Zehn Aspekte, die du bei der Planung von Veranstaltungen zu Fake News keinesfalls auslassen darfst
Du planst eine Veranstaltung zu den Themen Desinformation, Fake News oder Deepfakes? Großartig – wir gratulieren dir zu dieser Entscheidung und ermutigen dich von Herzen, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Im Folgenden findest du zehn Empfehlungen, die dir bei der Planung eines solchen Bildungsangebots helfen können.
Von Piotr Henzler
Worum solltest du dich im Vorfeld kümmern, damit die Veranstaltung sowohl für dich als auch für die Teilnehmenden ein Erfolg wird? Im Grunde um alles. Das ist jedoch nicht möglich. Sieh dir deshalb die zehn Empfehlungen an, die wir für dich zusammengestellt haben. Prüfe, welche davon für dich selbstverständlich sind, woran du ohnehin immer denkst und wo der Schwerpunkt in naher Zukunft liegen sollte.
1. Ziele der Veranstaltung klar definieren
Warum organisierst du überhaupt eine Bildungsveranstaltung rund um Fake News? Bevor du konkrete Aktivitäten planst, überlege, ob du die Kenntnisse der Teilnehmenden über verschiedene Manipulationsformen erhöhen willst, ob es dir wichtiger ist, dass sie Materialien effizient auf ihre Glaubwürdigkeit analysieren, oder ob du erreichen möchtest, dass sie aufmerksamer und vorsichtiger reagieren, wenn sie auf potenziell falsche Informationen stoßen.Formuliere die Ziele so, dass sie eine Veränderung bei den Teilnehmenden sichtbar machen. Und stelle sicher, dass diese Ziele realistisch erreichbar sind (Zusammensetzung der Gruppe, verfügbare Zeit, deine Kompetenzen). Gehe nicht davon aus, dass du mit einer einzelnen Einheit von ein oder zwei Stunden das Leben dieser Menschen veränderst. Du kannst jedoch ihr Wissen vertiefen, ihre Fähigkeiten ausbauen und sie für die Präsenz von Fake News sensibilisieren. Behalte diese Ziele bei der Ablaufplanung stets im Blick: Prüfe, ob jede geplante Aktivität euch der Zielerreichung näherbringt.
2. Präzisieren, für wen du die Veranstaltung planst
Wer sind die Personen, die an der Veranstaltung teilnehmen? Sind sie für Grundlagenwissen bereit, oder kannst du ihnen ein Angebot auf „fortgeschrittenem“ Niveau machen?? Handelt es sich um den ersten Kontakt mit dem Thema Fake News und Desinformation (dann braucht es Zeit für die Einführung, die Klärung zentraler Begriffe und die Darstellung der Risiken), oder ist die Gruppe bereits vertraut, sodass ihr auch auf die Praxis konzentrieren könnt, und etwa mit fortgeschrittenen Methoden der Materialanalyse arbeiten? Prüfe, ob es vielleicht sinnvoll wäre, Deepfakes mit Online-Anwendungen zu analysieren (das setzt technisches Selbstvertrauen und ausreichende Zeit voraus), oder ob es besser ist, sich auf einfachere, weniger voraussetzungsvolle Aktivitäten zu konzentrieren.Und geh nicht automatisch davon aus, dass du mit älteren Menschen Technik vermeiden solltest, während bei jüngeren die Nutzung von Technologie die beste Option wäre. Beide Annahmen können sich als falsch erweisen.
3. Beispiele sorgfältig auswählen
Menschen mögen Konkretes und möchten spüren, dass das Thema, mit dem sie sich beschäftigen, wichtig und ihnen nah ist. Spektakuläre Fakes aus den USA mit Elon Musk oder dem Papst sind zwar eindrucksvoll, aber prüfe, ob es auch lokale Beispiele gibt. Beispielsweise aus der Stadt oder Region, mit „Mikro-Prominenz“ oder zielgruppennahe Themen (Seniorinnen und Senioren, Jugendliche). Solche Fälle erhöhen die Relevanz, bergen aber auch Risiken (siehe Punkt 4).4. Bei gruppennahen Beispielen Vorsicht walten lassen!
Informationen, die die Teilnehmenden persönlich betreffen, können Emotionen auslösen und den Ablauf stören. Stell dir vor, du nimmst als Fallbeispiel ein Material, das behauptet, die Generation Z sei faul, wolle nicht arbeiten und denke nur an ihr Wohlbefinden. Erstens lassen sich solche Inhalte leicht finden. Zweitens sind solche Schlüsse nicht auf eine ganze „Generation“ übertragbar – und ebenso wenig ausschließlich auf „die Jungen“ zu verengen, auch wenn es entsprechende Haltungen gibt. Wenn im Raum Vertreter:innen dieser Generation und Ältere sitzen, die diese Ansicht teilen, kann es passieren, dass statt einer nüchternen Glaubwürdigkeitsanalyse eine ideologische Debatte über die Haltung einer bestimmten Generation entsteht.5. Für eine gute Atmosphäre bei der Bildungsveranstaltung sorgen
Die Teilnehmenden benötigen nicht nur Fachwissen, sondern auch geeignete Lernbedingungen. Dazu zählt ein Sicherheitsgefühl (niemand sollte Angst haben, Fragen zu stellen oder von eigenen „Fehlgriffen” im Umgang mit Fake News zu berichten) sowie ein Gemeinschaftsgefühl, also eine Verbindung zu den anderen im Raum. Nimm dir deshalb zumindest kurz Zeit für ein gemeinsames Kennenlernen oder dafür, den gemeinsamen Zweck sichtbar zu machen. Sorge außerdem für abwechslungsreiche Aktivitäten (nicht nur Vortrag, sondern z. B. Einzel- oder Gruppenarbeit mit Verifikationstools oder eine gemeinsame Übung, in der eine „glaubwürdige Fake News“ konstruiert wird) sowie für eine sichtbare Belohnung: nicht nur „Wissen über Fake News“, sondern konkret „Du wirst künftig leichter erkennen können, ob eine Information wahr ist oder nicht.“6. Methodenvielfalt einplanen
Gestalte die gesamte Veranstaltung auf jeden Fall nicht so, dass du zunächst sprichst, dann Fragen stellst und schließlich alles zusammenfasst. Geringe Methodenvielfalt führt zu Monotonie, sinkendem Engagement und dem Risiko, dass einige Teilnehmende wenig lernen. Wenn du es noch nicht nutzt, greife auf erfahrungsbasiertes Lernen (den sogenannten Kolbs Lernzyklus) oder andere didaktische Ansätze zurück, die hohe Aktivität auf Seiten der Teilnehmenden vorsehen, an deren Erfahrungen anknüpfen, Raum für Reflexion eröffnen und dazu ermutigen, neue Erkenntnisse und Fähigkeiten ins wirkliche Leben zu übertragen.7. Nicht zu viel vornehmen
Ich weiß nicht, wie lange deine Veranstaltung dauern wird, aber die Wahrscheinlichkeit, dass du mehr als zwei Stunden Zeit hast, ist vermutlich gering. Zwei Stunden (oder weniger) reichen nicht aus, um alles zu behandeln. Überlege dir bei der Planung, was dir am wichtigsten ist: die Einführung in das Thema? Die Veranschaulichung, wie leicht man auf Fake News stößt, woher sie kommen oder warum wir an sie glauben? Oder die Erkennung falscher Informationen? Vielleicht hast du auch eine fortgeschrittene Gruppe, mit der du die Analyse von Deepfakes vertiefst. Achte darauf, nicht zu viel in das Programm einer einzigen Sitzung zu packen und bedenke, dass du mehrere Termine ansetzen kannst.8. Keine Angst schüren
Die Beschäftigung mit Fake News kann zu berechtigten Ängsten führen: sich täuschen zu lassen, Geld zu verlieren oder in den eigenen Entscheidungen beeinflusst zu werden. Und ja, Daten bestätigen, dass wir uns von falschen Informationen blenden lassen. Sorge deshalb dafür, dass die Teilnehmenden die Veranstaltung nicht mit der Überzeugung verlassen, die Welt sei schlecht und sie hätten keinerlei Chancen. Sie sollen das Gefühl haben, dass es zwar zahlreiche Risiken gibt, wir ihnen aber mit geeigneten Maßnahmen begegnen können. Beende die Veranstaltung mit einer Zusammenfassung, die konkrete Ideen umfasst, wie man mit Fake News umgeht und was jede einzelne Person tun kann, um nicht in die von deren Urhebern gestellten Fallen zu tappen. Schließe mit einer konstruktiven und stärkenden Abschlussbotschaft.9. Inhalte solide vorbereiten
Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht immer. Du musst nicht alles zu diesem Thema wissen. Aber wenn du schon über etwas sprechen willst, sollten deine Kenntnisse über das Gesagte hinausreichen.. Wenn du eine Anwendung zur Erstellung oder Erkennung von Deepfakes präsentierst, probiere sie vorher selbst aus. Wenn du Zahlen nennst, nenne die Quellen. Und wenn du dir bei etwas unsicher bist, dann gib das zu, statt so zu tun, als wüsstest du es.10. Daran denken, dass du ein Mensch bist
Das bedeutet: Du kannst nicht alles vorhersehen. Sei offen für unterschiedliche Szenarien und rechne damit, dass dich die Teilnehmenden überraschen.Ist das alles, woran man denken sollte? Wahrscheinlich nicht. Wenn du aber diese zehn Empfehlungen im Blick behältst, werden deine Veranstaltungen zum Thema Fake News besser vorbereitet sein und du wirst selbstsicherer, wenn du den Raum betrittst. Viel Erfolg!
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