Hebräisch – modern in Blei gegossen

Sie waren Pioniere des hebräischen Grafik-Designs in Israel: Moshe Spitzer, Franzisca Baruch und Henri Friedlaender. Die Ausstellung „New Types“ im Israel-Museum in Jerusalem zeigt nicht nur den maßgeblichen Einfluss, den sie auf die visuelle Ästhetik in Israel nach der Staatsgründung hatten, sondern erzählt gleichzeitig ihre Biografien – geprägt von der Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland und dem Neuanfang in Israel.

Seit 80 Jahren ist er unverändert, der Titel-Schriftzug der Zeitung „Ha'aretz“. Entworfen hat ihn Franzisca Baruch (1901-1989). Und nicht nur das. Der Einband des ersten israelischen Passes nach der Staatsgründung, das Emblem der Stadt Jerusalem, die ersten Schriftzüge des Bialik- und des Weizmann-Instituts der Wissenschaften, diverse Einbände für Bücher der Jewish Agency, der Verlage Dvir, Schocken und Tarshish – was Tausende teils täglich und teils bis heute vor Augen oder sogar in der Hand halten, hat Baruch allein oder in Zusammenarbeit mit Kollegen entworfen – ohne, dass für die meisten oft erkennbar war, dass sie dahinter steckt. Das wollten Ada Wardi und ihre Forscherkollegen endlich ändern.

Für die Grafikdesignerin und Dozentin an der „NB Haifa School of Design“ war es Zeit, den Staub von einigen Kartons im Archiv des Israel-Museums endlich wegzupusten, und mehr über das Leben und Schaffen derjenigen zu erzählen, deren Nachlässe darin verstaut waren. Weil Franzisca Baruch, Moshe Spitzer und Henri Friedlaender zu denjenigen gehörten, die die moderne Gestaltung von durch Schrift geprägten Werken – seien es Bücher und Zeitungen, Poster und Verpackungen, Schriftzüge, Embleme und Logos – möglich machten: Sie gaben der hebräischen Schrift durch ihre Entwicklung mehrerer neuer Schrifttypen neue eigenständige Formen, sie verschafften damit der künstlerischen, grafischen Gestaltung von Druckwerken aller Art mehr Möglichkeiten und Freiheiten als je zuvor. Und nutzen sie auch selbst. Maßgeblich haben die Drei so die visuelle Ästhetik in Israel mit ihren „new types“ bis heute spürbar beeinflusst.

„Design und Gestaltung in Israel, das war bisher einfach kaum erforscht und dokumentiert“, erklärt Wardi ihre Motivation für das Forschungsprojekt, das schließlich zur Ausstellung im Israel-Museum führte, die sie mitkuratiert hat. Sie selbst begann schon vor sechs Jahren ihre Recherchen über den Verleger Moshe Spitzer, der auch Buchgestalter und Entwickler von Schrifttypen war, als sie in seinem Nachlass Korrespondenz mit seinen Kollegen Baruch und Friedlaender entdeckte und spürte, dass es sich lohnt, auch über sie und ihr Werk mehr herauszufinden. Das Israel-Museum, das Deutsche Literaturarchiv in Marbach, das Franz Rosenzweig Minerva Forschungszentrum für deutsch-jüdische Literatur und Kulturgeschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem kamen als Partner hinzu, das Goethe-Institut unterstütze das Projekt finanziell. Das Ziel: eine Ausstellung, die exemplarisch anhand von Akteuren und ihren Werken die Entwicklung von Grafikdesign und Typografie in Israel dokumentiert und gleichzeitig zeigt, wie individuell und weitreichend Baruch, Spitzer und Friedlaender noch geprägt waren – von ihrer Ausbildung in Deutschland, dem Land, aus dem sie wegen der drohenden Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen mussten.