Illustratorin Birte Müller
Ein farbenfrohes Universum

Das Anden-Mädchen Felipa aus dem Kinderbuch „Auf Wiedersehen Oma“
Das Anden-Mädchen Felipa aus dem Kinderbuch „Auf Wiedersehen Oma“ | Foto (Ausschnitt): © Matthias Wittkuhn

Auch für Themen wie den Tod oder das Leben mit dem Down-Syndrom findet die Bilderbuchautorin und Illustratorin Birte Müller einen kindgerechten Ausdruck. Ihre Reisen und ihr Sohn Willi inspirieren sie.

Es sind schrille und facettenreiche Charaktere, die sich in satten Farben in den Kinderbüchern der Illustratorin Birte Müller tummeln. Da gibt es beispielsweise Fritz, den pupsenden Frosch. Oder Teddy, das lebendige Stofftier. Oder die durchgeknallten Figuren aus dem Bilderbuch Wum und Bum und die Damen Ding Dong. „In meinen Bilderbüchern arbeite ich sehr malerisch. Linie und Zeichnung benutze ich gar nicht oder kaum, meistens nur als Pinselstrich. Mir ist die Stimmung, die Atmosphäre, die durch die Malerei transportiert wird, wichtig“, beschreibt die Hamburger Autorin und Illustratorin ihren Stil.

Trauer als Kinderbuchthema

Die Absolventin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg illustriert nicht nur die Titel anderer Autoren, sie schafft sich auch ihr eigenes farbenfrohes Universum. Eine ihrer Figuren ist das Anden-Mädchen Felipa. Sie ist die Protagonistin des Kinderbuchs Auf Wiedersehen Oma, in dem das Thema Trauer kindgerecht aufgearbeitet wird. Denn Felipas Oma ist gestorben. Nun stellt sich das kleine Mädchen Fragen: Wo ist die Großmutter? Wie geht es ihr? Felipa macht sich auf die Suche und erfährt, dass die Seelen toter Menschen in ihrer eigenen Welt fortleben. Und einmal im Jahr, Anfang November, wird ihnen zu Ehren ein riesiges Fest gefeiert: der Día de Muertos (Tag der Toten). An diesem mexikanischen Feiertag gedenken viele Menschen der Verstorbenen.

Von der Dissertation zum Kinderbuch

Die Idee für diese Geschichte entwickelte Birte Müller schon während eines Studienaufenthalts in Mexiko, wo sie den Totenkult des Día de Muertos kennenlernte. „Die Einbindung des Todes in das alltägliche Leben der Menschen, die Fähigkeit zur intensiven Freude und Melancholie haben mich immer fasziniert“, sagt sie. Doch zunächst entstand daraus kein Kinderbuch, sondern eine wissenschaftliche Arbeit. In einem Andendorf in Bolivien verfolgte Müller das Thema weiter und schrieb darüber eine Dissertation. Erst später entwickelte sie die Figur Felipa. „Mit dem Buch möchte ich Familien in Deutschland die Möglichkeit geben, über Tod und Abschied zu reden, mit Hilfe der Distanz, die das fremde Land Bolivien schafft“, erläutert Müller. Rituale rund um das Thema Sterben seien Menschen in vielen westlichen Ländern abhanden gekommen. „Ich denke, das macht Gesellschaften manchmal wirklich arm – und den Einzelnen kann es tatsächlich krank machen.“

Für Kinder mit Handicap

Eine Inspiration für Müllers Arbeit ist auch ihr Sohn Willi, der mit dem Down-Syndrom zur Welt kam. Er stand etwa Pate für den Bilderbuchtitel Planet Willi. In diesem Buch arbeitet Birte Müller anders, mit viel schärferen Konturen und vielen Einzelheiten. „Das liegt daran, dass ich das Buch auch für Kinder konzipiert habe, die nicht gut oder gar nicht sprechen können.“ Das Bild trägt so eine eigene Geschichte, die ohne Sprache funktionieren soll. Birte Müller schreibt auch Kolumnen. Nicht immer politisch korrekt, aber dafür umso ehrlicher,  geht es in ihnen um das bunte und verrückte Leben ihrer nach eigenen Worten „hyper-normalen“ Familie. Und auch in ihrem aktuellsten Buch Wo ein Willi ist, ist auch ein Weg geht es um die Frage, wie eine berufstätige Mutter den Alltag mit einem behinderten Kind und einer  unerschöpflich kreativen Tochter meistert. Die Antwort ist einfach: erstaunlich gut.