Performativer Vortrag Szymon Adamczak: Abschied von der Verschwiegenheit. Bob Mellors in Warschau (1991-1996)

Unsere queere Geschichte. Vortrag © Goethe-Institut | Lech Rowiński

Vortrag:
9.12.2021, 16:00-17.30

Workshop:
11.12.2021, 16.00-18.00

Warschau

Vortrag
9.12.2021, 16:00-17.30
STUDIO teatrgaleria, Modelatornia
Pl. Defilad 1
Warschau

Workshop
11.12.2021, 16.00-18.00
Goethe-Institut
ul. Chmielna 13a
Warschau
Bei der  Veranstaltung in der Bibliothek des Goethe-Instituts gilt die 3G-Regel (Geimpft, Genesen, Getestet). Zugang erhalten nur Personen mit einem gültigen Covid-Zertifikat.

Teilnahme an dem Workshop nach Registrierung:
info-warschau@goethe.de



Bob Mellors, ein zwanzigjähriger Student der London School of Economics, angeregt durch einen Zeitungsartikel, reist 1970 in die USA, um sich über die Schwulenbewegung zu informieren, die mit den Unruhen um Stonewall Inn in New York begann. Nach seiner Rückkehr nach Großbritannien gründete er zusammen mit einem anderen Briten, Aubrey Walter, im Universitätskeller einen lokalen Zweig der Gay Liberation Front (Europe). Ziel dieser dezentralen Organisation war es, der Unterdrückung von nicht-heteronormativen Menschen zu Hause, in der Schule und am Arbeitsplatz entgegenzuwirken. Der 50. Jahrestag der Pionierarbeit der GLF im Jahr 2021 erinnert an die zentrale Rolle der Bewegung bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung von LGBTQ+ Menschen im Vereinigten Königreich.

Bob Mellors, der aus Nottingham stammt, der Stadt, die durch die Legende von Robin Hood berühmt geworden ist, war nicht an einer Führungsrolle oder politischen Aufgabe interessiert. Vielmehr könnte man sagen, dass er die Ideale der Queer Liberation mit seinem ganzen Leben verkörpert hat. Aus den Erinnerungen seiner Freunde werden seine Großzügigkeit gegenüber anderen und die Erkundung seiner eigenen Identität und seines äußeren Erscheinungsbildes außerhalb der binären Besetzung deutlich.

1991 zieht Mellors, der Esperanto lernt und sich in die Polen verliebt, nach Warschau. Nach der Wende wurde Polen zu einem Zufluchtsort für Bob, der des Thatcherismus überdrüssig war und der Kommerzialisierung des Alltags im Westen kritisch gegenüberstand. In Polen, das sich nach Kontakten mit der Welt sehnte, fand er schnell eine Anstellung als Englischlehrer, der unter anderem den Schauspielern des Musicals "Metro" die Aussprache beibrachte. Fasziniert von Osteuropa, dokumentierte er Szenen aus dem Leben polnischer Homosexueller, die für die Öffentlichkeit unsichtbar waren und deren aufmerksamer Zeuge er war. Seine Aufzeichnungen, auch über seine eigenen Erlebnisse und Beziehungen, sind eine außerordentlich wertvolle Quelle für das Wissen über den Alltag und die Probleme nicht-heteronormativer Menschen jener Zeit. Im Jahr 1996 wurde er tot in seiner Wohnung aufgefunden, und die Hintergründe dieses Mordes sind noch immer nicht geklärt.

Die Erinnerung an Bob Mellors wird durch die Bemühungen seines Freundes Andrew Lumsden, eines langjährigen Mitglieds der Gay Liberation Front UK, bewahrt. Auf der Grundlage eines persönlichen Archivs mit Notizen und Fotos, das mir ein befreundeter Aktivist und Schriftsteller zur Verfügung gestellt hat, habe ich im März 2021 in Warschau eine (künstlerische) Untersuchung von Bobs Leben und Tod begonnen. (Szymon Adamczak)

Artikel über Bob Mellors [OKO.Press, 24.3.21]


Szymon Adamczak (geb. 1991 in Poznań) ist ein Dramatiker und Autor im Bereich der darstellenden Künste, Absolvent des DAS-Theaters, Amsterdam und Teilnehmer am THIRD-Programm an der DAS Graduate School sowie Dramaturg im Theater STUDIO in Warschau. Er arbeitet sowohl mit öffentlichen Einrichtungen als auch mit unabhängigen Künstlern aus verschiedenen Bereichen zusammen. In seiner künstlerischen Praxis verbindet er poetische Vorstellungskraft, visuelle Sensibilität und soziales Engagement. Er hat ein großes Interesse an HIV-bezogener Kultur und queerem Erbe im weitesten Sinne. In Zusammenarbeit mit der Warschauer Biennale leitet er die Forschungsplattform „Polish EIDS“ und ist im Rahmen von DAS Research Co-Leiter von IPOP, einem Studio für Queer-Performance-Pädagogik. Er lebt in Amsterdam und arbeitet als Freiwillige bei der HIV Vereniging, einer Organisation für Menschen mit HIV.

Partner: Studio teatrgaleria



 Medienpartner:
Queer.pl
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