des Wertes und der Würde des geschwächten Lebens.
Helena Uambembe, Can you hear me, 2018, 1'13“, s/w, ohne Ton
Uambembes Praxis ist persönlich und speziell. Als interdisziplinäre Künstlerin nutzt sie Performance, Fotografie und Druckgrafik, um die Geschichte des 32 Battalions, des 1975 gegründeten Infanteriebataillons der südafrikanischen Armee, zu rekonstruieren und neu zu positionieren. Sie stützt sich dabei auf ihre eigene Geschichte, die in der Kleinstadt Pomfret verwurzelt ist, in der sie (als Tochter angolanischer Eltern) geboren wurde und in der ihr Vater zum 32 Bataillon eingezogen wurde. Die Stadt, die einst die Heimat des Bataillons war, ist zu einer Geisterstadt verkommen und gerät langsam in Vergessenheit. Bei dem Versuch, ihre Familiengeschichte im größeren Kontext der Geschichte des Landes zu verstehen, ringt Uambembe mit schmerzhaften Erinnerungen, Abwesenheiten und Auslöschungen.
In Can you hear me verwendet sie Archivbilder der angolanischen Führer Jonas Savimbi, Agostinho Neto und Holden Roberto und setzt ihren Schatten vor den Hintergrund der drei Führer, was zu einem quälenden Bild wird, das für Millionen von Angolanern steht, die unter den Folgen des Krieges gelitten haben. Uambembes Arbeit ist ein Zusammenfügen fragmentierter und zerbrochener Geschichten, was zu Bildern mit scharfen Kanten, Vertiefungen und einem starken Gefühl der Melancholie führt. Das 32 Battalion wird zu einer Meistererzählung, die der Künstler zur Untersuchung und Erforschung der Vergangenheit einsetzt. Die fragmentierten Stücke werden zu einem Weg, die Zeit zu flicken und zu komprimieren, während sie Ideen über Heimat und Identität miteinander verweben.
Andreas Koch, Lass uns Freunde bleiben, 2015, 8'05“, Farbe, Ton
Lass uns Freunde bleiben“ bezieht sich auf den Ort als Hauptprotagonisten, nämlich den gleichnamigen Veranstaltungsort an der Ecke Choriner-/Zionskirchstraße in Berlin-Mitte. Lass uns Freunde bleiben“ ist tagsüber ein Café und nachts eine Bar, die bei Künstlern, Nachbarn und Touristen gleichermaßen beliebt ist. Die Performer - die Gäste der Bar - sprechen lakonisch über Themen wie das Altern oder die Bilder- und Kunstflut (eine Kakophonie, die in einem Begleitheft zusammengefasst ist). Wir sehen eine Kamerafahrt durch die Räume der Bar, durch das Fenster und den Spiegel, in einem endlosen Zoom, zurück zur Bar, die sich in einem Fenster auf der anderen Straßenseite bei Nacht spiegelt.
Ein wesentlicher Teil von Kochs künstlerischer Arbeit besteht aus Animationsfilmen, die eigentlich begehbare Fotografien sind, oder vielmehr dreidimensionale Raumstrukturen, die aus Film- und Fotomaterial collagiert werden.
Die Videoarbeiten werden durch zusätzliche Fotografien, Texte, Interviews und einen Leseraum begleitet und kontextualisiert.
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Teil des Goethe-Schwerpunkts „Still Moving“ über die Spannung zwischen Ruhe und Bewegung, Bewahren und Verändern, Tradition und Innovation.
Artists & Curators
Andreas Koch wurde 1970 in Stuttgart geboren. Er studierte an der Universität der Künste Berlin bei Dieter Appelt und Christiane Möbus und schloss sein Studium mit dem Meisterschülerdiplom ab. In der aufstrebenden und lebendigen Kunstszene Berlins führte er von 1996-2004 gemeinsam mit Sybille Kesslau die Galerie Koch und Kesslau. Im Jahr 2020 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Nordhorn. Andreas Koch ist bildender Künstler sowie Herausgeber des Kunstkritikmagazins von hundert, Buchgestalter und nun auch Verleger des kleinen Kunstbuchverlages permanent.
Pınar Öğrenci wurde 1973 in Van, Türkei, geboren und lebt in Berlin. Öğrencis Arbeiten wurden u. a. auf der documenta 15 in Kassel, im MAXXI Museum in Rom, auf der 12. Gwangju Biennale, der 6. Athen Biennale, dem Istanbuler Außenprojekt der Sharjah Biennale 13, in der Kunsthalle Bremen und im SALT Galata İstanbul ausgestellt. Sie hatte Einzelausstellungen im Frac Bretagne Rennes, in der Berlinischen Galerie, im Hundertwasser Museum Kunst Haus Wien, in der Tensta Konsthall Stockholm und im Depo İstanbul. Sie wurde mit dem Villa Romana-Preis 2022 ausgezeichnet. Zu den Ausstellungen 2024/25 gehören Disobedience Archive auf der Biennale Venedig, Biennale Matter Art Prag, Harvard Art Museum und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.
Helena Uambembe wurde 1994 in Pomfret, Südafrika, geboren und lebt in Berlin. Sie wuchs in einer Familiengeschichte auf, die durch den angolanischen Bürgerkrieg geprägt war: Ihre Eltern suchten 1975 in der unruhigen Gemeinde Pomfret Zuflucht, zusammen mit anderen Familien des 32. Bataillons, einer Spezialeinheit der südafrikanischen Verteidigungskräfte, die überwiegend aus schwarzen angolanischen Männern bestand. Uambembe, die Mitglied des Kollektivs Kutala Chopeto ist, erforscht Erzählungen über Geschichte und Orte. Sie wurde mit dem DAAD-Stipendium Berlin, dem Baloise Art Prize Basel, dem David Koloane Award Johannesburg und dem deutschen ars viva-Preis 2025 ausgezeichnet.
Olaf Stüber ist Kurator für zeitgenössische Kunst mit einem Schwerpunkt auf zeitbasierten Medien und vor allem bekannt für das international renommierte Künstlerkinoprojekt Videoart at Midnight, das er 2008 gemeinsam mit Ivo Wessel in Berlin gegründet hat und seither leitet und kuratiert. Darüber hinaus gibt Stüber eine Videokunst-Edition heraus, hält international Vorträge zu Künstlerfilm und Videokunst im Kontext des Kunstmarktes, kuratiert Programme und Ausstellungen für Institutionen, Messen und Festivals, berät institutionelle und private Sammlungen und war Mitglied in zahlreichen Jurys. Seit 1993 lebt er in Berlin.
Jutta Brendemühl ist Kunstprogrammgestalterin, Beraterin und Autorin mit Schwerpunkt auf internationalen Kulturbeziehungen und -begegnungen. Sie ist Programmkuratorin am Goethe-Institut Toronto und gehört dem Vorstand von UKAI Projects und dem European Union Film Festival Toronto an. Jutta ist Mitarbeiterin der North American Cultural Diplomacy Initiative, Stipendiatin des Toronto Arts Council/Banff Centre Toronto Cultural Leaders Lab, Beraterin des DOK Exchange XR Showcase sowie Gründungsmitglied des Toronto Global Impact Network und des SALOON, einer internationalen Gemeinschaft von Kunstschaffenden mit weiblicher Identität.
Ort
100 University Ave, North Tower, 2. Stock
Toronto M5J 1V6
Kanada
Öffnungszeiten der Ausstellung: Mi, Do, Fr 11 Uhr bis 17 Uhr