2015

Kunstprojekt Donbass Odyssee © Foto: Natalka Dyachenko Kunstprojekt Donbass Odyssee Foto: Natalka Dyachenko

Donbass Odyssee

„Donbass Odyssee“ ist ein Kunstprojekt, das die Geschichten von Städten und Ortschaften im Donbass erzählt.

Der Donbass ist die größte Schwerindustrieregion im Osten der Ukraine, in der seit dem Frühjahr 2014 ein Krieg wütet. Um dem Krieg zu entfliehen, mussten laut offiziellen Statistiken vom 31. August 2015 1.145.645 Familien aus dem Donbass und von der Krim in andere Städte und Dörfer der Ukraine ziehen. Während viele Menschen in den verschiedenen Landesteilen der Ukraine die Binnenflüchtlinge gastfreundlich aufnehmen und diese sehr unterstützen, gibt es zur selben Zeit immer noch viele Stereotype und Vorurteile in der ukrainischen Gesellschaft gegenüber der Region Donbass und den dort lebenden Menschen. Diese Stereotype und Vorurteile manifestieren sich etwa in Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Menschen, verbalen Beleidigungen und der Ablehnung, den Binnenflüchtlingen Wohnungen zu vermieten oder Arbeit anzubieten. Mit dem Projekt „Donbass Odyssee“ wollte das Projektteam die allgemeinen Klischees über den Donbass und seine Bewohner zerstören, indem die Diskussion von einem politischen Diskurs auf ein persönliches Niveau gelenkt wird.

Das Projektteam, bestehend aus Darya Tsymbalyuk, Julia Filipieva and Victor Zasypkin, hat ausführliche Interviews mit Binnenflüchtlingen aus dem Osten der Ukraine durchgeführt. Während der Interviews mit Menschen, die bis vor kurzem in Donbass gelebt haben, haben diese kognitive Stadtpläne von denjenigen Orten gezeichnet, die sie verlassen mussten. Auf diesen Karten sind Städte und Orte der Ostukraine in einem Zustand „eingefroren“, den sie bis vor dem Start der militärischen Aktionen hatten; ein Zustand, den sie in der Erinnerung der Menschen behalten werden. Dieses Projekt ist eine ganz spezielle Reise in den Donbass, möglich gemacht durch die persönlichen Geschichten der Befragten. Das „Donbass Odyssee“-Projekt besteht aus diesen Stadtplänen und Magneten, die sich auf die Stadtpläne beziehen. Die Magnete duplizieren die Bilder auf den Stadtplänen – von denjenigen Orten, die den Erstellern der Pläne wichtig und besonders teuer waren. Normalerweise sind Magnete ein typisches Mitbringsel, das an Reisen, besuchte Orte, an Möglichkeiten und Träume erinnert. Sie werden in diesem Kontext zu Symbolen für ein gemütliches Zuhause und ein glückliches Leben. Die Magnete symbolisieren beides, die Gegenwart und die Abwesenheit von bestimmten Personen oder Orten, an die man gerne wieder zurückkehren möchte. Die Magnete der „Donbass Odyssee“ sind gleichzeitig ein Abbild einer Heimat, die von Tausenden von Menschen verlassen werden musste.

Während des Projektverlaufs im September 2015 konnte jeder in Form eines Magnets ein kleines Stück Erinnerung an die Heimat von fremden Menschen mit nach Hause nehmen und somit einen Teil dieser Erinnerung in sein eigenes Leben integrieren.

Das Projekt startete mit einem öffentlichen Abendessen für alle Beteiligten, deren Freunde und Verwandte, weitere Binnenflüchtlinge sowie die Kiewer Öffentlichkeit im Zentrum Kiews auf dem Kontraktova Ploshcha. Dieser Platz wurde bewusst ausgewählt, da er sowohl bei Touristen als auch bei den Einheimischen sehr beliebt ist. In den letzten Jahren haben außerdem im Umfeld dieses Platzes Hilfsorganisationen für Binnenflüchtlinge ihre Tätigkeit aufgenommen, zum Beispiel in der Frolivska Straße und in der Frunze Straße.

An den folgenden fünf Tagen nach Projektstart führte das Projektteam fünf künstlerische Interventionen in verschiedenen Kiewer Stadtbezirken durch, in dem sie die Stadtpläne an verschiedenen metallenen Oberflächen, wie etwa an Türen, Kiosken und Brückengeländern, befestigten, die sich alle an öffentlich stark frequentierten Orten befinden. Über den Stadtplänen wurden die Magnete angebracht. Die Gegenden, an denen diese Veranstaltungen stattfanden, wurden vorher auf der Facebookseite „Donbass Odyssee“ angekündigt.

„Donbass Odyssee“ ist Bestandteil des Projekts „Mosaics of the City“, welches von der NGO CSM-Center for Contemporary Arts Foundation” in Kooperation mit dem Goethe-Institut Ukraine durchgeführt wird, mit Unterstützung des Deutschen Auswärtigen Amtes.

 „Donbass Odyssee“ wurde darüber hinaus durch das UN Flüchtlingswerks im Rahmen seiner Unterstützung von lokalen Flüchtlingsinitiativen mitfinanziert, die von „SOS Crimea“ ins Leben gerufen wurde.
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