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Band des Monats
Das Lumpenpack

Le groupe Das Lumpenpack
Das Lumpenpack | © Marvin Ruppert

Einer ernsten Situation mit Humor zu begegnen – das haben die Gründer der Band Das Lumpenpack auf jeden Fall drauf. Sie beherrschen die Kunst, auf Probleme wie Klimawandel, dekadente Gesellschaft und Politik mit Witz, aber auch mit kräftigen Lyrics aufmerksam zu machen. Damit sorgen sie nicht immer für „einfache Gefühle“.

Von Anna Cieslak

Vom Duo zu einer „amtlichen Band in der Selbstfindungsphase“

Jonas Frömming und Max Kennel haben sich durch Poetry Slam kennengelernt, als noch jeder von ihnen einzeln auftrat: Jonas hat damals Short Stories und Max „verquere Gedichte“ vorgetragen. Als musikalisches Comedy-Duo treten sie schon seit 2012 zusammen auf. Max soll der Seriöse von den beiden sein, Jonas sorgt währenddessen mit Konfetti für etwas Unterhaltung. Obwohl sie in den ersten Jahren bei musikalisch angehauchtem Poetry Slam blieben, der nur von Gitarrenmusik begleitet war, haben sie sich in letzter Zeit zu einer echten Rockband weiterentwickelt. Früher verstanden sie sich unbestreitbar als ein Duo – „Für die Musketiere einer zu wenig, für eine One-Man-Show leider einer zu viel“ (Lied Zwei, 2015). Doch im neuen Kapitel in der Bandgeschichte gibt es fünf Bandmitglieder (mit Schlagzeugerin Alex Eckert, Bassistin Lola Schrode und Jonas Bartsch an Gitarre und Keyboard), die die Poetry Slam-Szene verlassen, um in eine neue, unerwartete Richtung zu gehen. Wie sie im Interview mit DASDING beschreiben, machen sie jetzt zu 80% Rock, zu 20% Unterhaltung und sind eine „amtliche Band in der Selbstfindungsphase“. Den neuen, härteren Klang beweisen sie auf ihrem neuen Album emotions, das 2021 herauskam und noch politischer als sein Vorgänger Eine herbe Enttäuschung aus dem Jahr 2019 angehaucht ist:
 

Fast Lehrer geworden

Obwohl sie in ihrem Lied Pädagogen die Berufsgruppe der Lehrer und allgemein Geisteswissenschaftler verspotten, wäre einer von ihnen selbst beinahe Lehrer geworden. Max hat Psychologie, Jonas Lehramt für Deutsch und evangelische Theologie abgeschlossen. Doch sie merkten, dass ihre Zukunft nicht mit dem Studium zusammenhängen würde. In dem Lied Pädagogen zeigen sie also auch viel Selbstironie und spielen mit den Klischees rund um die Lehrer*innen. Damals noch als Duo äußerten die Künstler ihre angebliche Enttäuschung, einen monotonen Freundeskreis zu haben, der bei Alltagsproblemen nicht von Nutzen ist. Alle sind zwar gut im Diskutieren, doch wenn ein Rohr platzt, kann plötzlich keiner helfen: „Nehmt es mir nicht übel, ich liebe euch, ich schwör, doch ich tausch' drei Lehrer gegen 'nen Monteur“.

Die verbitterte Ernüchterung, die einen im Erwachsenenleben einholt, kommt in ihren Liedern oft genug zur Sprache. Etwa im Song Guacamole, der die Zuhörer*innen auf eine Party bringt, auf der alle anderen Gleichaltrigen erwachsen und spießig werden, Bier gegen Weinschorle tauschen und ihr Leben sich nur noch um langweilige Themen und die Zubereitung von Salaten dreht, was anscheinend nur bei einem selbst nicht der Fall ist. Man gehört zu der reifer werdenden Altersgruppe nicht mehr dazu und die Erwartungen der Umgebung verunsichern einen umso mehr. An die Probleme im Freundeskreis werden noch weitere Hürden geknüpft. Etwa der angespannte Wohnungsmarkt und die unverschämten Vermieter*innen, mit denen sich das Lumpenpack im Lied Dolce Wohnen auseinandersetzt, sowie das Älterwerden und der Leistungsdruck im Lied Immer noch drauf oder HausKindBaum. Beim Hören dieser Texte können sich manche erleichtert fühlen, dass sie mit solchen Unsicherheiten im jungen Erwachsenenalter doch nicht allein sind.
 

Gesellschaftskritiker mit schlagfertigen Texten

Trotz des erfolgreichen Übergangs zu einer Rockband kann das Lumpenpack seinen Poetry Slam-Hintergrund nicht verleugnen. Man merkt ihnen ihre große Bühnenerfahrung und geübten Umgang mit dem Publikum an. Außerdem lassen sich ihre Wurzeln in den mutigen Songtexten wiedererkennen. Die Lieder von neuem Album emotions provozieren nach wie vor auf die typisch witzige Art und Weise und bieten Stoff zum Nachdenken an. In dem Lied WZF?! bietet die Band einen kritischen Jahresrückblick auf 2020, das Jahr, seit dem die Corona-Pandemie unser Leben, Politik, Kultur und Gesellschaft prägt. Viele Zuhörer*innen werden sich mit dem Inhalt des Liedes nach mehr als einem Jahr immer noch identifizieren können. Die Anspielung auf den bekannten Song der Rockband Green Day drückt die Hoffnungslosigkeit und das Unverständnis angesichts der aktuellen Probleme auf der Welt perfekt aus und rundet das neue Image der Band ab: „Wake Me Up When September Ends – Ich wünschte, ihr hättet mich niemals geweckt“.
 

Ganz aktuell sind ihre neuen schlagfertigen Texte, die sich mit den kontroversen Querdenker-Bewegungen kritisch auseinandersetzen, wie etwa Ein Schlaflied für Aufgewachte, das ähnlich wie der frühere Auftritt Heilpraktiker die Verfechter von Verschwörungstheorien verspottet und auf die Gefahren der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft hinweist. Auch auf Themen wie Umwelt und Klimawandel will das Lumpenpack aufmerksam machen. Neben WZF?! betont auch das Lied Warm im Altenheim auf eine zwar humorvolle, aber dennoch entschiedene Art die Bedeutung der Umweltpolitik für gegenwärtige und zukünftige Generationen: „Mitte März, dreißig Grad… Es wird warm im Altenheim“. Viele ihrer Lyrics erfordern Hintergrundwissen, um die Anspielungen auf aktuelle Geschehnisse verstehen zu können. Die Quelle für ihre Ideen finden sie dabei in ihren eigenen Erlebnissen aus dem Alltag.

Auf dem Weg: Lieferung voller emotions

Auf dem neuesten Album nimmt sich die Band weiterhin direkte Gesellschaftskritik vor. Mit Liebe in Zeiten von Amazon Prime spielen die Musiker auf die fehlende Geduld und die Wegwerfmentalität in der heutigen Dating-Szene an und vergleichen es mit der schnellen Bestellung und Lieferung vom Online-Shop. Mit ihrer Paketboten-Aktion „Das Lumpenpack liefert emotions!“ überraschte die ganze Band viele ihrer Fans zu Hause und lieferte ihnen, als Paketboten verkleidet, die neuen Alben persönlich, wobei sie noch ein paar Wohnzimmerkonzerte gab:
 

Für noch mehr Gefühle wird die neue Deutschland-Tour sorgen, die die Band im April startet und die bis Ende August andauern wird. Das Lumpenpack hat dieses Jahr einen guten Grund zum Feiern: Das große Highlight des Sommers wird ihr 10-jähriges Jubiläum sein, das uns in Form eines Festivals im Mannheimer Schlosshof am 6. und 7. August erwarten wird.
 

Diskographie:

Alben
emotions (2021)
Eine herbe Enttäuschung (2019)
Die Zukunft wird groß (2017)
Steil II (2015)
Steil-geh-LP (2013)

Band des Monats auf Spotify

Hände und Gitarre © Colourbox.com, ldutko Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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