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Abfallrecycling und nachhaltiges Wachstum
Nachhaltig leben:
„The Recyclers“

The Recyclers
© Mostafa Mahmoud

Was passiert eigentlich mit Kunststoff und anderen umweltschädlichen Festabfällen, nachdem sie in der Mülltonne verschwunden sind? Nach Angaben des ägyptischen Umweltministeriums entstehen in Ägypten innerhalb eines Jahres etwa 26 Millionen Tonnen Müll. Ein Großteil davon sind Haushalts- und Gewerbeabfälle. Diese Art von Abfall schlägt weltweit mit etwa 2 Milliarden Tonnen jährlich zu Buche und wird im Jahr 2050 voraussichtlich ein Gesamtvolumen von 3,5 Milliarden Tonnen erreichen. Es ist deshalb höchste Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir zum einen unseren Konsum einschränken und zum anderen innovative Wege beim Abfallrecycling beschreiten können.
 

Von Eslam Anwar

Letzteres wird beispielsweise im ägyptischen Startup-Unternehmen „The Recyclers“ praktiziert, wo aus alten Autoreifen, Altglas, Abfallholz, leeren Konservenbüchsen, Schaumstoff und allem möglichen anderen Unrat Einrichtungsgegenstände und Kunstobjekte für Privathaushalte, aber auch für Firmen und den öffentlichen Raum hergestellt werden. Neben den üblichen Werkzeugen und Maschinen zur Möbelherstellung kommt dabei auch EDV zum Einsatz. Doch das Unternehmen produziert nicht nur die verschiedensten Dinge aus Recyclingmaterial, es bietet auch Workshops an, bei denen Kinder und Erwachsene lernen, wie man aus Abfall Gebrauchsgegenstände und Kunstobjekte herstellen kann. Des Weiteren führt das Team von „The Recyclers“ auch Kampagnen durch, um die Menschen für Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu sensibilisieren und um nachhaltiges Wachstum zu fördern.

Eslam Anwar hat mit dem Unternehmensgründer Mustafa Mahmoud Abd El-Razik über Chancen und Herausforderungen beim Engagement für Umweltschutz und Nachhaltigkeit gesprochen.


Wann kam Ihnen die Idee zu diesem Projekt?

The Recyclers © Mostafa Mahmoud Die Idee kam mir bereits vor Jahren, als ich ehrenamtlich in einer Einrichtung für Straßenkinder tätig war. Dort gab es unter anderem eine Werkstatt, in der den Kindern beigebracht wurde, wie sie auf simple Weise kleine Dinge selbst anfertigen können, wie zum Beispiel Schmuck. Weil die Einrichtung nur über begrenzte Mittel verfügte, haben wir nach Möglichkeiten gesucht, kostengünstige Materialien zu beschaffen, und schließlich Recyclingstoffe wie Altholz, Altglas und leere Konservenbüchsen verwendet, um daraus die verschiedensten Dinge herzustellen.
2016 gründete ich „The Recyclers“, um das Ganze in einem größeren Rahmen aufzuziehen. Allmählich gelangten dann immer mehr Produkte von uns in Privathaushalte, Firmen, Kulturzentren und den öffentlichen Raum in Ägypten. Mittlerweile haben wir zehn fest angestellte Vollzeitmitarbeiter für die Unternehmensbereiche Planung, Produktion, Vermarktung und Verkauf.

Sie haben ein Hochschulstudium im Bereich Technische Informatik absolviert, sich dann jedoch für dieses Recyclingprojekt entschieden. Inwieweit hat sich dabei ihr Studium als nützlich erwiesen?

Als Kind und als Jugendlicher habe ich oft meinem Vater geholfen, der in der Baubranche tätig war. In dieser Zeit habe ich mir nicht nur viel handwerkliches Knowhow angeeignet, sondern auch die Tatsache schätzen und lieben gelernt, dass man im Handwerk sowohl körperlich als auch geistig gefordert ist.
Das Informatik-Studium hat mir geholfen, meine Ideen zu sortieren und sie strukturiert umzusetzen. Auch beim Entwerfen und Entwickeln der Produkte kommen mir die Informatikkenntnisse zugute, weil ich weiß, wie man beim Recyceln modernste Technologie einsetzen kann. Und die Kontakte zu befreundeten Ingenieuren sind natürlich auch sehr wertvoll.

Das Startup-Unternehmen „The Recyclers“ hat in der Branche Modellcharakter. Was sind, Ihrer Ansicht nach, die größten Chancen und Herausforderungen?

Eine Chance ist auf jeden Fall die Unterstützung durch Kultureinrichtungen, durch Wachstumsförderungsprogramme und durch den Staat ganz allgemein. Zumal das Umweltbewusstsein in jüngster Zeit stark zugenommen hat. Immer mehr Institutionen halten sich an Umwelt- und Nachhaltigkeitsrichtlinien, da rennen wir mit unseren Produkten offene Türen ein.
Eine große Herausforderung besteht sicherlich darin, dass es bis jetzt in Ägypten weder im öffentlichen noch im privaten Bereich ein richtiges Mülltrennungssystem gibt. Dadurch wird unsere Arbeit zeitaufwendiger und kostenintensiver. Auch der Fachkräftemangel stellt ein Problem dar. Aus diesem Grund legen wir Wert darauf, regelmäßig Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten zu können. Schwierigkeiten machen zuweilen auch die Recyclingstoffe selbst, weil sie sich nicht immer leicht verarbeiten und mit anderen Materialien kombinieren lassen.

The Recyclers © Mostafa Mahmoud

Sie bieten Workshops, Dienstleistungen und verschiedene Produkte an. Wie stimmen Sie diese Aufgaben aufeinander ab?

Zunächst haben wir nur kleinere Gegenstände fürs Büro und für Zuhause hergestellt, zum Beispiel Uhren, Bilder, Bilderrahmen, Stühle und dergleichen, um erst einmal zu testen, wie das bei der Kundschaft ankommt. Die Resonanz war positiv, weil den Kunden klar wurde, dass Recycling und kreative Ideen bei der Abfallbeseitigung wichtig sind, um die Umwelt nachhaltig zu schützen. Also haben wir unsere Produktpalette bei den Gebrauchsgegenständen für Haushalt und Büro erweitert. Außerdem haben wir angefangen, größere Kunstobjekte anzufertigen, die zur Verschönerung von Straßen, Plätzen und Grünanlagen dienen.
Aktuell richten wir unser Hauptaugenmerk auf die Workshops, bei denen Kinder und Erwachsene auf die Umweltgefährdung durch Festabfallstoffe aufmerksam gemacht und ihnen Möglichkeiten aufgezeigt werden, nützliche Gebrauchs- und Kunstobjekte für den Alltag selbst herzustellen.

Man sieht, dass Sie bei Ihren Produkten großen Wert auf Kreativität und Qualität legen. Was ist dabei für Sie maßgeblich?

The Recyclers © Mostafa Mahmoud Die Verarbeitung von Recyclingmaterial ist nicht so einfach. Die Werkstoffe stehen nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Manchmal ist es schwierig, sie sinnvoll und angemessen einzusetzen. Das muss man unbedingt bereits in der Planungsphase berücksichtigen. Man muss sich vorab Gedanken darüber machen, wie das fertige Produkt und der Weg dorthin aussehen sollte. Qualitätssicherung ist ein Gebiet, in dem ich mich gut auskenne und wir haben auch spezialisierte Mitarbeiter. Das Ziel ist, dass unsere Produkte praktisch, optisch ansprechend und bezahlbar sein müssen.

Wie kommen die Preise der Produkte zustande?

Die Preise richten sich nach mehreren Faktoren. Eine wichtige Rolle spielt hier vor allem die Verfügbarkeit der Materialien sowie der Aufwand, der bei ihrer Verarbeitung betrieben wird. Die meisten von unseren Gebrauchsgegenständen kosten zwischen 200 und 5000 Ägyptische Pfund. Größere Kunstobjekte kosten zwischen 5000 und 20 000 Ägyptische Pfund, je nach Größe und Material. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Recyclingprodukte eine hohe Gewinnspanne aufweisen, rein materiell betrachtet. Ökologisch gesehen schaffen wir neue Werte aus gebrauchten Dingen und bewahren dadurch unseren Planeten vor Schäden.
 

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