Buchpräsentation und Diskussion mit Ezzat El-Kamhawy Goethe Salon- Was Sami Yakoub gesehen hat

„Was Sami Yakoub gesehen hat“ Privat „Was Sami Yakoub gesehen hat“
Roman von Ezzat El Kamhawi


Der Roman mā ra‘āhu Sāmī Yacqūb (wörtl.:„Was Sami Yakoub gesehen hat“) von Ezzat El Kamhawi (erschienen 2019 beim Verlag Al Dar Al Masriah Al Lubnaniah) handelt von einem jungen Mann namens Sami Yakoub, der im Kairoer Stadtteil Garden City die Wohnung seiner Eltern übernommen hat, weil seine deutsche Mutter und sein Bruder emigriert sind, nachdem der Vater Opfer eines gewaltsamen Todes durch Folter geworden war. Sami bleibt allein in der Wohnung zurück und beginnt, neue Gewohnheiten anzunehmen. Er fotografiert zum Beispiel die Katzen, die sich in der Wohnung, auf den Balkonen der Wohnung und auf den Balkonen der Nachbarn tummeln. Das Fotografieren entwickelt sich allmählich zum einzigen Hobby, mit dem Sami oft mehrere Stunden am Tag verbringt. Überhaupt hat sich sein Tagesablauf stark verändert, seit er beschlossen hat, die Wohnung komplett umzugestalten und sich der alten Ausstattung zu entledigen, die ihm vom Vater hinterlassen worden war. Der Vater, ein politischer Kämpfer, musste sterben, weil es ihm gelungen war, per Gerichtsurteil eine Gedenkfeier für seinen Vater Salim Yakoub auf dem Tahrir-Platz durchzusetzen. Und genau dieser Platz wird nun während der Revolution vom Januar 2011 zum Dreh- und Angelpunkt im Leben der Ägypter. Schließlich kehrt sogar der emigrierte Bruder nach Ägypten zurück, um die Revolution gemeinsam mit Sami zu erleben. Durch die Revolution kommen sich die beiden Brüder wieder näher, nachdem einer zunächst mit der Mutter ins Ausland gegangen war, der andere hingegen unbedingt in Ägypten bleiben wollte.

Mitten im turbulenten Taumel der Revolution kommt jedoch der zurückgekehrte Bruder am 2. Februar ums Leben, als gewalttätige Gefolgsleute des Mubarak-Regimes, teilweise auf Kamelen und Pferden reitend, die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz angreifen. Durch den Verlust des Bruders verliert Sami endgültig die Hoffnung auf ein sicheres Leben. Erneut zieht er sich von der Außenwelt zurück.

Doch dann lernt er Farida kennen, die seit dem frühen Tod ihres Mannes mit den beiden Töchtern allein lebt. Zwischen Sami und Farida entsteht eine intensive Liebesbeziehung. Im Gegensatz zum eher zurückgezogen lebenden Sami hat Farida jedoch immer viele Freundinnen aus Kindertagen um sich, auch wenn deren Lebensweisen und -anschauungen manchmal differieren. Indem der Roman auf die unterschiedlichen Lebensweisen und Beziehungen all dieser Freundinnen eingeht, erzählt er von Liebe und Freundschaft, von Niederlagen und Brüchen vor ganz verschiedenen gesellschaftlichen Hintergründen.

Eines Tages will Sami ein paar intime Stunden bei Farida verbringen, muss jedoch noch ein wenig auf der Straße warten, bis eine Freundin von Farida deren Töchter zu einem Spaziergang abholt. Um sich die Wartezeit zu vertreiben, macht er mit dem Handy ein paar Aufnahmen von streunenden Katzen und wird deshalb von Angehörigen der Sicherheitsorgane festgenommen. Während diese nun Bild für Bild löschen, bekommt Sami es immer mehr mit der Angst zu tun. Was tun, wenn jetzt Farida anruft oder durch irgend ein anderes Indiz die Beziehung auffliegt? Schließlich lässt man Sami unbehelligt laufen. Ein Gefühl der Beklemmung bleibt dennoch zurück, und Sami fängt wieder an, sich abzuschotten. Wenn der Roman zeigt, wie Farida mit dem Bruch fertig wird, den die Revolution in ihrem Leben verursacht hat, kann das Gefühl, das die Veränderung hervorruft, und die Freude am Karneval gar nicht in dem Maße verborgen werden, in dem sich gleichzeitig offenbart, dass Kummer immer eine lange Vorgeschichte hat. Das Schönste an dem Roman ist wohl die Direktheit, mit der er die Ängste und Albträume des Protagonisten spürbar macht, sodass sich der Leser unweigerlich mit Sami identifiziert.
 
Moderiert wird das Gespräch von Sayed Mahmoud. 

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