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Die Stärke der Gemeinschaft
Sicherheit auf der Tanzfläche Teil II

Chingona_Sound_Grupo
© Estrella Errante

Ein Einblick in vier hauptsächlich von Frauen organisierten mexikanischen Kollektiven, aus dem Bereich der elektronischen Musik, welche sich vor allem für einen Safe Space einsetzen.

Von Steff Torres

Überall auf der Welt sind durch kollektive Anstrengungen inklusive Räume entstanden. Da ist zum Beispiel das Kollektiv Room 4 Resistance in Berlin. Auf den von ihnen veranstalteten  Partys hängen überall Aushänge, die den jeweiligen Ort als einen Schutzraum ausweisen. Auch in Mexiko-Stadt gibt es Kollektive, die ihre Stimmen erheben und mithilfe ihrer Mischpults und Boxen für Aufsehen sorgen, ob nun auf öffentlichen Plätzen, in Clubs oder Museen oder wie zur Zeit über ihre Bildschirme. Ihr Ziel ist es, das geistige Vergnügen zu steigern und gleichzeitig den Körper zu befreien, und zwar in einem absolut gewaltfreien Raum. Im Folgenden werden einige dieser Kollektive vorgestellt. 

Híbridas y Quimeras

Hibridas_quimeras_Logo Híbridas y Quimeras Logo | © Híbridas y Quimeras Die Erforschung verschiedener Klänge ist die treibende Kraft hinter diesem Kollektiv, das nicht nur auf der Tanzfläche glänzt, sondern zudem ständig wechselnde Kurse und Workshops anbietet. Ihrer Philosophie nach ist lernen ebenso wichtig wie tanzen. Bei Híbridas y Quimeras finden wir Noise, Ambient, Live coding und experimentelle Sounds. Über ihre klanglichen Kreationen knüpfen die Akteurinnen des Kollektivs auch internationale Netzwerke, wie etwa in ihrer ersten digitalen Compilation Compilme’sta.

„Wir haben uns anfangs zusammengeschlossen, weil wir uns an bestimmten Orten und Events unterrepräsentiert fühlten. Wir haben nach einem sicheren Raum gesucht, in dem wir uns frei fühlen und ausdrücken, mit anderen Menschen, die ähnliche Ansichten haben, zusammenarbeiten und darüber Gemeinschaft schaffen können. Wir haben das damals gar nicht so sehr hinterfragt. Es war eher ein: ‚Warum sollten wir es nicht tun?‘ Uns gefällt die Vorstellung, andere Hintergründe, Denk- und Lebensweisen oder kreative Prozesse kennenzulernen. Wir wollen Schutzräume von allen für alle schaffen, in denen wir voneinander lernen und Projekte diverser Künstler*innen vorstellen“, bemerken die Mitglieder von Híbridas y Quimeras.

Womxn

Womxn_Logo Womxn Logo | © Womxn Techno! Techo! Techno! Nur drei Jahre nach seiner Gründung ist das Kollektiv Womxn eines der bedeutendsten im Bereich der tanzbaren Musik. Die anfängliche Idee war es, die Präsenz weiblicher DJs zu stärken. Schnell wurde aus dem Projekt eine Agentur, die selbst produziert, Kurse anbietet und globale Verbindungen über Kontinente hinaus schafft.

„Uns hat gestört, dass in den Line-ups kaum Frauen zu finden waren. 2016 oder 2017 waren Frauen auf den nationalen Bühnen noch weniger präsent als heute. Es passierte oft, dass wir auf Partys die einzige weibliche DJ waren. Das hat uns dazu gebracht, unsere Kräfte zu vereinen, die Dynamik zu verändern und rein weibliche Line-ups zu schaffen. Wir wollen nationale und internationale Künstlerinnen unterstützen und dabei sichere Räume schaffen, sowohl für die Musikerinnen als auch fürs Publikum. So können wir uns frei entfalten und zusammen Spaß haben“, bemerken die Frauen von Womxn.

Mujeres Vinileras

Mixen im Dienste des Widerstands und aus Liebe zu den Klassikern. Schallplatten mögen vielleicht zu Sammlerobjekten geworden sein, aber sie produzieren immer noch einen einzigartigen Sound, ganz zu schweigen von den besonderen Skills, die man für eine gelungene Mischung an den Tag legen muss. Diesem Kollektiv gehören über 30 Frauen aus verschiedenen mexikanischen Bundesstaaten an. Sie wissen genau, was sie wollen. Welche Genres sind vertreten? Alle. Es gibt kein Schubladendenken, sie lassen sich von nichts und niemandem aufhalten, sondern einfach von der Musik leiten.    

„Wir haben aus der Notwendigkeit heraus gehandelt, andere Frauen kennenzulernen, die sich für Platten interessieren, Sammlerinnen und solche, die Musik zusammentragen, auswählen, mit anderen Frauen zusammen auflegen und mit ihnen dazulernen möchten. Wir wollen einen Safe Space errichten, voneinander lernen, unser Wissen teilen und die Zusammenarbeit stärken. Für uns persönlich ist es besonders wichtig, andere Frauen zu unterstützen, Gemeinschaft zu schaffen und einmal erschlossene Räume auch in Zukunft zu erhalten“, erklären Jennifer und Estrella von den Mujeres Vinileras.

Chingona Sound

Chingona_Sound_Logo Chingona Sound Logo | © Chingona Sound Der Lautstärkeregler ist bis zum Anschlag hochgedreht und sie tanzen und singen, innig verbunden über das Sound System. Zu Chingona Sound gehören Audio Engineers, Tontechnikerinnen, Künstlerinnen, Produzentinnen, DJs und Organisatorinnen, die nichts fürchten und eigene Räume bevölkern. Der Austausch von Wissen schafft Wechselwirkungen und einen starken Zusammenhalt mit anderen Frauen, wie etwa den Musas Sonideras, die ein weiteres Beispiel für kollektive Solidarität und gegenseitige Unterstützung darstellen.

„Chingona Sound ist angesichts der Ungleichheit hinsichtlich der Inklusion, Vergütung und Behandlung von Frauen in der Musikbranche entstanden. Wir sind ein feministisches Netzwerk, arbeiten zusammen und tauschen uns über unsere Erfahrungen in Sachen Audio und Musik aus. So unterstützen wir uns gegenseitig und legen dabei Wert auf eine offene Kommunikation und gelebte Kreativität“, kommentiert Zay von Chingona Sound.
 

Dies sind lediglich vier Beispiele für großartige Elektro-Kollektive, die nun schon seit einigen Jahren unter der Flagge der Freundschaft und des Zusammenhalts daran arbeiten, die Tanzfläche zu einem sicheren Raum zu machen.

Denn ja, auch die Tanzfläche ist ein politischer Raum, ein Ort des Widerstands, an dem verschiedene Narrative zusammenfließen und an dem wirklich alle willkommen sind, ganz egal, welche Musikrichtung sie bevorzugen. Auf diese Weise werden täglich neue Räume eröffnet, in denen Horizonte erweitert und ein Echo geschaffen wird, bis wir die Sicherheit und Anerkennung gewinnen, die wir brauchen und verdienen. 

Zusätzlich zu diesen Kollektiven gibt es zum Beispiel noch die Projekte DJs Mexicanas und Sonoridad (angeführt von Karina Cabrera), welche die künstlerischen Projekte von Frauen aus ganz verschiedenen Musikgenres sichtbarer machen wollen, sowie das Oris Label, dessen Mitglieder ausschließlich Frauen und  LGBTTIQ+ Menschen sind und die sich darauf spezialisiert haben, mexikanische und lateinamerikanische Projekte zu unterstützen. Denn die Zeit der Stille ist nun vorbei.

Wir tanzen, um uns frei zu fühlen. Wir tanzen gemeinsam, immer weiter, ums Feuer herum.

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