Interkulturelle Sensibilisierung
Durch die Brille des Anderen

Wer in einer anderen Sprache erfolgreich kommunizieren möchte, braucht ein feines Gespür für die jeweilige Kultur. Das Goethe-Institut Kairo führt deswegen regelmäßig Weiterbildungen zur interkulturellen Sensibilisierung seiner Lehrkräfte durch. 

Diese Kurse richten sich an Lehrkräfte im Allgemeinen, aber auch an sogenannte Begleitlehrkräfte, die als Coaches andere Deutschlehrer unterstützen, und an Lehrkräfte, die das Grüne Diplom machen. Das Grüne Diplom ist eine Ausbildung des Goethe-Instituts für Lehrer, die Deutsch als Fremdsprache (DaF) unterrichten. 

Zehn Teilnehmende an einer Weiterbildung in Kairo erzählen, was sie am meisten beeindruckt hat und warum es für ihre eigene Unterrichtspraxis wichtig ist, kulturelle Unterschiede zu erkennen und zu verstehen.

 

  • Dr. Riham Tahoun Foto (Ausschnitt): © Privat
    Dr. Riham Tahoun (Jahrgang 1973), seit 2000 Honorarlehrkraft, seit 2008 Begleitlehrkraft und Fortbildnerin: „Wir durften vieles selbst erproben.“

    Interkulturelle Sensibilisierung macht uns bewusst, welches Bild wir von der eigenen und der fremden Kultur haben. Das ist für eine Begleitlehrkraft sehr wichtig, um den Lehrkräften, die gerade das Grüne Diplom machen, die Strategien der Kulturwahrnehmung und -vermittlung nahezubringen. Denn der Deutschunterricht verfolgt nicht nur sprachlich-kommunikative, sondern auch landeskundliche Ziele. Am Training hat mich beeindruckt, wie praxisorientiert wir an die komplexen kulturwissenschaftlichen Begriffe herangegangen sind, und dass wir vieles selbst erproben durften.
  • Katharina van Zanten Foto (Ausschnitt): © Privat
    Katharina van Zanten (Jahrgang 1970), Honorarlehrkraft, in der Ausbildung zum Grünen Diplom: „Schon kleine Übungen können interkulturell sensibilisieren.“

    Am meisten haben mich die verschiedenen Übungen beeindruckt, mit denen man während des Unterrichts interkulturell arbeiten kann: Durch das Einbinden in die Lektion und die gerade behandelten Themen wird das „neu zu Entdeckende" nicht aus dem thematischen Unterrichtszusammenhang – etwa Essen und Trinken oder Freizeitaktivitäten – gerissen. So können Teilnehmer schon durch kleine Übungen, die man im Unterricht immer wieder einstreuen kann, interkulturell sensibilisiert werden.
  • Amal Hassaan, Lehrerin Foto (Ausschnitt): © Privat
    Amal Hassaan (Jahrgang 1983), Lehrerin: „Lernende dabei unterstützen, Vorurteile zu analysieren und abzubauen.“

    Ich glaube, dass eine interkulturelle Sensibilisierung für Auszubildende wie Lehrkräfte sehr wichtig ist. Denn durch den Perspektivwechsel können Verständnis und Empathie für das Eigene und das Fremde entwickelt werden. An dem Seminar hat mich besonders beeindruckt, wie ich Lernmaterialien einsetzen kann, um in kulturell und sozial heterogenen Gruppen eine Atmosphäre von Toleranz und Verständnis zu schaffen. Ich habe auch erfahren, wie ich Lernende dabei unterstützen kann, Vorurteile und Stereotype zu analysieren, abzubauen und über gesellschaftliche und kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu diskutieren.
  • Elena Frense Foto (Ausschnitt): © Privat
    Elena Frense (Jahrgang 1990), Honorarlehrkraft: „Rollenspiele haben den Teilnehmenden die Augen geöffnet.“

    Besonders in Erinnerung geblieben ist mir, als die ägyptischen und deutschen Kolleginnen und Kollegen im Seminar Stereotype über die jeweils andere Kultur äußern sollten. Ziel war es, die zugrundeliegenden Werte zu identifizieren und in einem Wertequadrat transparent zu machen. Dies hilft mir noch heute in meinem Alltag, souveräner auf Vorurteile zu reagieren. Die Methoden aus dem interkulturellen Training lassen sich auf den verschiedenen Niveaustufen sinnvoll in den Unterricht integrieren. Ich erinnere mich an Rollenspiele zum Thema Generationskonflikte, die ein voller Erfolg waren. Sie haben den Teilnehmenden buchstäblich die Augen geöffnet.
  • Usama Rezk Foto (Ausschnitt): © Privat
    Usama Rezk (Jahrgang 1971), Honorarlehrkraft: „Wir müssen lernen, uns die Brille des Anderen aufzusetzen.“

    Durch die interkulturelle Sensibilisierung kann man ein besseres Verständnis für die andere Kultur entwickeln, Vorurteile abbauen, sich selbst und das Andere besser verstehen. Das ist sehr wichtig für Lehrkräfte, da sie Lernende auf das Leben in einer anderen Kultur vorbereiten. Als Lehrkraft werde ich versuchen, die Lernenden darauf aufmerksam zu machen, dass sie die Welt durch ihre ganz eigene „Brille“ sehen, die ihnen von der Familie, Religion und Tradition aufgesetzt worden ist. Sie müssen lernen, sich auch die Brille des Anderen aufzusetzen, um sich besser integrieren zu können und tolerant in einer fremden Kultur zu leben.
  • Nadia Salama Foto (Ausschnitt): © Privat
    Nadia Salama (Jahrgang 1967), Honorarlehrkraft: „Wir haben gelernt, offener mit anderen Kulturen umzugehen.“

    Viele Menschen tendieren dazu, die eigenen Sichtweisen und das eigene Verhalten als das einzig Richtige zu sehen. Durch die interkulturelle Sensibilisierung haben wir gelernt, uns als Lehrkräfte selbst zu hinterfragen und offener mit anderen Kulturen umzugehen. Das Seminar hat uns gezeigt, wie man auf spielerische Art und Weise die Teilnehmer auf andere Lebensstile aufmerksam und neugierig machen kann. Als Lehrkräfte sollten wir uns das Ziel setzen, frei mit der zu erlernenden Sprache umzugehen, unvoreingenommen gegenüber der deutschen Lebensart und aufgeschlossen für die mitteleuropäische Denkweise zu sein.
  • Maria Botross Foto (Ausschnitt): © Privat
    Maria Botross (Jahrgang 1973), Begleitlehrerin, Seminarleiterin, Online-Tutorin: „Erst wenn wir selbst kulturelle Unterschiede erkennen, können wir sie unseren Deutschlernern vermitteln.“

    Interkulturelle Sensibilisierung ist für alle Lehrkräfte, Begleitlehrer und Lehrkräfte, die das Grüne Diplom erwerben, von großer Bedeutung, um sich die unterschiedlichen Wahrnehmungsmuster und Interpretationen in den verschiedenen Kulturen bewusst zu machen. Das gilt sowohl für Ägypter als auch für Deutsche. Erst wenn wir selbst in der Lage sind, diese Unterschiede zu erkennen, können wir sie auch unseren Deutschlernern vermitteln. Besonders beeindruckt haben mich die verschiedenen Methoden und Techniken, die man bereits im Anfängerunterricht einsetzen kann, und die ich auch als Begleitlehrerin sofort in meinem Unterricht anwenden werde.
  • Dalia Raafat Foto (Ausschnitt): © Privat
    Dalia Raafat (Jahrgang 1975), Lehrkraft: „Man muss die andere Kultur verstehen, um erfolgreich zu sein.“

    Die interkulturelle Sensibilisierung finde ich sehr wichtig – sowohl für uns als Lehrerkraft als auch für die Teilnehmer. Denn dadurch lernen wir, wie wir selbst und die anderen denken, und warum wir uns verhalten, wie wir uns verhalten. So können Verständigungs- und Kommunikationsprobleme in Alltagssituationen, etwa beim Begrüßen oder im Restaurant, vermieden werden. Die Vielfalt der Übungen zur interkulturellen Sensibilisierung hat mich beeindruckt: Sie zeigen, dass es nicht genügt, die Sprache des fremden Landes zu lernen, sondern dass man sich selbst und die andere Kultur verstehen muss, um erfolgreich in einem fremden Land zu sein.
  • Dina Abdallah Foto (Ausschnitt): © Privat
    Dina Abdallah (Jahrgang 1985), DaF-Lehrerin seit 2011 und Begleitlehrerin seit 2016: „Interkulturelle Aspekte spielerisch vermitteln – das möchte ich in meinem Unterricht ausprobieren.“

    Eine interkulturelle Sensibilisierung für Goethe-Lehrkräfte finde ich nützlich und wichtig. Weil wir als Lehrkräfte zugleich Kulturvermittler sind, sollten wir auch eine Unterrichtseinheit konzipieren können, die Unterschiede zwischen den beiden Kulturen thematisiert. Auf diese Weise können wir die interkulturellen Kompetenzen unserer Teilnehmer unterstützen – vor allem die der Auszubildenden. Was mich an diesem Seminar besonders beeindruckt hat, waren die zahlreichen Tipps, um interkulturelle Aspekte durch spielerische Aktivitäten zu vermitteln. Das möchte ich auch in meinem Unterricht ausprobieren.
  • Shaimaa Arafa Foto (Ausschnitt): © Privat
    Shaimaa Arafa (Jahrgang 1981), DaF-Lehrerin und Honorarlehrkraft: „Es geht auch um Glauben, Wertvorstellungen, Verhaltensweisen und Wahrnehmungen von Menschen.“

    Um erfolgreich kommunizieren zu können, reicht sprachliches Wissen alleine nicht aus. Auf welche Weise kann ich die landeskundlichen Informationen am effektivsten vermitteln? Das ist eine der wichtigsten Fragen, die während des Seminares beantwortet wurden. Zudem ermöglicht der interkulturelle Landeskundeansatz beziehungsweise die interkulturelle Sensibilisierung den Lernenden, sich über verschiedene Bereiche der Eigen- und Fremdkultur bewusst zu werden. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Fakten, sondern auch um Glauben, Wertvorstellungen, Denken, Verhaltensweisen, soziale Beziehungen und Wahrnehmungen von Menschen.
Das Goethe-Institut bietet an verschiedenen Standorten weltweit interkulturelle Kompetenztrainings an. Dieses Angebot richtet sich an Unternehmen, die international tätig sind sowie an internationale Studierende und Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in Deutschland.
Ihre Anfragen richten Sie bitte an: lea.winkelmann@goethe.de