Fensterprojektionen - vom Sonnenuntergang bis Mitternacht Die Virale Stadt | Imperial Valley (cultivated run-off)

Still 2 © Lukas Marxt

Mo, 07.12.2020 –
Di, 22.12.2020

Goethe-Institut Montreal

Im August 2020 riefen wir Videokünstler*innen aus Kanada und Deutschland dazu auf, uns ihre Ideen zu dem Thema „Die Stadt in Zeiten des Virus“ einzureichen: Erobert sich die Natur die Innenstädte zurück? Wie wirken sich soziale Regeln und medizinische Hygienevorgaben auf unsere Körper aus? Wie bewegen wir uns im städtischen Raum? Wie interagieren wir miteinander in Zeiten des social distancing? - Die acht ausgewählten Videos werden nach Einbruch der Dunkelheit auf die Schaufensterleinwände des Goethe-Instituts Montreal am St. Laurent Boulevard bis März 2021 projiziert.

Imperial Valley (cultivated run-off)
Regie : Lukas Marxt

Über den Film
Das Imperial Valley ist eine der bedeutendsten Regionen industrieller landwirtschaftlicher Produktion Kaliforniens. Rein geologisch Teil der Sonora-Wüste wird es durch ein riesiges Bewässerungssystem, das den Colorado-River anzapft, wie auch den eigens dafür angelegten All-American Canal – durch die Migrationsbewegung von Mexiko in die USA zu trauriger Berühmtheit gelangt – urbar und für die landwirtschaftliche Super-produktion bestens verwertbar gemacht. Der Abfluss dieses Systems von Rohren, Pumpen und Kanälen führt in die Salton Sea, ein künstlich angelegter See, der ebenso wie die angrenzenden Regionen Mexikos, auf eine ökologische wie ökonomische Katastrophe zusteuert.

Lukas Marxt nähert sich in Imperial Valley (cultivated run-off)diesem Problem auf sehr hinterlistige Weise: Er beginnt mit der Vogelperspektive auf einen Bewässerungskanal in einer Wüstenlandschaft. Die Drohnen-Kamera fliegt diesen Kanal ab und zeigt schließlich in weiterer Folge Landschaften des Imperial Valley aus derselben Perspektive, die ebenso überflogen werden. Zu Beginn nicht mehr als spektakuläre Dokumente landwirtschaftlicher Monokulturen, werden die Einstellungen – nicht zuletzt durch den einsetzenden elektronischen Score – immer abstrakter. Handelt es sich noch um real existierende Landschaften oder künstlich simulierte? Diese Ambiguität ist genau der Punkt: Das Imperial Valley wird zum „Uncanny Valley“, zum Ort der noch nicht oder gerade nicht mehr „natürlich“ und dadurch unheimlich erscheint. Die Landschaft nach der Landschaft (oder ihrer mediatisierten Repräsentation) ist ein geometrisches Konzept von Linien, Flächen, Punkten und Farbflecken, egal ob belebten oder unbelebten Ursprungs. Von Menschen gemacht, ist für diese darin jedoch kein Platz mehr, weder ontologisch, noch tatsächlich. Die Post-Apokalypse muss gar nicht mehr stattfinden, wir sind bereits mitten drin. (Claudia Slanar) 

Über Lukas Marxt
Lukas Marxt ist ein Künstler und Filmemacher, der zwischen Köln und Graz lebt und arbeitet. Marxt's Interesse am Dialog zwischen menschlicher und geologischer Existenz und dem Einfluss des Menschen auf die Natur wurde zuerst in seinem Studium der Geographie und Umweltwissenschaften an der Universität Graz erforscht und durch sein audiovisuelles Studium an der Kunstuniversität Linz weiterentwickelt. Er erhielt seinen MFA an der Kunsthochschule für Medien Köln und besuchte das Postgraduiertenstudium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.

Marxt hat seine Forschungen in den Kontexten der visuellen Kunst und des Kinos gestellt. Seine Werke waren in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen, zuletzt im Hamburger Bahnhof - Museum für zeitgenössische Kunst (Berlin, 2019), in der Landesgalerie Niederösterreich, (Krems 2019), im Torrance Art Museum (Los Angeles, 2018), der Biennale der Malerei, Museum Dhondt-Dhaenens (Belgien, 2018) und dem Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Rijeka (Kroatien, 2018). Seine Filme wurden auf zahlreichen internationalen Filmfestivals präsentiert, darunter das Filmfestival von Locarno (Schweiz, 2019), die Viennale (Österreich, 2019), die Berlinale (Deutschland, 2017 und 2018), Curtas Vila do Conde (Portugal, 2018) und das Internationale Filmfestival von Gijón, wo er den Preis Principado de Asturias für den besten Kurzfilm erhielt (Spanien, 2018). Seit 2017 hat Marxt eine beträchtliche Zeit in Südkalifornien verbracht, wo er die ökologischen und sozio-politischen Strukturen rund um die Salton Sea erforscht hat.

 

JURY STATEMENT

Ein Film von großer Meisterschaft, der einen Blick in die Zukunft wirft, während die industrielle Welt zusammenbricht. Was wird nach all den Exzessen von unseren Städten noch übrig bleiben? (Miryam Charles)

Still 1
© Lukas Marxt
 

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