Graffitispaziergang durch Düsseldorf
Heimat der Sprayer der ersten Stunde
Graffitikunst kann man in Düsseldorfer Galerien kaufen. Man findet sie aber auch ganz kostenlos dort, wo sie eigentlich entstanden ist: auf der Straße. Düsseldorf hat die gesamte Bandbreite der Graffitikunst zu bieten, von gesprühten Tags und Pieces, mit Schablonen an die Wand geklebten Paste-Ups und Stencils bis zu großflächigen Murals.
Einige Sprayer der ersten Stunde der deutschen Graffitikunst sind in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zu Hause – der Schweizer Harald Naegeli etwa mit seinen abstrakten Strichfiguren. In Düsseldorf wird seit Anfang der 1980er-Jahre gesprüht. Fade, Cash und Magic sind einige Writer der ersten Stunde. 1987 zog Gawky nach Düsseldorf und beeinflusste die Szene nachhaltig mit seinem Stil.
Seit 1989 wird die Graffiti-Szene in Düsseldorf mit einer eigens eingerichteten Sonderkommission polizeilich verfolgt, und die Stadt verlor ihre Position als eine der führenden Städte deutscher Graffitikunst. Streetart gehört inzwischen nicht mehr zum allgemeinen Stadtbild Düsseldorfs. Aber in den Stadtteilen Bilk oder Flingern und entlang der Gleise rund um den Hauptbahnhof kann man sie noch bewundern.
Kiefernstraße
Kiefernstraße, 40233 Düsseldorf51.22934° N, 6.79730° O
Die Kiefernstraße im Stadtteil Flingern ist die bunteste Straße der Landeshauptstadt. In den 1980er-Jahren war dort das Zentrum der Hausbesetzerszene. Viele der ehemaligen Hausbesetzer sind inzwischen in andere Stadtteile gezogen. In der „Kiefern“, wie die Düsseldorfer diese Straße liebevoll nennen, wurden die ersten Graffitis – vorwiegend mit politischem Inhalt – gesprüht. 2004 begannen die Anwohner unter Einbeziehung des Graffiti-Kollektivs Farbfieber die Häuserfassaden zu gestalten. Die Häuser der linken Straßenseite sind inzwischen fast alle komplett besprüht.
Magic
Kiefernstraße 13, 40233 Düsseldorf51.21890° N, 6.80919° O
Magic alias Oliver Räke ist einer der bekanntesten Writer Düsseldorfs. Begonnen hat er 1983. Inzwischen arbeitet Räke als freiberuflicher Grafiker, Illustrator und Künstler. Auch er sprühte eines seiner ausgefeiltesten „Pieces“ in der Kiefernstraße. Entstanden 1988, kann man es am Haus mit der Nummer 13 immer noch bewundern. Die Outlines des bewaffneten Characters hat er damals mit Kanüle gemalt, was er heute als ganz schön „beknackt“ bezeichnet.
Die MaJo Brothers
Eintrachtstraße, Ecke Kölner Straße, 40227 Düsseldorf51.21849° N, 6.80108° O
An der Eintrachtstraße, Ecke Kölner Straße sind die gelben Affen am Werk. Man begegnet diesem sympathischen Markenzeichen der MaJo Brothers an vielen Orten in der Stadt, in Oberbilk gleich als einem 200 Quadratmeter großen Mural. Die MaJo Brothers – die Brüder Marc und Joe Hennig – sind in der Düsseldorfer Graffiti-Szene eine Institution. Sie engagieren sich auch in sozialen Projekten, so etwa an Schulen. Die Affen-Fassade haben sie 2011 als Auftragsarbeit gestaltet.
Unterführung Ellerstraße
Ellerstraße, Ecke Mintropplatz, 40210 Düsseldorf51.21796° N, 6.79029° O
In der „Bewegung für Freiräume“ haben sich Künstler aus der freien Szene Düsseldorfs zusammengeschlossen. Eine ihrer Aktionen war 2011 die Verschönerung der Bahnunterführung an der Ellerstraße, Ecke Mintropplatz. Rund 30 Graffiti- und Streetart-Künstler haben hier beide Seiten des Tunnels neu gestaltet – als „Geschenk an die Stadt“, wie sie sagen. Noch im Jahr 2010 drohte dem ersten Graffito dort eine Klage – ein Jahr später lenkten Bahn und Stadt ein. Die Graffitis thematisieren unter anderem auch die Kriminalisierung der Sprayer und den Mangel an freien Flächen für Graffitikunst.
Harald Naegeli
Landtag, Kniebrücke Düsseldorf, 40219 Düsseldorf51.22774° N, 6.77346° O
Der Schweizer Harald Naegeli wurde als „Sprayer von Zürich“ in den 1970er-Jahren bekannt. Der heute 73-Jährige gilt als Begründer der europäischen Sprayerszene. Inspiriert haben ihn die Graffitis von Gérard Zlotykamien, die er in Paris gesehen hatte. Naegelis abstrakte Strichfiguren findet man unter anderem an den Betonpfeilern der Kniebrücke. 1984 musste Naegeli in der Schweiz eine Haftstrafe wegen seiner Graffitis absitzen. Er lebt heute in Düsseldorf und ist nach wie vor künstlerisch aktiv.
L.E.T.
Bremplatz an der Rethelstraße, Ecke Brehmstraße,40239 Düsseldorf
51.24428° N, 6.80145° O
Yann Mathé alias L.E.T. (Les Enfants Terribles) ist französischer Abstammung und lebt in Düsseldorf. L.E.T. sprüht und klebt auf Wände, Stromkästen, Brückenpfeiler, Bauzäune, alte Türen und mehr. Seine Stencils und Paste-Ups sind oft hintersinnig. Sie zeigen Kinder oder Erwachsene mit mal komischer, mal provokanter Botschaft. Die Streetart-Motive haben inzwischen auch den Weg in die deutschen Galerien gefunden, wo man sie – auf Leinwand, Pappe oder Holz gebannt – kaufen und dann zu Hause aufhängen kann.
S-Bahn Zoo
S-Bahnhaltestelle Düsseldorf Zoo, 40477 Düsseldorf51.23696° N, 6.79707° O
Am S- und Busbahnhof Düsseldorf Zoo haben sich die Cops mit einem gut sichtbaren Silver Piece ein Zeichen gesetzt. Die Cops, die Föns oder auch XYZ, die vor allem durch überdimensionierte Bilder auf den Lines auffallen, sind bekannte und ziemlich präsente Crews in Düsseldorf; ihre Bombings findet man sicher fast ebenso oft wie die Tags von Fume und Mauz, die man auch entlang der Autobahnstrecke Düsseldorf-Köln sieht. Auch NEU ist oft vertreten. An den Bahngleisen fällt ein meterlanges „No Surprising News“-Graffito besonders auf. Gut kann man es auch aus einem vorbeifahrenden Zug erkennen.
Zoobrücke
Düsseldorf-Zoo, 40477 Düsseldorfvon der S-Bahnhaltestelle Düsseldorf Zoo über den Fußgängerübergang bis unter die Brücke
51.23696° N, 6.79707° O
Der Weg unter die Brücke zwischen dem Neubaugebiet an der Marc-Chagall-Straße und der Bahnhaltestelle Zoo lohnt sich, weil sich dort an den Brückenpfeilern gleich mehrere Graffitis befinden: bekannte wie die monströsen weißen Rabbits von NEL oder gleich drei verschiedene Paste-Ups von L.E.T. an einem Fleck. Daneben findet man aber auch kaum oder noch wenig bekannte Sprayer mit ihren Tags und Stencils. Einige Pieces scheinen übermalt oder „gecrosst“ worden zu sein. Wobei die Regel in der Szene lautet: Übermalt wird nur, wenn man es besser kann.
Düsseldorf Wehrhahn
Bahnhof Wehrhahn, 40211 Düsseldorf51.22469° N, 6.79634° O
Im sogenannten Kessel zwischen Düsseldorf Hauptbahnhof und der Haltestelle Wehrhahn wurde schon zu Beginn der Düsseldorfer Graffiti-Ära viel gesprüht. In den dunklen Bahntunneln konnte man sich bei Aktionen gut verstecken – und so Schutz vor der polizeilichen Sonderkommission „Graffiti“ finden, die seit 1989 die Sprüher verfolgt. Entlang des Bahngleises kann man viele alte, aber auch neuere bunte Pieces mit besonders farbenfrohen Characters bewundern.
Farbfieber
Ackerstraße 1, 40233 Düsseldorf51.23983° N, 6.78686° O
Klaus Klinger gilt in Düsseldorf als „Urvater der Wandmalerei“. Der Absolvent der Düsseldorfer Kunstakademie gestaltete einige Hausfassaden in der Kiefernstraße und ist der Kopf hinter dem Kollektiv Farbfieber. Seine Bad Bank von 2009 – eigentlich ein leerstehender Kiosk an der Ackerstraße – hat wie fast alle seine Arbeiten eine politische Aussage. Die Gruppe Farbfieber gründete Klinger 1987. Er mischt bis heute bei vielen Graffiti-Aktionen in der Stadt mit und setzt sich für mehr Freiräume für Sprayer in Düsseldorf ein.