Unser 2016: Rückblick auf das vergangene Jahr

Warten auf Godot
© Arno Declair

Wenn wir auf das Jahr 2016 im Goethe-Institut zurückblicken, erinnern wir uns an sehr unterschiedliche Kulturprojekte, Ausstellungen, Kooperationen mit alten und neuen Partnern, interessante Besuche von deutschen Künstler*innen und Expert*innen...

 

Akzente 2016
KULTUR- UND BILDUNGSPROGRAMME

Kulturmanagementakademie 2016

Kulturmanagementakademie © Goethe-Institut Sofia Im Jahr 2015 organisierten wir zum ersten Mal zusammen mit  der der Sofia Development Association die Kulturmanagementakademie. Diese spielt nicht nur für die Kapazitätsentwicklung und die Förderung des Kulturbereichs im Land eine wichtige Rolle, ebenso bedeutend ist die verbindende Plattform, die zwischen den städtischen und staatlichen Vertretern und denen der freien Szene verbindet. 2016 setzten wir gemeinsam mit der Stadt Sofia, der Sofia Universität und den Kulturinstituten von Großbritannien, Tschechien, Polen, Spanien und der österreichischen Botschaft die Akademie mit dem zweiten Jahrgang fort. Daran nahmen sowohl erfahrene Kulturmanager*innen mit schon erfolgreich realisierten Projekten teil, als auch solche, die gerade ihre ersten Schritte im Feld unternehmen. In diesem zweiten Jahrgang waren erstmalig Teilnehmer*innen aus verschiedenen Städten in Bulgarien und auch aus Serbien dabei. Die Referent*innen und Expert*innen kamen aus Deutschland, Polen, Tschechien, Großbritannien, Spanien und – natürlich - Bulgarien.

Im Sommer 2016 organisierten wir auch die erste Lernreise im Rahmen der Akademie. 25 Kulturmanager und Kulturmanagerinnen des ersten und zweiten Jahrgangs verbrachten eine Woche in Berlin und trafen dort Vertreter*innen unterschiedlichster Institutionen und unabhängiger Organisationen.
Ein wichtiger Teil der Akademie in diesem Jahr war die Realisierung von kleinen Projekten von Teilnehmer*innen beider Jahrgänge mit der Unterstützung des Goethe-Instituts. Schließlich hat der Straßenkiosk „Budka“ immer wieder Akzente gesetzt und Möglichkeiten diskutiert, wie Kulturschaffende mit der Öffentlichkeit in Kontakt treten können. Weitere Projekte der Teilnehmer*innen und neue Seminare in Thessaloniki, Sofia und Bukarest werden auch im Jahr 2017 die Akademie fortführen und das Netzwerk der Kulturmanager*innen erweitern.
 
Essay-Wettbewerb „Was ist das gute Leben?“
Das Jahr startete am Goethe-Institut mit einem Essay-Wettbewerb zum Thema „Was ist das gute Leben?“, der in Zusammenarbeit mit dem Verlag „Kritik und Humanismus“ und der Sendung „Panorama“ des bulgarischen Nationalfernsehens realisiert wurde. Anlass war der Besuch des Philosophen Hartmut Rosa in Bulgarien, der mit eben dieser Frage alle zur Teilnahme einlud. Der Wettbewerb wurde anlässlich des 25. Jubiläums der deutschen Wiedervereinigung organisiert, um eine Bilanz zu ziehen: Was haben wir erreicht, wo sind wir heute, was ist aus unseren Erwartungen geworden und wohin wollen wir gehen? Es erreichen uns insgesamt 112 Einsendungen, die älteste Teilnehmerin war 80 Jahre alt und hat uns einen handschriftlichen Brief geschickt. Gewinnerin des ersten Preises war Mihaela-Sofia Pashayanova, die die Möglichkeit bekommen hat, kostenlos an einem Deutschkurs am Goethe-Institut Sofia teilzunehmen. In der Sendung „Panorama“ von Boyko Vassilev im bulgarischen Nationalfernsehen wurden die Antworten der zehn Preisträger*innen vorgestellt, und in „Literaturen Vestnik“ veröffentlicht.
 
Der (un)bekannte Tzvetan Marangozov

Tzvetan Marangosoff © Wolf Huber, Privatarchiv Tzvetan Marangosoff In Bulgarien ist Tzvetan Marangosoff ein bedeutender Dichter und Schriftsteller, aber seine Arbeit als Filmregisseur in Deutschland unter dem Pseudonym Maran Gozov ist bis jetzt in Bulgarien kaum bekannt gewesen. Er war ein Protagonist des Neuen Deutschen Films und zählt zur „Münchner Gruppe“ um Klaus Lemke, May Spils, Werner Enke, Roger Fritz, Rudolf Thome und anderen, die als junge Autorenfilmer deutsche Kinogeschichte schrieben, wie etwa die Nouvelle Vague in Frankreich. Im Jahr 2016 organisierten das Goethe-Institut Bulgarien, Diana Ivanova und der Kurator Bernhard Marsch die erste große Vorführung seines filmischen Werkes in Bulgarien. Das Projekt umfasste Filmvorführungen im Rahmen des Sofia International Film Fest, ein Publikumsgespräch mit Marangozov selbst sowie die Veröffentlichung einer Publikation.

 
„Warten auf Godot“, Gastspiel des Deutschen Theaters

Warten auf Godot © Arno Declair Eines unserer größten Projekte in diesem Jahr war das Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin, das in Sofia das Stück „Warten auf Godot“ zeigte. Am 15. und 16. Juni führte der Regisseur Ivan Panteleev seine Interpretation des klassischen Stücks von Samuel Becket im ausgebuchten Nationaltheater auf - als Hommage an den deutsch-bulgarischen Regisseur Dimiter Gotscheff. Als Schauspieler standen Wolfram Koch, Samuel Finzi, Andreas Dössler, Christian Grasshof auf der Bühne. Das Gastspiel war Teil des Festivals „Welttheater in Sofia“, dem langjährigen institutionellen Partner des Goethe-Instituts.  
 
Festival 180 Grad – Labor für innovative Kunst  

2016 180° Festival Dieses Jahr hatten wir das Vergnügen zum ersten Mal mit dem Festival 180 Grad zu arbeiten und Teil eines Projekts zu sein, das Freiraum für Experimente und die Entwicklung neuer Ideen im Bereich der zeitgenössischen Musik anbietet. Eine experimentelle Performance des deutsch-bulgarischen Elektromusikers Stephan Goldmann, eine Reihe von Dokumentarfilmen über die Stadt Sofia mit live-Musik der Instrumentalisten Dietmar Wiesner, Giorgos Panagiotidis, Sava Stoianov und Alexander Hadjiev vom Ensemble Modern und ein Workshop des Ensembles mit Roma-Kindern standen auf dem Programm.
 
Filmreihe „Ungehörte Stimmen“

Ungehörte Stimmen - Logo © Diana Ivanova Die Film- und Diskussionsreihe „Ungehörte Stimmen“ vereint eine kleine Gruppe von Aktivisten unter der Mentorierung von Diana Ivanova, Dokumentarfilmerin und Therapeutin. Die Reihe befasst sich mit der (un)sichtbaren Anwesenheit der repressiven Geheimdienste während der kommunistischen Zeit in der DDR und in Bulgarien aus der Sicht bulgarischer und deutscher Dokumentar- und Spielfilme. Das Projekt richtet sich an Jugendliche und ihre Eltern und Lehrer, die sich mit der bulgarischen Vergangenheit und Gegenwart auseinandersetzen, zu der Frage: was ist eigentlich wahr und was ist Propaganda? In der ersten Ausgabe von „Ungehörte Stimmen“ fanden Filmvorführungen und Diskussionen im Rahmen des Sofia International Film Fest und im Sprachengymnasium und in der Nationalbibliothek Ivan Vazov in Plovdiv statt, im nächsten Jahr wird die Reihe in Vidin und Ruse fortgesetzt.
 
Pavillon 19 und das Festival „Zwischen Menschen und Kulturen“

Festival „Zwischen Menschen und Kulturen“ - Fotoausstellung „The Dream“ © Goethe-Institut Sofia Das Flüchtlingsthema ist spätestens 2016 zur größten Herausforderung für Europa und seine Mitgliedsstaaten geworden. In einer Zeit, in der der Hass und Intoleranz jederzeit aufflammen, steht auch die Rolle von Kunst und Kultur vor der Frage: Sollen sie – und damit die Kulturschaffenden -  für die Überwindung von Differenzen eintreten oder vielmehr nationale Identitäten postulieren und bestätigen? Das Goethe-Institut sieht in seiner eigenen kulturellen Arbeit das Potential, ein besonderes Zusammentreffen zwischen den alten und neuen Bewohnern der Stadt, zwischen Einheimischen und Einwanderern zu ermöglichen und Gemeinsamkeiten zwischen ihnen zu entdecken und zu feiern, die jenseits von politischen Auseinandersetzungen stehen. Deshalb startete das Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Kultur und Debatte „Red House“ das Projekt Pavillon 19 und das Festival „Zwischen Menschen und Kulturen“. Der Pavillon 19 ist ein Gemeinschaftsort, an dem Kinder und Flüchtlingsfamilien notwendige Unterstützung und psycho-soziale Hilfe finden können. Das Festival „Zwischen Menschen und Kulturen“ umfasste unterschiedliche Veranstaltungen wie Vorlesungen, Diskussionen, Konzerte, Workshops und Veranstaltungen für Kinder. Eine Fortsetzung im nächsten Jahr ist in Planung.
 
Die deutsch-bulgarischen Kulturgesellschaften
Auch dieses Jahr setzte das Goethe-Institut die Zusammenarbeit mit den deutsch-bulgarischen Kulturgesellschaften fort, nämlich mit dem Kunstverein „Art Today“ in Plovdiv und der Internationalen Gesellschaft „Elias Canetti“ in Ruse. Seit Jahren unterstützt das Goethe-Institut ihre Tätigkeit und stärkt so die Dezentralisierung der Kultur. Eine der Akzente des Programms des Vereins „Art Today“ 2016 war die Retrospektive des legendären Künstlerkollektivs „Rab“ aus Plovdiv. In Ruse organisierte die Gesellschaft „Elias Canetti“ eine weitere Ausgabe des Internationalen Literaturfestivals, das sich mit seinem reichen Programm und internationalen Themen als eine der wichtigsten Kulturveranstaltungen in der Stadt etabliert hat.
 

Sprachabteilung

Hohe Nachfrage nach Prüfungen des Goethe-Instituts
2016 legten über 2000 Teilnehmer eine Prüfung des Goethe-Instituts in Bulgarien ab. Von der Prüfung „Fit in Deutsch“ an Schulen, über das berufsrelevante „Goethe-Zertifikat B2“ bis hin zur höchsten Stufe „Goethe-Zertifikat C2“ – viele junge Menschen nahmen 2016 an einer Prüfung teil, um ihren Lernerfolg zu messen und ein offizielles und international anerkannten Zertifikat für ihre Deutschkenntnisse zu erhalten.
 
Neu: Lernplattform Moodle
Auch die Nachfrage nach Deutschkursen für Jugendliche und Erwachsene am Goethe-Institut Sofia steigt weiter an. Neu seit 2016: Alle Kurse werden begleitet von einem Online-Kursraum. Zusätzlich zum Präsenzsprachkurs können die Kursteilnehmer auf der Lernplattform Moodle individuell online lernen, sich untereinander austauschen und zusätzliche Lerntipps und Übungen erhalten.
 
Deutsch Lehren Lernen - DLL

Deutsch lehren lernen © Goethe-Institut Sofia In diesem Jahr haben wir fünf Module des Basisprogramms „Deutsch lehren lernen“ mit 72 Teilnehmenden durchgeführt und damit die Pilotierung des Programms in Bulgarien abgeschlossen. Ziel des Programms ist es, das Wissen und Können über das Lehren und Lernen von Deutsch als Fremdsprache zu aktualisieren und zu erweitern.
 
Sommerakademie
Die Sommerakademie wurde von den Goethe-Instituten in Sofia und Bukarest veranstaltet und richtete sich an Deutschlehrerkräfte aller Schularten in Bulgarien, Rumänien, der Republik Moldau, Polen und Ungarn. Dieses einwöchige Fortbildungsangebot hatte zum Ziel, Deutschlehrende zu ermutigen, Deutschunterricht anders, spielerisch und innovativ zu gestalten, um die Motivation zum Deutschlernen bei den Schüler*innen zu erhöhen.  Die intensive Arbeit in der Sommerakademie sollte auch den Erfahrungsaustausch der Lehrkräfte untereinander fördern und damit neue Wege der Zusammenarbeit und der Vernetzung schaffen.
 
Umdenken

Die Ausstellung „Umdenken“ im GI Sofia © Goethe-Institut Sofia Mit großem Erfolg haben wir im Dezember die interaktive Ausstellung Umdenken gezeigt. Über 1000 Schüler*innen haben klassenweise die Ausstellung besucht. Sie haben darüber nachgedacht und Anregungen mitgenommen, was sie selbst zur Verbesserung unseres Lebensraumes betragen könnten. Als Teil des Rahmenprogramms haben ca. 200 Jugendliche das Umwelt-Mitmachtheater der deutschen Schauspielerin und Theaterpädagogin Simone Mutschler  genossen.
 
IDO
Die Qualifizierungsrunden für die Internationale Deutscholympiade wurden in Bulgarien auf den Sprachniveaus A2 und B2 ausgetragen. Die erste Qualifizierungsrunde wurde in den angemeldeten Schulen durchgeführt. Daran haben 1700 Schüler aus 54 Schulen in ganz Bulgarien teilgenommen. In der nationalen Qualifizierungsrunden haben 180 Schülerinnen und Schüler ihre Deutschkenntnisse unter Beweis gestellt. Die zwei Sieger - Daniela Paskaleva vom Englischen Gymnasium in Sofia und Kaloyan Staykov vom Galabov-Gymnasium, auch Sofia, haben an der IDO in Berlin teilgenommen.
 
Vorhang auf für Deutsch
Vom 21. bis zum 23. April standen Theatergruppen aus zwölf bulgarischen Schulen beim Theaterprojekt „Vorhang auf für Deutsch“ in Trojan auf der Bühne. Unter dem Thema „Auf der Flucht“ zeigten die jungen Schauspieler ihr großes Talent vor Zuschauern und einer begeisterten Jury.
Die Schülerinnen und Schüler studierten ihre Rollen mit großem Engagement ein und setzten sich intensiv mit der deutschen Sprache auseinander. Das Projekt „Vorhang auf für Deutsch“ bereitet so neben viel Spaß und Unterhaltung auch einen neuen Zugang zur deutschen Sprache – und zu aktuellen gesellschaftlichen Themen.
 
Grünes Diplom
Seit 2016 bietet das Goethe-Institut in Sofia für seinen Lehrkräftenachwuchs die standardisierte, berufsbegleitende modulare Basisqualifizierung „Das Grüne Diplom“ an.  Während der Qualifizierung werden die erforderlichen Kenntnisse vermittelt und die entsprechenden Kompetenzen zum Unterricht von Deutsch als Fremdsprache an Erwachsene im Kursbetrieb des Goethe-Instituts aufgebaut.
 

Bibliothek

Kleine Bibliotheksbesucher © Ivan Shishiev Auch in diesem Jahr erweiterte und bereicherte unsere Bibliothek ihre Sammlung von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Hörbücher und Filme. Außerdem wurde ein neues Leihprogramm mit Selbstbedienungsapparat eingeführt, was den Bibliotheksnutzer*innen erlaubt, Bücher auch außerhalb der Öffnungszeiten auszuleihen und zurückzugeben.

Einer der Akzente des Veranstaltungsprogramms der Bibliothek war die Zukunftswerkstatt „Schulbibliotheken“, die am 22. und 23. März 2016 stattfand. Mit dem Workshop suchten wir die Antworten der Frage nach der Zukunft der Schulbibliotheken: was bedeutet die Digitalisierung für die Arbeit in Bibliotheken? Welche Anforderungen werden an die Mitarbeiter gestellt, wie können sie den vielfältigen Anforderungen gerecht werden, fachlich auf dem Laufenden bleiben? Wie kann man Partner für die anstehenden Aufgaben gewinnen?

Das Goethe-Institut Bulgarien war der Veranstalter, die Fortbildung gestalteten Frau Eva von Jordan-Bonin und Frau Vera Dopichaj, beide Mitarbeiterinnen der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle Frankfurt am Main und erfahrene Trainerinnen für Schulbibliothekare. Während der beiden Tage wechselten sich Vorträge, interaktive Elemente und Gruppenphasen ab.