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Deutsche Welle
Kunst von unten: Lifehacks deutscher Künstler

Wie funktionieren nichtkommerzielle Kunsträume in Köln, Berlin oder Leipzig? Ein Gemeinschaftsprojekt des Goethe-Instituts und des Moskauer Museums MMOMA gibt Einblicke in die Erfahrungen deutscher Künstler.
 

Von Elina Ibragimowa

„Simultanhalle“ in Köln „Simultanhalle“ in Köln | . Am Samstag, den 16. Dezember, eröffnet im neuen Bildungszentrum des Moskauer Museums für Moderne Kunst (MMOMA) das Projekt „Raum für Kunst“, ein Gemeinschaftsprojekt des Museums mit dem Goethe-Institut Moskau. Vorgestellt werden nichtkommerzielle und selbstorganisierte Kunsträume aus verschiedenen deutschen Regionen.

Kunst lebt – hier und jetzt

Konkret sind es drei Kunsträume, die hier im Laufe eines Jahres präsentiert werden: „Simultanhalle“ aus Köln, „District“ aus Berlin und „D21“ aus Leipzig. Diese Wahl ist kein Zufall: die Kuratoren von „Raum für Kunst“ suchten insbesondere nach jungen Künstlern, denn sie sind es, die die Tagesordnung der Kunst von morgen bestimmen.

Anna Schurba, Projektleiterin des MMOMA, erklärt, dass unabhängige Kunsträume sich vor allem dadurch von Museen unterscheiden, dass sie auf Initiative der Künstler selbst entstehen – quasi „von unten“. „Diese Räume streben gar nicht danach, Museen zu werden. Sie sind Bühne für Experimentelles, auf der auch ungewöhnliche Strategien ausprobiert werden können“, sagt sie in einem Interview mit der Deutschen Welle (DW).

„District“ in Berlin steht auf dem Gelände einer ehemaligen Malzfabrik „District“ in Berlin steht auf dem Gelände einer ehemaligen Malzfabrik | . Den Kuratoren war es wichtig, kleine, unabhängige Räume zu zeigen, da genau darin ein lebendiger Kunstprozess stattfindet. Das MMOMA und das Goethe-Institut wollten zeigen, wie Kunst entsteht. „Die Ausstellung eines bekannten Künstlers in einem Museum ist Teil des Ergebnisses langwieriger Arbeit. Wir begreifen, dass ein Künstler sich weiterentwickelt, doch die kleinen, unabhängigen Räume zeigen uns, dass Kunst hier und jetzt lebendig ist.“ betont Anna Schurba.

Die Kuratorin ist überzeugt, dass sich russische Künstler dafür interessieren, wie deutsche nichtkommerzielle Kunsträume funktionieren. Sie erklärt, dass es in Russland im Gegensatz zu Deutschland kein hochentwickeltes System von Zuschüssen und städtischen Fördermitteln für diese Art von Kunstprojekten gibt. Kunsträume werden ganz konkret von Menschen aus eigenen Mitteln und auf eigene Initiative gegründet. Oft sind sie Druck von außen ausgesetzt. „In Russland sind Kunsträume ganz real viel angreifbarer“, betont Anna Schurba. Das Projekt „Raum für Kunst“ hat nicht direkt zum Ziel, russischen Künstlern zu zeigen, wie sie unabhängige Projekte aufbauen sollen, doch der eine oder andere Lifehack dafür ist durchaus dabei.

Verschiedene Organisationsmodelle

Astrid Wege, Leiterin für Kulturprogramme des Goethe-Instituts Moskau, erklärte DW, dass bei der Auswahl der Projekte ihre Unabhängigkeit von großen Museen ein wichtiges Kriterium war. Ebenfalls wichtig war den Kuratoren, wie die Häuser ihre Arbeit organisieren und wie sie ihre Finanzen regeln.

In der „Simultanhalle“, einem Kunstraum am Rande von Köln, besprechen die Künstler ihr Programm z. B. gemeinsam und treffen die nötigen Entscheidungen im Team. „D21“ in Leipzig ist dagegen hierarchisch aufgebaut. Auch in der Art der Finanzierung gehen deutsche unabhängige Kunsträume verschiedene Wege. Die Kuratorin vom Goethe-Institut weiß zu berichten, dass die „Simultanhalle“ ihr Geld zum Teil von der Stadt Köln erhält, während der Berliner Raum „District“ einen Sponsor hat. „Er stellt den Künstlern den Raum für Ausstellungen kostenlos zur Verfügung und bezahlt dem Hauptkurator sogar ein Gehalt“, erklärt Astrid Wege. Zudem fließen private Spenden von Bürgern der Stadt in das Projekt.

Simultanhalle: Erfahrungen aus Köln

Mit den Künstlern der „Simultanhalle“ beginnt das Moskauer Projekt „Raum für Kunst“. Ihre Präsentation ist in drei Etappen eingeteilt, jeweils unter der Leitung anderer Künstler.

Dennis Brzek  und Morgaine Schäfer Dennis Brzek und Morgaine Schäfer | .
Dennis Brzek und Morgaine Schäfer betreuen die erste Etappe. „Wir richten einen Raum mit Bühne ein, ähnlich wie unser Raum in Köln. So entsteht eine Verbindung zwischen den beiden Städten“, erklärt Dennis Brzek.

Die Kölner Künstler berichten, dass die „Simultanhalle“ aus einem immer wieder wechselnden Team von etwa sieben bis neun Personen besteht. „Wir treffen uns einmal im Monat, verteilen Aufgaben und wählen aus, wer welche Ausstellung kuratiert“, erzählt uns Morgaine Schäfer. Dennis Brzek fügt hinzu, dass das Budget der „Simultanhalle“ zwar klein ist, doch haben die Künstler hier die Möglichkeit, ihre Arbeiten ohne große finanzielle Investitionen einem Publikum zu präsentieren.

Frauenpower

Ebenfalls im Dezember stellt das Bildungszentrum des MMOMA die Arbeiten von drei Künstlerinnen der „Simultanhalle“ aus. So soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass dieses dem Experimentellen gewidmete Haus von einer Frau gegründet wurde. „Eva Janošková, damals Prager Studienabsolventin, kam 1979 nach Deutschland. Sie nennt die ‚Simultanhalle‘ ihr Geschenk an die Kölner Gesellschaft dafür, dass diese sie aufgenommen hat“, erklärt Dennis Brzek. Morgaine Schäfer ergänzt, dass das Thema moderner weiblicher Kunst sich auch deswegen anbiete, weil ihnen auf ihrer ersten Reise nach Moskau so viele interessante Frauen begegnet seien, die sich mit Kunst beschäftigen. „Auch das verbindet die Städte“, sagt die Künstlerin.

Das Programm „Raum für Kunst“ bietet seinen Besuchern nicht nur Ausstellungen, sondern auch Performances, Filmvorführungen und Diskussionen. Bis zum 11. März 2018 werden hier Arbeitsweise und Projekte des Kölner Kunstraums „Simultanhalle“ präsentiert. Danach ist die Reihe an „D21“ aus Leipzig und „District“ aus Berlin, sich dem Publikum vorzustellen.
 
 

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