Film
Artur Brauner: Filme gegen das Vergessen

Zu freiwild verdammt
Foto: Goethe-Institut

Das Goethe-Institut, der Theater-Komplex San Martin von Buenos Aires und die Stiftung Cinemateca Argentina haben gemeinsam eine Filmreihe namens Artur Brauner: Filme gegen das Vergessen organisiert, welche vom 8. bis zum 18. November im Sala Leopoldo Lugones im Theater San Martin (Av. Corrientes 1530) gezeigt wird. Die Filmreihe setzt sich aus 9 Filmen des legendären deutschen Filmproduzenten polnischer Herkunft Artur Brauner zusammen, der erst kürzlich seinen 100. Geburtstag gefeiert hat und auch weiterhin aktiv ist.

Sala Leopoldo Lugones / Teatro San Martín

Mitte 2018 hat Artur Brauner seinen 100. Geburtstag gefeiert und ist auch weiterhin einer der produktivsten Filmproduzenten des deutschen Films seit dem Start seiner Karriere 1946. Überlebender des Holocausts, Tragödie die 49 seiner Familienangehörigen das Leben kostete, eröffnete er 1950 seine eigene Filmproduktionsfirma, welche bis zu 500 Mitarbeiter beschäftigte. Als es ihm gelang sich zu etablieren, begann er, Filme über die Opfer des Nationalsozialismus zu machen. Viele seiner Filme gewannen internationale Preise, darunter der Golden Globe Award für Hitlerjunge Salomon. Gezeigt wird auch Morituri, in dem Klaus Kinski zum ersten Mal auftritt; das Fluchtdrama Mensch und Bestie sowie Zeugin aus der Hölle, der erste Film überhaupt, der die Auschwitz-Prozesse in Deutschland thematisiert.
 

Das vollständige Programm der Filmreihe:

 
DONNERSTAG, 08.11:     
Morituri
(Deutschland, 1948)
Regisseur: Eugen York.
Produktion: Artur Brauner und Jelka Naber.
Mit Lotte Koch, Hilde Körber, Winnie Markus, Klaus Kinski.
 
Morituri © Foto: Goethe-Institut Morituri Foto: Goethe-Institut
Der Arzt eines Konzentrationslagers in Polen wählt willkürlich  eine Gruppe von Gefangenen aus und verhilft ihnen zur Flucht. Die Flüchtigen, die aus unterschiedlichen Ländern kommen, suchen Zuflucht in einer Berghöhle, wo sich auch andere Verfolgte bereits seit Monaten verstecken. Sie leben unter der ständigen Gefahr, von einer deutschen Truppe entdeckt zu werden. “Mit diesem Film wollte ich an das kollektive Gewissen der Welt appellieren. Aber sie haben mich nicht gelassen. Bis dahin dachte ich, dass die Alliierten den Krieg auch im Namen der Unterdrückten gekämpft hatten, der immergleichen Opfer, des einfachen Fußvolks unabhängig von der Nationalität oder der Rasse, der sie angehörten, die immer mit dem zurechtkommen mussten, was ihnen die Großen angetan haben. Aber nein, die Alliierten schienen andere Sorgen zu haben” (Artur Brauner, Memorias). Erster Kinoauftritt von Klaus Kinski als ein niederländischer Häftling.

Um 14 Uhr, 16.30 Uhr und 19 Uhr (88’; DM).
 
FREITAG, 9.11
Der 20. Juli
(BRD, 1955)
Regisseur: Falk Harnack.
Produktion: Artur Brauner.
Mit Wolfgang Preiss, Annemarie Düringer, Robert Freitag.

20 Juli © Foto: Goethe-Institut 20 Juli Foto: Goethe-Institut
Der Film beschreibt die Vorbereitungen des deutschen Widerstands am Vorabend des Attentats auf Hitler und den Ereignissen des 20.Juli 1944, die in der Erschießung Graf Stauffenbergs und seiner Verbündeten mündeten. Obwohl sich zehn Jahre nach Kriegsende aufgrund der Debatte der Wiederaufrüstung der deutschen Streitkräfte deutsche Filme gegen den Krieg häuften, rief der Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime bei vielen BRD-Bürgern gemischte Gefühle hervor. “Anstatt sich in Helden zu verwandeln, wurden sie als Verräter gebrandmarkt und sogar viele Jahre nach dem Attentat, und man könnte sogar sagen bis heute, heftet ihnen der Makel des gescheiterten Verrats, des ungelösten Konflikts der deutschen Volksseele an.” (Jochen Huth).

Um 14 Uhr, 16.30 Uhr y 19 Uhr (97’; DM).
 
SAMSTAG, 10.11
Mensch und Bestie
(Deutschland/Jugoslawien, 1963)
Regisseur: Edwin Zbonek.
Produktion: Artur Brauner.
Mit Götz George, Günther Ungeheuer, Alexander Allerson.
 
Menschen und Bestie © Foto: Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filminstitut Menschen und Bestie Foto: Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filminstitut
Straßburg, 1939. Der Deutsche Franz Köhler verliebt sich in die junge Französin Mirelle. Daraufhin wird er von seinem eigenen Bruder Willy, einem zukünftigen Schergen der SS, verraten und verhaftet. Franz verbringt den Winter von 1944-45 im Gefangenenlager in Polen. Zusammen mit seinen Kameraden arbeitet er in einem Steinbruch, wo er seinen Bruder wiedersieht, der zum Führer der Sturmeinheit aufgestiegen war. Die Ostfront nähert sich und die SS plant die Gefangen in einem Tunnel zu sprengen. Mensch und Bestie wurde am Ende einer Zeit produziert, in der das Kino der BRD versuchte, die nationalsozialistische Vergangenheit mit Produktionen aufzuarbeiten, die die jüngeren Kritiker als “Persil-Filme” bezeichnen, womit sie sich auf eine bekanntes Waschpulver beziehen. Es waren Filme, die vor allem NS-Oppositionelle porträtierten und die eine einfache und kategorische Einteilung zwischen Gut und Böse vornahmen, zwischen deutschen Opfern und deutschen Tätern.

Um 14 Uhr, 16.30 Uhr und 19 Uhr (88’; DM).
 
SONNTAG, 11.11

Keine Filmvorführungen
 
MONTAG, 12.11
Zeugin aus der Hölle
(BRD/Jugoslawien, 1966)
Regisseur: Zivorad Mitrovic.
Produktion: Artur Brauner und Aleksander Krstic.
Mit Irene Papas, Daniel Gélin, Heinz Drache.
 
Zeugin aus der Hoelle © Foto: Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filminstitut Zeugin aus der Hoelle Foto: Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filminstitut
Staatsanwalt Hoffmann besucht in Belgrad den Schriftsteller Bora Petrovic, der kurz nach Kriegsende und auf den Erzählungen der Überlebenden Lea Weiss basierend, die Verbrechen in den deutschen Vernichtungslagern in einem Buch nacherzählt. Lea Weiss muss nun als Belastungszeugin gegen einen KZ-Arzt auftreten und vor einem deutschen Gericht ihre damalige Aussage wiederholen. Im KZ wurde Lea Weiss dazu gezwungen, sich dem KZ-Befehlshaber auszuliefern und anschließend wurde sie für medizinische Versuche missbraucht. 20 Jahre nach Kriegsende ist die Antwort auf ihre verzweifelte Situation der Selbstmord. In unzähligen Details ist der Film eine Reaktion auf den Auschwitz-Prozess von 1964-1965 in Frankfurt.

Um 14 Uhr, 16.30 Uhr und um 19 Uhr (83’; DM).
 
DIENSTAG, 13.11
Die Spaziergängerin von Sans-Souci (BRD/Frankreich, 1982)
Regisseur: Jacques Rouffio.
Produktion: Artur Brauner y Raymond Danon.
Mit Romy Schneider, Michel Piccoli, Helmut Griem.
 
Spaziergaengerin von Sans Souci © Foto: Filmkunst GmbH Spaziergaengerin von Sans Souci Foto: Filmkunst GmbH
Max Baumstein, ein erfolgreicher, den Menschenrechten verpflichteter Geschäftsmann tötet den paraguayischen Botschafter und übergibt sich der Polizei. Während der  Gerichtsverhandlung wegen Mordes erläutert Max den Hintergrund seiner Tat: Die Geschichte beginnt in den Anfängen des Dritten Reichs, mit dem nationalsozialistischen Terror, dessen Opfer Max selber mit 12 Jahren wurde.
Romy Schneider war einer der wenigen deutschsprachigen Kinostars, die auch im Ausland erfolgreich Karriere machten. Die Spaziergängerin von Sans-Souci war einer der letzten Filme und für sie sicherlich eines ihrer wichtigsten Projekte, denn sie hatte die Filmrechte für den gleichnamigen Roman von Joseph Kessel Jahre zuvor gekauft. Schneider starb noch vor der Filmpremiere.
 
Um 14 Uhr, 16.30 Uhr und um 19 Uhr (110’; DM).
 
MITTWOCH, 14.11
Eine Liebe in Deutschland
(BRD/Frankreich, 1983)
Regisseur: Andrzej Wajda.
Produktion: Artur Brauner y Willi Segler.
Mit Hanna Schygulla, Piotr Lysak, Armin Mueller-Stahl.
 
Ein Liebe in Deutschland © Foto: Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filminstitut Ein Liebe in Deutschland Foto: Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filminstitut
Ein Ausländer und sein Sohn kommen nach Brombach, ein kleiner deutscher Ort in der Nähe der Schweizer Grenze und beschwören dort eine Geschichte herauf, die die Dorfbewohner lieber vergessen würden. Es geht um die Liebesbeziehung zwischen Pauline Kropp und einem polnischen Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs und seinem tragischen Ende. Obwohl die Schuld bei allen liegt, fühlt sich niemand wirklich schuldig. Für die Filme über die nationalsozialistische Zeit, die oft sehr dramatisch waren, suchte Brauner Mitte der 80er Jahre Hauptdarsteller mit Charakter, im Stil des gerade aufkommenden Neuen Deutschen Films, vor allem die von Rainer Werner Fassbinder. Nichtsdestotrotz, konnte er kein einziges Mal einen der jungen Regisseure, welche ihm 1962  den Krieg erklärt hatten und ihn als Vertreter des “ Kinos der Väter” verunglimpft hatten, engagieren.
 
Um 14 Uhr, 16.30 und um 19 Uhr  (132’; DM)
 
DONNERSTAG, 15.11  
Zu Freiwild verdammt
(BRD/Polen, 1988)
Regisseur: Jerzy Hoffman.
Produktion: Artur Brauner.
Mit Sharon Brauner, Anna Dymna, Günter Lamprecht.
 
Zu freiwild verdammt2 © Foto: Goethe-Institut Zu freiwild verdammt2 Foto: Goethe-Institut
Als die Deutschen in Polen einmarschierten, war Ruth zwölf oder dreizehn Jahre alt. Sie hatte es geschafft vor der Judenverfolgung zu fliehen, die ganz plötzlich einsetzte. Ganz allein überlebt sie durch das Land streifend, sie findet Hilfe, wird betrogen, lebt mit der Angst  ständig in Gefahr zu sein und entdeckt zu werden, hat Hunger. Ruth überlebt. Zu Freiwild verdammt ist, unter verschiedenen Gesichtspunkten mit dem Schicksal der Familie Brauner verbunden. Auf der einen Seite basiert der Film auf den Erzählungen von Artur Brauner, alias Art Bernd, der die Rolle des “Tuchhändlers” spielt. Die Flucht, die unglaublich schnelle Anpassung an neue Situationen, sich in andere Rollen hineinzuversetzen, die lebensnotwendigen Entscheidungen, die sowohl der Produzent als auch seine Frau Maria treffen mussten. Jene überlebte den Holocaust, genauso wie die junge Ruth, welche sich als katholische Jüdin ausgab.
 
Um 14 Uhr und um 16.30 Uhr (95’; DM).
 
FREITAG, 16.11
Hanussen
(BRD/Österreich/Ungarn, 1988)
Regisseur: István Szabó.
Produktion: Artur Brauner y Judit Sugár.
Mit Klaus Maria Brandauer, Erland Josephson, Ildikó Bánsági.
 
Hanussen © Foto: Goethe-Institut Hanussen Foto: Goethe-Institut
Hanussen erzählt das Schicksal von Klaus Schneider, eine Persönlichkeit des wahren Lebens, welche Furor in Europa machte unter dem Namen Erik Jan Hanussen, Hellseher und Magier.
Als er in Berlin den Wahlerfolg von Hitler vorhersagte, weckt er das Interesse der Nazis. Dann macht er jedoch einen folgenschweren Fehler, als er den Reichstagsbrand vorhersagt. Hanussen wird entführt und im Wald ermordet. Zum dritten und letzten Mal, nach Mephisto und Oberst Redl, bilden der Regisseur István Szabó und der Schauspieler Klaus Maria Brandauer ein künstlerisches Tandem. “Der Künstler, der Intellektuelle, das Individuum zwischen den Fronten, der die Tragödie kommen sieht, vorhersagt und versucht, sie zu vermeiden oder auch nicht. Szabó fand in Klaus Maria Brandauer ein ideales Alter Ego, um eine ganz persönliche Debatte bezüglich der Rolle des Künstlers in der Gesellschaft zu entfachen.” (Bodo Fründt, Süddeutsche Zeitung).
 
Um 14 Uhr, 16.30 Uhr und um 19 Uhr (140’; DM).
 
SAMSTAG, 17.11
Hitlerjunge Salomon
(Deutschland/Frankreich/Polen, 1990)
Regisseur: Agnieszka Holland.
Produktion: Artur Brauner y Margaret Ménégoz.
Mit Salomon Perel, Marco Hofschneider, René Hofschneider.
 
Hitlerjunge Salomon © Foto: Goethe-Institut Hitlerjunge Salomon Foto: Goethe-Institut
Die Filmhandlung basiert auf der wahren Geschichte des Salomon Perel. Geboren 1925 als viertes Kind einer jüdischen Familie, die nach der Oktoberrevolution aus Deutschland fliehen musste und gezwungen ist, nochmals zu flüchten, bevor der Zweite Weltkrieg ausbricht. Die Familie Perel lässt sich in der polnischen Stadt Lodz nieder. Nach dem Einfall der Deutschen in Polen schicken die Eltern Salomon weiter in den Osten; ein russisches Kinderheim nimmt ihn auf und unterzieht den 14-jährigen Jungen einer kämpferisch-kommunistischen Erziehung. Nach dem Angriff Hitlers auf die Sowjetunion, greifen deutsche Wehrmachtsoldaten Salomon auf, der, um sein Leben zu retten, vorgibt, ein deutscher Landsmann zu sein, der die Sowjetunion verlässt, um ins “Reich” zurückzukehren. Jetzt trägt er eine deutsche Uniform und kämpft auf der anderen Seite. Einer der größten Erfolge des europäischen Films der 90er Jahre.
 
Um 14 Uhr, 16.30 Uhr und 19 Uhr (112’; DM).
 
 
SONNTAG, 18.11
Morituri
(Deutschland, 1948)
Regisseur: Eugen York.
Produktion: Artur Brauner y Jelka Naber.
Mit Lotte Koch, Hilde Körber, Winnie Markus.
Um 14 Uhr (88’; DM).
 
Mensch und Bestie (BRD/Jugoslawien, 1963)
Regisseur: Edwin Zbonek.
Produktion: Artur Brauner.
Mit Götz George, Günther Ungeheuer, Alexander Allerson.
Um 16.30 horas (88’; DM).
 
Zeugin aus der Hölle
(BRD/Jugoslawien, 1966)
Regisseur: Zivorad Mitrovic.
Produktion: Artur Brauner y Aleksander Krstic.
Mit Irene Papas, Daniel Gélin, Heinz Drache.
Um 19 Uhr (83’).
 

Details

Sala Leopoldo Lugones / Teatro San Martín

Av. Corrientes 1530 - 10. Etage - CABA
Buenos Aires