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Reisen
Von München bis Berlin: eine Tour durch Deutschlands unkonventionelle Museen

Weihnachtsmuseum
© Deutsches Weihnachtsmuseum

Wenn ihr ein paar Wochen Zeit habt und euren Urlaub keinesfalls mit einer endlosen Reihe von „Must visits“ verbringen wollt, dann macht doch die hier vorgeschlagene Tour durch Deutschlands unkonventionelle Museen. 14 Städte, zehn einzigartige Orte und 2500 Kilometer hammergute Autobahn.
 

Von Ekaterina Perminova

Als Ausgangspunkt sollte man München wählen – denn das wird von etwas mehr als 200 Städten aus allen Kontinenten angeflogen. Wenn für euch das Abenteuer mehr im Vordergrund steht als ein paar Annehmlichkeiten, könnt ihr Billigflieger nutzen und hier deutlich Kosten einsparen. Nehmt euch, nachdem ihr die Münchener Sehenswürdigkeiten – den Marienplatz mit dem Neuen Rathaus und die mechanischen Tanzfiguren auf der Spieluhr, die alte Peterskirche, das BMW-Museum und bayrische Würstchen – bewundert habt, einen Leihwagen, und auf geht´s zu einem spannenden Kultur-Roadtrip.
 
Als erstes solltet ihr in Rotenburg ob der Tauber Weihnachtsatmosphäre schnuppern. Man sagt, dass sie hier nie vergeht. Erstens, weil sich in der Stadt die Hauptfiliale und der Geschäftssitz der Firma „Käthe Wohlfahrt“ befinden, die weihnachtliche Spielzeuge und Weihnachtsschmuck herstellt – die märchenhafte Ware wird nach Europa, England und die USA verkauft. Und zweitens, weil es hier ein Weihnachtsmuseum gibt.

Weihnachtsmuseum

https://www.weihnachtsmuseum.de
Adresse: Herrngasse 1, 91541 Rothenburg ob der Tauber
Öffnungszeiten: von 10 bis 17 Uhr (1. April bis zum 23. Dezember), von Januar bis März, an Weihnachten und Neujahr sind die Öffnungszeiten eingeschränkt – informiert euch auf der Website.
 
Der Gründer des Museums – Harald Wohlfahrt, Erbe des Spielzeug-Imperiums – hat Weihnachtsschmuck unterschiedlicher Epochen gesammelt und möchte alle Interessierten mit den deutschen Weihnachtsbräuchen vertraut machen. Die Umsetzung dieser Idee erforderte fast 20 Jahre, und erst im Jahr 2000 wurde die Dauerausstellung zusammengestellt und für das interessierte Publikum geöffnet. Wer Märchen liebt, an Zauberei glaubt und schneebedeckte Lebkuchenstädte mag, wird an diesem Museum seine Freude haben.
 
Drei Stunden weiter, und ihr seid im Städtchen Furth im Wald direkt an der Grenze zu Tschechien. Schaut euch, bevor ihr hinfahrt, noch einmal die letzte Staffel von „Games of Thrones“ an, um die berühmte Location auch in vollem Maße würdigen zu können.

Drachenhöhle

http://www.further-drache.de/
Adresse: Eschlkamer Straße 10 a, 93437 Furth im Wald
Öffnungszeiten: 10.30-16.00 Uhr an Wochentagen, Samstag 10.30-13.00 Uhr
  Drachenmuseum © Andreas Mühlbauer Das bedeutendste Exponat, ein Drache namens „Tradinno“, wurde von Hollywood-Spezialist*innen erschaffen. Er kann vorwärtsschreiten, seinen Kopf drehen und sogar Feuer spucken. Für seine Ausmaße – 15,50 Meter Höhe bei einem Gewicht von elf Tonnen – wurde Tradinno ins Guiness-Buch der Rekorde eingetragen.
 
Das Drachenmuseum wurde nicht zufällig in Furth im Wald eröffnet. Jährlich finden hier im August die Drachenstich-Festspiele statt, bei denen historische Ereignisse rekonstruiert werden. Natürlich ist der wichtigste Protagonist ein feuerspeiendes Monster, das den Feind symbolisiert und von den Verteidigern der Stadt niedergerungen wird. Den Rest des Jahres verbringt der Drache in seiner Höhle – dem Museum.

In der Stadt Zwickau kann man wiederum die Gründungsgeschichte von Audi kennenlernen und Retro-Automobile bewundern. Ihr wisst wahrscheinlich, dass das Audi-Imperium genau hier, in Sachsen, entstanden ist. In dem Gebäude des Werks, wo der erste Audi gebaut wurde, hat man nach und nach ein Museum errichtet. Die Ausstellung erzählt von der Geschichte der Firma und vom Leben ihres Gründers bis zum Zweiten Weltkrieg. 

August Horch Museum

http://www.horch-museum.de
Adresse: Audistraße 7, 08058 Zwickau
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 9.30 bis 17.00 Uhr
 
Das Museum birgt unter seinem Dach Hunderte seltener Exponate, darunter nicht nur Automobile. Man kann hier auch das (bescheidene und einfache) Büro des Firmengründers besichtigen, technische Gerätschaften, Reklameplakate und Dokumente. Die Rosinchen der Ausstellung sind natürlich die Retro-Autos.
 
Wenn ihr von dieser erfolgreichen Firmengeschichte begeistert wart, dann versäumt es auch nicht, euch die Geschichte einer zweiten deutschen Legende anzuschauen: die der Marke Levi’s. Das Museum ihres Gründers, Levi Strauss, befindet sich in Buttenheim in der Nähe von Nürnberg. Und das wiederum liegt genau auf dem Weg in die nächste größere Stadt.

Levi-Strauss-Museum

http://www.levi-strauss-museum.de/
Adresse:  Marktstraße 31-33, 96155 Buttenheim
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag von 14 bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr. An Weihnachten und Neujahr geschlossen.
  Levi Strauss © Geburtshaus Levi Strauss Museum Die bayrische Stadt Buttenheim ist die Heimat von Levi’s. Hier ist der „Vater der Jeans“, Levi Strauss, geboren und aufgewachsen. Dass Strauss die ersten 18 Jahre seines Lebens in Buttenheim verbracht hatte, kam fast schon zufällig ans Tageslicht. Die Gemeinde kaufte daraufhin sein Elternhaus auf, restaurierte es und eröffnete ein Museum. Bewaffnet mit einem Audioguide könnt ihr durch die Zimmer gehen, in denen der Erfinder der berühmtesten Hosen der Welt einst lebte und träumte.
 
Aus Deutschland abzureisen, ohne Frankfurt am Main gesehen zu haben, ist unmöglich. Der Römerberg mit dem Rathaus, die Museumsmeile und die ruhige Große Hirschgraben-Straße, in der das wiedererrichtete Goethe-Haus steht, sind die entscheidenden Schlüssel zum Herzen der Stadt. Aber bleibt doch noch ein paar Stunden länger, um euch eine ungewöhnliche Ausstellung anzusehen.

Dialogmuseum

https://dialogmuseum.de
Adresse: An der Hauptwache B-Ebene, 60313 Frankfurt
Öffnungszeiten: Individuell
  Dialogmuseum Frankfurt © Dialogmuseum Frankfurt
In diesem Museum gibt es nichts zu sehen, aber zu fühlen. Um den Gästen nahezubringen und auf intensive Weise zu demonstrieren, dass wir alle unterschiedlich sind, versetzt man sie in eine absolute, undurchdringliche Dunkelheit. Die einzigen Hilfsmittel sind ein Blindenstock und ein sehbehinderter Guide. Die Ausstellung des Museums erzählt von einfachen Alltagssituationen, die für einen Menschen ohne Sehkraft zur Herausforderung werden. Die Führung ist kein Versuch, jemandem Angst zu machen oder ihn zu beschämen, sondern eine Möglichkeit, davon zu erzählen, wie Menschen um uns herum leben und aufzuzeigen, dass man bezüglich der Probleme Anderer aufmerksamer sein sollte.
 
Das Museum wurde Ende 2018 geschlossen, eröffnet aber Anfang 2020 unter neuer Adresse. Für einen Besuch muss man vorab unter info@dialogmuseum.de reservieren.
 
In der benachbarten Stadt Offenbach gibt es ebenfalls etwas zu sehen. Denn hier befindet sich das größte Schuhmuseum in Europa mit 15.000 Paar Schuhen, die von königlichen Amtsträge*innen und zeitgenössischen Fashion-Fans getragen wurden.

Austellung „Schuhe der Welt“ im deutschen Ledermuseum

https://www.ledermuseum.de/
Adresse: Frankfurter Str. 86, 63067 Offenbach am Main
Öffnungszeiten: Von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, außer an Weihnachten und Neujahr.
  Schuhmuseum © DLM, C. Perl-Appl Das Originalmuseum wurde im Jahr 1917 durch den Architekten Hugo Eberhardt gegründet. Die Wahl fiel nicht zufällig auf diesen Ort: Offenbach war eine blühende „Lederstadt“ mit vielen Werkstätten und Schuhdesigner*innen. Im Museum kann man heute ungewöhnliche wie klassische Lederprodukte betrachten – außerdem natürlich Schuhkollektionen. Und zwar Tausende Paare von unterschiedlichen ethnischen Gruppen: Sandalen römischer Legionäre, Halbschuhe venezianischer Kurtisanen, die Seidenstiefel der österreichischen Kaiserin.  Es gibt auch modernere Modelle zu sehen: zum Beispiel Turnschuhe, die aus recyceltem Plastik vom Meeresgrund hergestellt wurden.
 
Wenn ihr noch nicht vom Fahren und von den vielen Eindrücken genug habt, dann warten 200 Kilometer weiter die altehrwürdige Stadt Köln, das für seine Kunst und Modeindustrie bekannte Düsseldorf und die kleine Stadt Duisburg mit ihrem Antimuseum auf interessierte Reisende.

Museum Explorado

https://www.explorado-duisburg.de
Adresse: Philosophenweg 23-25, 47051 Duisburg
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 15-18 Uhr, Fr/Sa/So sowie in den Schulferien und an Feiertagen 10-19 Uhr
  Explorado © Explorado Duisburg 2019 In Deutschlands größtem Kindermuseum dürfen Kinder alles anfassen, denn die zahlreichen Stationen im Explorado sind zum Mitmachen gedacht. Experimentieren, Riechen, Verkleiden, Bauen – hier erforschen Kinder zwischen 4 und 12 Jahren unsere Welt spielend. „Mit Herz, Hand und Verstand“ ist das Motto auf 3.000 Quadratmetern und drei Etagen am Duisburger Innenhafen.
 
Der nächste Stopp ist Berlin. Von Duisburg trennen es 600 Kilometer und die Stadt Alfeld, in der sich ebenfalls aufgrund eines unkonventionellen Museums ein Besuch lohnt.

Schnarchmuseum

http://www.schnarchmuseum.de/
Adresse: Rabentalstraße 1, 31061 Alfeld-Langenholzen
Öffnungszeiten: Mittwoch, Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr
  Schnarchmuseum © Josef A. Wirth
Dreihundert Exponate demonstrieren, wie Menschen in unterschiedlichen Jahrhunderten gegen das Schnarchen angekämpft haben. Ein Teil der Exposition besteht aus den scharlatanhaften Erfindungen (Brillen, Masken und Nasenpflaster), von denen einige an Versuchsaufbauten erinnern: so gibt es zum Beispiel Lederriemen, die in der Hoffnung um das Kinn geschnallt werden, dass der Mund des Unruhestifters so geschlossen bleibt. Oder eine Ohrkerze, die es unmöglich macht, sich auf die Seite zu drehen. Joseph Alexander Wirt, der Betreiber des Museums und nebenamtlicher Schlafforscher, hat die Sammlung in jahrelanger Suche zusammengestellt: manches hat er über das Internet bestellt, anderes von seinen Patient*innen geschenkt bekommen.  
 
In Berlin kann man das Auto abstellen, sich das Brandenburger Tor, den Dom und die Berliner Mauer ansehen und sich ins Flugzeug nach Hause setzen. Für die ausgefuchstesten Reisenden und Fans unkonventioneller Orte gibt es aber noch ein paar Empfehlungen: die Fahrt mit Fährübersetzung nach Sierksdorf mit seinem Bananenmuseum und den Besuch des Archivs der verschwundenen Orte in Forst.

Bananenmuseum

https://www.facebook.com/bananenmuseum/
Adresse: Prof.-Haas-Str. 59, 23730 Sierksdorf
Öffnungszeiten: Gerade wird das Museum restauriert, aber merkt es euch auf jeden Fall vor und checkt die Facebook-Seite auf Neuigkeiten
 
Seit 1991 wird hier auf einer Fläche von 120 Quadratmetern alles gesammelt, was an Bananen erinnert: es gibt ein Sofa in Bananenform, einen Wohnwagen in Bananenform, eine Zahnbürste, eine Abdeckung mit Dämmschicht für die Tropenfrucht… alles begann als die Privatsammlung von Bernhard Stellmacher (unter dem Pseudonym Stelli Banana) und ist mittlerweile zu einem von der örtlichen Verwaltung unterstützten Museum mit 10.000 Exponaten angewachsen. Leider hat im vergangenen Jahr ein Feuer Teile der Ausstellung zerstört – die vierzigjährige Arbeit des Museumshüters. Da der Eintritt kostenlos ist, wurde zur Finanzierung der Restaurierung eine Spendenaktion gestartet.

Archiv der verschwundenen Orte

http://www.archiv-verschwundene-orte.de
Adresse: Horno / Rogow, An der Dorfaue 9 03149 Forst (Lusatia)
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 17 Uhr, jeden 1. und 3. Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr
  Braunkohle © Photo by Mika Baumeister on Unsplash Mehr als 25.000 Menschen wurden aufgrund von reichen Braunkohlevorkommen aus ihren Häusern zwangsumgesiedelt. Und das über einen Zeitraum von 100 Jahren hinweg in 137 deutschen Dörfern. Ein Teil dieser Orte liegt heute unter künstlich angelegten Seen, ein Teil wurde einfach dem Verfall überlassen, ein Teil zerstört. Die Gründer des Archivs haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an diese Orte wachzuhalten – man kann Fotografien der Dörfer aus alten Zeiten sehen und ihre Lage auf einer interaktiven Karte nachvollziehen.  
 
Man muss dazusagen, dass es in Deutschland noch etwa 200 andere Museen gibt, die aus der Sparte „traditionell“ herausfallen. Unsere Liste umfasst nur einen kleinen Ausschnitt einer solchen spannenden Tour. Die Reise mit noch mehr Inhalt zu füllen und eine richtige Museums-Expedition daraus zu machen, ist lediglich eine Frage von Neugier und Finanzen.  
 

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