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Nachhaltigkeit
Auf aktivem Weg zum grünen Museum der Zukunft

Museum
Bild: Emese Éva Tóth © Goethe-Institut Budapest

Der Besuch eines Museums ist eine emotionale und intellektuelle Bereicherung. Es spricht zu uns, den Menschen, aber auch über uns, unsere Geschichte, unsere Kultur, die Welt um uns herum. Deshalb können diese Einrichtungen nicht die Augen vor dem Klimawandel verschließen. Und das tun sie auch nicht.
 

Der Internationale Museumsrat (ICOM) fasst die fünf Hauptfunktionen von Museen in einem prägnanten Satz zusammen: Museen sammeln, bewahren, erforschen, vermitteln und stellen die materiellen und geistigen Zeugnisse der Menschen und ihrer Umwelt aus. Diese offizielle Definition schließt auch die Bewahrung als Aufgabe ein. Es stellt sich die Frage, warum Museen den Begriff des Bewahrens nicht weiter fassen sollten. Zum Beispiel, indem sie die Erhaltung der natürlichen Umwelt hinzufügen? Da diese Einrichtungen als Kultureinrichtungen grundsätzlich sensibel für die Prozesse sind, die die Gesellschaft beeinflussen, ist es nicht verwunderlich, dass sie bereitwillig auf die Forderung nach Umweltbewusstsein reagieren. Aber wie soll dies in die Praxis umgesetzt werden? Hier einige anschauliche Beispiele:

Ausstellungen: Lasst das Grün dominieren!

Beginnen wir mit dem wesentlichen Bereich, dem "Blutkreislauf" der Museen: den Ausstellungen. Es ist uns vielleicht gar nicht bewusst, wie viel an der Arbeit hinter den Kulissen einer temporären Ausstellung nachhaltiger gestaltet werden muss. Erschwerend kommt hinzu, dass Museen mit anderen Dienstleistern um die – oft zu knappe – Freizeit der potentiellen Besucher:Innen konkurrieren müssen. In diesem Wettbewerb treten die größeren Museen mit immer eindrucksvolleren Blockbuster-Ausstellungen an, die sozusagen "in vollem Betrieb" sind und die Besucher:Innen wie Magneten anziehen sollen. Das hat zur Folge, dass viele der oft weltberühmten Exponate in erstaunlichem Tempo von einem Museum zum anderen quer über den Globus verschifft werden, wobei der lange und spezielle Transport natürlich erhebliche Emissionen verursacht. Die effektiven Transportmöglichkeiten der heutigen Zeit bergen die Gefahr eines übermäßigen Verbrauchs, auch bei Ausstellungen.
Doch im Sinne der Nachhaltigkeit haben sich in den letzten Jahren eine Reihe von Trends herausgebildet, die eine umweltbewusste kuratorische Arbeit und ein grünes Ausstellungsmanagement fördern. Dazu gehören beispielsweise ein umweltbewussteres Überdenken der Exponatsliste, die Bevorzugung von Leihgaben, die leichter zugänglich sind und sich im Sinne des lokalen Handelns (act locally) in geringerer Entfernung befinden oder gar ein Ansatz, der sich bei der Konzeption einer Ausstellung auf die eigene Sammlung und damit auf den lokalen Charakter und die Besonderheiten des Museums konzentriert. Wenn sich eine Einrichtung dafür entscheidet, Objekte von weit her zu zeigen, können Sammeltransporte und eine gut durchdachte Logistik die Umweltbelastung verringern. Ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist es, ein Objekt so lange wie möglich in einem Museum zu behalten, es in mehrere Ausstellungen zu integrieren und so die Zeit bis zur nächsten Reise des Objekts zu verlängern. Dieser Faktor der Verlangsamung des Tempos ist, im Geiste des slow movement, ein klassischer Pfeiler der Nachhaltigkeit. Neben den Protagonisten, also den Objekten, lohnt es sich aber auch, bei der Betrachtung einer nachhaltigen Ausstellung auf ihre Spuren zu achten: Die bewusste Wiederverwendung der räumlichen Elemente von Wechselausstellungen und deren Integration in andere Ausstellungen ist ein hervorragender Schritt. Der No-Waste-Ansatz war zum Beispiel ein zentrales Element im Konzept des deutschen Pavillons auf der diesjährigen Biennale in Venedig.

Zu guter Letzt wollen wir auch diejenigen erwähnen, für die die Ausstellungen selbst bestimmt sind: uns, die Besucher:Innen. Schließlich sind es nicht nur die Exponate, die um die Welt reisen. Auch der Kulturtourismus boomt, und die unbestreitbaren Vorteile, die damit verbunden sind, werden von den schädlichen Emissionen, die mit dem Reisen verbunden sind, überschattet. Auch hier ist also ein Umdenken erforderlich: Wir müssen uns fragen, ob es wirklich notwendig ist, weit zu reisen, nur um ein einziges Museum zu besuchen. Die Kartierung der digitalen Präsenz von Museen kann bei diesem Dilemma helfen. Im Zuge der Covid-Pandemie sind kreative, innovative Inhalte entstanden, die unbedingt auch nach dem Lock-Down genutzt und weiterentwickelt werden müssen. Seien es digitale Ausstellungen, museumspädagogische Angebote oder digitale Versionen von Begleitpublikationen: Es lohnt sich, die Online-Plattformen der Museen zu überprüfen! Die Ausstellungen von Museen auf der ganzen Welt bequem von zu Hause aus zu erkunden und in virtuellen Katalogen statt in Papierpublikationen zu blättern, bedeutet, die Umwelt zu entlasten und gleichzeitig Kultur zu konsumieren.

Ein Bauriese mit kleinem ökologischen Fußabdruck - ist das möglich?

Nach dem Rundgang durch die Ausstellungen sollten wir die Infrastruktur, die sie beherbergt, das Museumsgebäude selbst, unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit betrachten: Viele Museen zeichnen sich durch ihre große Fläche aus, bedingt durch ihre Ausstellungsräume und die Lagerung der Sammlungen. Doch neben der Zweckmäßigkeit gibt es oft noch andere Gründe für diese Monumentalität: Die Besucher:Innen betreten die beeindruckenden Innenräume und lassen ihren Alltag hinter sich.
In der Zwischenzeit stellt sich jedoch eine prosaische Frage: Wie hoch dürfen die Nebenkosten der Museen sein? Dies ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern auch eine ökologische. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es strenge Normen für den Schutz von Exponaten gibt - in der Regel 20 Grad Celsius und 50 % relative Luftfeuchtigkeit für Artefakte -, deren Einhaltung viel Energie erfordert. Natürlich ist es auch möglich, den Energieverbrauch des Museumsgebäudes zu senken oder sogar zu "begrünen", und zwar durch die Integration erneuerbarer Energiequellen, die Modernisierung von Gebäuden und die Senkung des Energieverbrauchs: Warum sollten Sie beispielsweise nicht einen zusätzlichen Pullover tragen, wenn Sie im Winter ein Museum besuchen? Neben diesen allgemeineren Lösungen haben einige Einrichtungen ihr Energiemanagement auf wirklich innovative Weise überdacht: Nehmen Sie das Beispiel der Eremitage in Amsterdam, wo die kalte Luft für die Klimaanlage über eine 425 Meter lange Verbindung von Pflanzen aus dem botanischen Garten Hortus Botanicus geliefert wird.

Die oft monumentale Größe von Museen ist jedoch nicht nur in Bezug auf die Nachhaltigkeit ein Nachteil: Warum sollte man die riesigen Flächen nicht nutzen? Es ist zu beobachten, dass Architekten auf der ganzen Welt Grünflächen in die Gestaltung neuer Museumsgebäude einbeziehen, wie im Fall des kürzlich eröffneten Ethnographischen Museums in Budapest. Dabei handelt es sich nicht nur um ästhetische und einzigartige Lösungen, die sich positiv auf das Stadtbild auswirken, sondern auch um soziale und ökologische Vorteile: Rasenflächen, die zu individueller oder sozialer Erholung einladen, verwandeln ein Museumsumfeld in einen lebendigen Gemeinschaftsraum, und die gepflanzten Pflanzen wirken sich auch positiv auf das Stadtklima aus: Als natürliche Klimaanlagen senken sie die Lufttemperaturen in der Sommerhitze, haben aber auch lärm-, staub- und wasserrückhaltende Eigenschaften. Dies ist eine besonders gute Idee für ein großes Museumsgebäude, wo die Wände in "atmende Wände" verwandelt werden können.

Die hier aufgeführten Schritte sind kleine Schritte auf dem Weg zu einem nachhaltigen Museum der Zukunft. Natürlich ließe sich die Liste mit weiteren praktischen Lösungen, die in diesen öffentlichen Einrichtungen bereits umgesetzt wurden, beliebig fortsetzen. Auf jeden Fall ist es erfreulich zu sehen, dass man vor dem "Begrünen“ nicht zurückschreckt und dass seit Jahren gemeinsam gedacht und gehandelt wird: Immer mehr kreative und innovative Ideen werden in die Praxis umgesetzt. Denn warum sollten Museen nicht umweltbewusst sein und nicht nur für die Kultur, sondern auch für die Natur Verantwortung übernehmen?
 

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