Interviews mit Frauen aus der Gamingindustrie
Interview mit Johanna Janiszewski: „Ja! Überraschung! Frauen können das auch.“

Tiny Crocodile Studio
Tiny Crocodile Studios UG

Trotz zahlreicher sexistischer und diskriminierender Erfahrungen in der Gamingindustrie hat Johanna Janiszewski nicht aufgegeben und ihr eigenes Studio „Tiny Crocodile Studios“ gegründet.
Schon seit ihrer Kindheit hat sie sich für Spiele und Programmieren interessiert, jedoch zunächst Landschaftsarchitektur studiert, da es keine passenden Studiengänge für Gamedesign gab. Als sie dann ihren ersten Job als Game-Designerin bekam, war klar, dass sie diese Karriere verfolgen möchte und gründete 2016 mit ihrem Ehemann Mario ihr eigenes Studio.
Das erste veröffentlichte Spiel erhielt den Deutschen Computerspielpreis für das beste Kinderspiel, seitdem sind zahlreiche weitere familienfreundliche Spiele entstanden.
2019 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Unity für Dummies“.  Neben der Arbeit als Geschäftsführerin bietet sie auch Workshops an, in denen sie Kindern und Jugendlichen die Basics der Spieleentwicklung beibringt.

 

Liebe Johanna Janiszewski, können Sie uns kurz etwas über Sie erzählen?

Ich bin 36 Jahre alt und habe mein Unternehmen „Tiny Crocodile Studios“ vor sechs Jahren gemeinsam mit meinem Mann Mario gegründet. Ich liebe es, Charaktere, Geschichten und Spielideen zu erfinden. Schon in meiner Kindheit, z.B. im Kindergarten und beim Spielen mit meinen Geschwistern habe ich mir Spiele ausgedacht, die wir gemeinsam gespielt haben. Das waren damals natürlich noch keine digitalen Spiele. Meine ersten Programmiererfahrungen habe ich mit 14 Jahren im Unterricht gemacht – und natürlich habe ich sie gleich dazu benutzt, kleine Spielereien zu programmieren! Ich entdecke gern neues, zum Beispiel probiere ich gern neue Rezepte aus, oder lerne eine neue Nähtechnik – in meiner Freizeit lerne ich nämlich gerade das Nähen von Kleidungsstücken.


Wieso haben Sie sich für die Gaming Industrie entschieden und wie sind Sie darauf gekommen, Ihr eigenes Game Studio aufzubauen?

Seit ich mit 14 meine ersten Erfahrungen mit dem Programmieren gemacht habe, hat mich das Entwickeln von digitalen Spielen nicht mehr losgelassen. Viele Jahre habe ich das als Hobby betrieben. Ich habe Landschaftsarchitektur studiert, aber schnell gemerkt, dass ich viel lieber an meinem eigenen Spiel gebastelt habe, als für das Studium zu lernen. Da war mir klar, dass ich auch professionell Spiele entwickeln wollte. Damals gab es noch kaum Studiengänge zur Spieleentwicklung und ich wusste bei meiner Studienwahl noch gar nicht, dass das auch eine Karrieremöglichkeit sein kann. Mein eigenes Studio wollte ich gründen, da mir einiges an meinem Arbeitsplatz nicht gefallen hat. Die meisten Kolleg*innen waren super nett und ich bin auch noch mit einigen befreundet, aber ich hatte sexistische Chefs und auch die Spiele an denen wir gearbeitet haben, haben Frauen nicht so dargestellt, wie ich es mir gewünscht hätte. Außerdem dachte ich mir – wenn andere das können, dann kann ich das auch!

Hatten Sie zu Beginn Ihrer Karriere Mentorinnen oder Frauen in der Branche, die Sie inspiriert haben?

Leider nein. Der Frauenanteil war damals noch viel geringer als heute und Frauen in Führungspositionen kannte ich erst recht keine.

Sie sind CEO von „Tiny Crocodile Studios“. Was lieben Sie an Ihrem Job und was ist der schwierigste Teil Ihres Jobs?

Als Geschäftsführerin kann ich entscheiden, wie und woran wir arbeiten. Das gefällt mir, aber es ist natürlich auch viel Verantwortung. Ich glaube das schwierigste ist es, dass ich jetzt vor allem organisatorische Aufgaben habe, aber meine Kreativität trotzdem noch ausleben möchte. Ich kann nicht ausschließlich trockenen Papierkram machen, ich brauche den kreativen Ausgleich.

Welche Arten von Spielen mögen Sie? Haben Sie ein Lieblingsspiel?

Ich mag vor allem Point & Click Adventures, Jump & Run Platformer und Survival Games, sowie gemütliche Spiele zum Abschalten. Ein einzelnes Lieblingsspiel habe ich nicht, denn es gibt so viele tolle Spiele! 
Könnten Sie sich mit irgendeiner weiblichen Figur identifizieren, wenn ja, mit wem?

Ich nehme an, hier ist eine weibliche Spielfigur gemeint? Na, um ehrlich zu sein identifiziere ich mich inzwischen sehr mit Käpt’n Tessa, der Heldin unseres ersten Spiels, Monkey Swag. Ich hatte zwar gar nicht vor, mich selbst als Hauptperson im Spiel zu verkörpern, aber ich glaube, es ist mir aus Versehen doch passiert, ups!

Haben Sie sich jemals in dieser Branche diskriminiert gefühlt?

Ja, leider sehr oft. Sowohl von Kollegen, als ich noch als Angestellte gearbeitet habe, aber auch jetzt als Geschäftsführerin. Als Frau wird man irgendwie nicht so ernst genommen und Männer sind überrascht, wenn ich ihnen erzähle, dass ich ein Spielestudio leite. Ja. Überraschung. Frauen können das auch.

Was möchten Sie einer neuen Generation von Frauen in der Gaming-Branche hinterlassen? Haben Sie eine Botschaft für Mädchen, die eine Karriere in der Gaming-Branche starten möchten?

Ihr müsst nicht wie Männer sein, um Stärke zu zeigen. Ihr seid auf eure Weise stark, jede ganz individuell. Findet das, was euch besonders macht! Wartet nicht höflich, bis euch jemand was „vom Kuchen“ anbietet. Greift mit beiden Händen in den Kuchen und nehmt euch was. Und, ganz wichtig – engagiert euch und helft auch anderen Frauen und Mädchen in der Branche!
 

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