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Johannes Ebert am 2. Februar 2019
Eröffnung der Woche der Demokratie

Grußwort von Johannes Ebert zur Eröffnung der Woche der Demokratie mit der Veranstaltung „Wie stabil ist unsere liberale Grundordnung? Zur Zukunft demokratischer Verfassungen“ im Deutschen Nationaltheater in Weimar

Sehr geehrter Herr Prof. Lammert, lieber Hasko Weber,
sehr geehrter Herr Wolff, verehrte Gäste.
 
Wenn wir heute hier, im Deutschen Nationaltheater in Weimar, zur Eröffnung der Woche der Demokratie und anlässlich des ersten Zusammentretens der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung der Weimarer Republik vor 100 Jahren zusammenkommen, so hätte dies auch ein ganz innerdeutscher Auftakt werden können.
 
Tatsächlich weist die Rezeptionsgeschichte der Weimarer Verfassung aber internationale Verbindungen weit über Europa hinaus bis nach Südamerika auf: So war Weimar Vorbild nicht nur für die Verfassung Chiles von 1925, sondern auch für die Verfassungen von Brasilien von 1934, Kuba von 1940, Venezuela von 1947, Argentinien von 1949 und El Salvador von 1950.
 
Adaptiert wurden insbesondere die Errungenschaften der sozialen Grundrechte, die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Religionsfreiheit – aber auch Bestimmungen, die den Freiheitsraum der Bürgerinnen und Bürger einschränkten. 
 
Und damit ist das in der Weimarer Epoche zentrale und wenig später erörterte Spannungsverhältnis von Staatsschutz und bisweilen konkurrierenden Persönlichkeitsrechten auch schon umrissen.
Bis heute – nicht zuletzt unter dem Eindruck neuer Kommunikationsformen im Zuge der Digitalisierung, zunehmender Radikalisierung sowie neuer sicherheitspolitischer Herausforderungen und einschneidender Erfahrungen von Ausnahmezuständen – hat diese verfassungstheoretische Kernfrage nicht an Brisanz und Dringlichkeit verloren.
 
So stehen etwa Zensur, Pressefreiheit oder auch der Antagonismus von Persönlichkeits-  und Freiheitsrechten ganz oben auf den Themenlisten des weltumspannenden Netzwerks des Goethe-Instituts. Insbesondere dort, wo das Gut geschützter Öffentlichkeit nicht selbstverständlich ist, ist das Goethe-Institut als Dialog- und Diskurspartner zur Zukunft der Demokratie gefragt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Gäste der heutigen Diskussion auf Empfehlung unserer Auslandsinstitute in Ankara, Madrid und Sao Paulo eingeladen werden konnten. Es freut und ehrt uns daher ganz besonders, mit Frau Ece Göztepe Çelebi, Professorin für Verfassungsrecht und Dekanin an der juristischen Fakultät der Bilkent Universität Ankara, eine ausgewiesene Expertin für das Themenfeld gewonnen zu haben. Zu ihren Forschungsfeldern gehört insbesondere das Ausnahmerecht, das Verfassungsänderungen möglich macht. Fragen der Demokratie, und damit der Zulässigkeit eines Unabhängigkeitsreferendums in Spanien, haben jüngst nicht nur Schlagzeilen gemacht, sondern auch die deutsche Justiz beschäftigt.
Mit  Fernando Vallespín Ona, Professor für Politikwissenschaft an der Universidad Autónoma Madrid, heißen wir eine renommierte Stimme  willkommen – die weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus das Verständnis und die Einordnung konstitutioneller Fragen befördert  – etwa  zum  Antagonismus von nationaler Souveränität und föderaler Selbstbestimmung.   
 
Auch über Europa hinaus sind – wie eingangs bereits erwähnt – Bezüge herzustellen:  Parteipolitische Umbrüche und zunehmende populistische Radikalisierung schlugen sich in den jüngsten Wahlergebnissen in Brasilien nieder. Zudem vernehmen wir mit Besorgnis die zersetzende Wirkung anhaltender Gewalt in Ländern wie Venezuela oder Kolumbien. Pablo Holmes ist gestern eigens zu dieser Veranstaltung angereist und wir dürfen hierzu auf seine Einschätzungen gespannt sein. Als Professor für Verfassungstheorie an der Universität Brasilia liegt sein Forschungsschwerpunkt auf  postnationalen Perspektiven der Rechtsstaatlichkeit. Ihnen allen ein herzliches Willkommen.
 
Schon jetzt möchte ich mich herzlich bei unserem Moderator bedanken, der sich bereit erklärt hat, den hier ausgespannten großen Bogen durch Verfassungstheorie, Zeit und Raum zusammenzuhalten.
Martin Sabrow ist nicht nur Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Humboldt Universität zu Berlin und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam, sondern auch ehemaliger Beiratsvorsitzender des Goethe-Instituts. Er ist geschätzter Interviewpartner und Autor zahlreicher Publikationen, 2017 wurde er für sein Werk „Erich Honecker. Das Leben davor. 1912-1945“ mit dem Golo-Mann-Preis für Geschichtsschreibung ausgezeichnet.
 
Die  Zusage von Professor Lammert für den heutigen Tag ehrt uns ganz besonders. Norbert Lammert hat die Politik in Deutschland über fast vier Jahrzehnte aktiv begleitet und in wichtigen Ämtern mitgestaltet.
Zwölf Jahre war er Präsident des Deutschen Bundestages, dem er von 1980 bis 2017 angehörte, seit Januar 2018 ist er Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ein ganz herzliches Willkommen.
 
Erlauben Sie mir an dieser Stelle, die ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und spätere Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, zu würdigen. Limbach war bekannt für ihre  Meinungsfreude. Immer wieder bezog sie Stellung – sei es für eine europäische Verfassung und für die Aufnahme plebiszitärer Elemente ins Grundgesetz, sei es für eine Stärkung des Sozialstaats und selbstverständlich auch für Gleichberechtigung. Der heutige Bundesaußenminister Heiko Maas hatte bei einer früheren Gelegenheit 2014 bereits darauf verwiesen – ich zitiere: „Elfriede Ryneck hat als Abgeordnete der Nationalversammlung nicht nur den Frauen ihrer Generation zu Wahlrecht und Gleichberechtigung verholfen. Mit ihrem politischen Engagement hat sie auch folgenden Generationen den Weg bereitet.“ Zum Beispiel ihrer Enkeltochter Jutta Limbach, geborene Ryneck. Sie war die mächtigste Richterin im vereinten Deutschland – „ein weiterer Beleg dafür, dass die Ideen der Nationalversammlung auf lange Sicht erfolgreich waren.“
 
Abschließend möchte ich mich herzlich beim Generalintendanten des Deutschen Nationaltheaters und der Staatskapelle Weimar, Hasko Weber, bedanken. Weiterhin möchte ich auch unseren Kooperationspartnern, der Dramaturgischen Gesellschaft und dem Deutschlandfunk, meinen großen Dank aussprechen.

Es war uns eine besondere Freude, die Auftaktveranstaltung zu diesem außergewöhnlichen Jubiläum gemeinsam mit Ihnen gestaltet zu haben.

Vielen Dank.
  
Das Wort hat nun Professor Lammert.
 
Es gilt das gesprochene Wort.

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