Ehemaliges Deutsches Konsulat
Zu den historischen und baukünstlerischen Sehenswürdigkeiten von Saratow zählt zweifellos auch dieses einstöckige Gebäude: das ehemalige Deutsche Konsulat.
Von Prof. Dr. Sergey Terekhin, Prof. Dr. Olga Litzenberger
Zu den historischen und baukünstlerischen Sehenswürdigkeiten von Saratow zählt zweifellos auch diese Adresse. Das einstöckige Gebäude, das von der Straßenzeile auf das Grundstück zurückgesetzt und von mächtigen Kastanienbäumen verborgen ist, fällt nicht sofort auf. Doch es lohnt sich, einen Blick hinter die elegante schmiedeeiserne Einzäunung zu werfen, um ein seltenes und zugleich gut erhaltenes repräsentatives Bauwerk aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts zu betrachten.
Dieses Gebäude wurde gezielt für das Deutsche Konsulat errichtet.
Seine Gründung wurde angesichts aktiver Geschäfts- und Handelsbeziehungen dieser Region zu Deutschland beschlossen. Ein weiterer wichtiger Grund war die spezifische ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung: Hier lebten damals bereits über 400.000 Wolgadeutsche, und deren Leben hing unmittelbar von den Beziehungen beider Länder ab.
Die diplomatische Vertretung in Saratow wurde praktisch zeitgleich mit dem Gebäudekomplex für die Deutsche Botschaft in Sankt Petersburg (1911–1912) errichtet, deren Autor der bekannte deutsche Architekt und Designer Peter Behrens war. Eine Gedenktafel am Pfeiler der Einzäunung erinnert daran, dass die diplomatische Vertretung, die seit 1908 in Saratow tätig war, im Jahr 1913 hier einzog. Bald darauf brach der Erste Weltkrieg aus, und so blieb dem Konsulat nur gut ein Jahr ruhige Arbeit. Im Juli 1914 mussten der Konsul und seine Mitarbeiter Russland umgehend verlassen: Ein paar Tage später hätte die Polizei vor Ort das Haus vor randalierenden Demonstranten kaum noch schützen können.
Nach einer Reihe von sozialen Erschütterungen erhielt das Gebäude einen neuen Besitzer: Im Jahr 1917 wurde es an die Verwaltung kommunaler Wohnheime übergeben, und seit 1933 waren die städtische Abteilung der Gesellschaft zur Förderung von Verteidigung, Flugwesen und Chemie (seit 1951 „Freiwillige Gesellschaft zur Unterstützung von Armee, Luftstreitkräften und Marine“) und ein Luftfahrtzentrum untergebracht. Letzteres ist bekannt, weil hier der zukünftige erste Kosmonaut Juri Gagarin an einem Lehrgang teilgenommen hat (1954–1955).
Der rationale Charakter der Hauptfassade zeigt sich darin, dass sie kaum Dekor aufweist. Lediglich eine strenge Reihe quadratischer und rechteckiger Fensteröffnungen und ein Mauerwerk von ausgezeichneter Qualität bestimmen ihre Ausdruckskraft.
Darin besteht die kompositionelle Grundidee: Die flache Fassadenwand dient als Hintergrund für zwei aktivere rhythmische Reihen: die vordere (Pfeiler der Einzäunung mit spitzauslaufenden Aufsätzen, schmiedeeisernes Tor und Gartenpforte) und die hintere Reihe (wie nach einer Schablone steil gebogene Giebel, Lukarnen im Dachgeschoss und Eckturm). Auch das Dach dieses Turms ist erwähnenswert: Es hat eine bikonvexe Oberfläche (ein sogenanntes Helmdach), abgedeckt mit Keramikdachziegeln, die für deutsche Bauwerke typisch sind. Gekrönt wird der Turm von einer nahezu märchenhaften Wetterfahne in Form eines Hahnes.
Adresse:
Ehemaliges Deutsches Konsulat
Saratow, Rabochaia Str. 22
In Kooperation mit dem Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland e. V. (BKDR)