Band des Monats
Milliarden

Bandmitglieder im Stroh
© zuendstoff

Das sind im Grunde nicht viele: Die Band besteht aus zwei Musikern aus Berlin - dem Pianisten Johannes Aue und dem Gitarristen und Sänger Ben Hartmann -, die mit einem festen Kreis aus professionellen Musikern auftreten. Die zwei sind alleine für die Kreativarbeit der Band zuständig und schaffen durch ihre Kontraste eine Musik, die sich klassischer Kategorisierung entzieht.
 

Von Juliana Poplawski

 

Das sind im Grunde nicht viele: Die Band besteht aus zwei Musikern aus Berlin - dem Pianisten Johannes Aue und dem Gitarristen und Sänger Ben Hartmann -, die mit einem festen Kreis aus professionellen Musikern auftreten. Die zwei sind alleine für die Kreativarbeit der Band zuständig und schaffen durch ihre Kontraste eine Musik, die sich klassischer Kategorisierung entzieht.
In einer Mischung aus Deutschrock, Indie Rock und Punk schaffen es die beiden, in einer befreiten und rebellischen Haltung mit ihrer Musik zu provozieren und zugleich zu berühren.
Ben Hartmanns raue Stimme und die wilde Kreativität der Texte sorgen für eine passende trotzige und rebellische Haltung. Milliarden gelingt es, mit ihren eingängigen Melodien und besonderer Dynamik ihre Zuhörer*innen damit anzustecken.
Milliarden als Bandname spiegelt die Widersprüchlichkeiten, welche so oft in den Liedtexten der Musiker auftauchen. Widersprüchlichkeiten, welchen wir uns nun in einer globalisierten Welt bewusster sind. „Milliarden“ ist, wie es die beiden wahrnehmen, ein Wort, das an die Koexistenz von Reichtum, Zerstörung und Neuaufbau denken lässt:
„Zwischen Kulturkrieg und Megagehältern, zwischen Insolvenz und neuen Chancen, zwischen Kommerz, Kultur und Kunst“.


Eine Erfolgsgeschichte oder CHAOS als Chance

„Wir sind Milliarden aus Berlin und nehmen unser Chaos als Chance.“
Begegnet sind sich die beiden auf dem Weg zu einer anderen künstlerischen Zukunft: Bei der Aufnahmeprüfung für die Berliner Schauspielschule im Jahr 2013. Das Duo mit unterschiedlicher Erfahrung (Johannes Aue aus dem Pop und Ben Hartmann vom Punk) fand für ihre Musik sofort eine gemeinsame Sprache. Bereits 2014 brachten sie die erste EP Kokain und Himbeereis heraus. Eine Begegnung, die kontrastierende Stile zusammenbringt und die gleiche Lust, in der Musik ihrer Kreativität keine Grenzen zu setzen: Sie spielen ‚aus dem Bauch heraus‘ und mit Begeisterung statt mit Perfektionismus.
Das Jahr 2016 sieht Milliarden weiter aufsteigen mit der Erscheinung ihres ersten Albums Betrüger. Vor allem die Auftritte bei Rock am Ring und auf der Tournee von Ton Steine Scherben, die sie begleiten, verschaffen der Band eine größere Zuhörerschaft. Doch auch die zwei Auftritte in der bekannten und beliebten Sendung Circus HalliGalli und vor allem der Beitrag zu dem Film Tod den Hippies!! Es lebe der Punk lassen viele auf die Band aufmerksam werden. Nachdem die Band einen Wettbewerb gewann, wurde ihr Song in den Soundtrack dieses nun recht bekannten Films von Oskar Roehler aufgenommen. Der Text von Freiheit ist ne Hure liest sich wie die Sinnsuche eines ‚Rebellen ohne Ziel‘.
Ich will Frieden, ich will Krieg
Ich will alles anders, als es heute aussieht
Bin die Hoffnung, die Angst und der Sinn
Ich muss immer das sein, was ich gerade nicht bin


Die beiden schätzen ihre Unabhängigkeit und die Möglichkeit, an allem selbst mitzuwirken. Im Jahr 2018 brachten sie ihren eigenen Kurzfilm Morgen heraus, welcher aus vier Musikvideos der Band entstand. 2021 haben sich die beiden zudem von Universal getrennt, um mit ihrem eigenen Label Zuckerplatte weiterzuarbeiten. Ein schwieriges Jahr für eine solche Entscheidung...

Eine einsame und magische Tour

Die Pandemie zwang zu einer etwas untypischen Tour: in einem Kleinbus, der von befreundeten Innenarchitekten umgebaut wurde. Die beiden wollten sich den Kontakt zum Publikum nicht von der Pandemie nehmen lassen. So fuhren Ben Hartmann und Johannes Aue mit einer Mini-Konzerthalle für einzelne Zuschauer*innen quer durch Deutschland. Der Bus verfügte über einen getrennten Auftritts- und Zuschauerraum, sodass zufällig ausgeloste Zuschauer*innen in sicherer Umgebung in die Live-Musik eintauchen konnten. Von verlassenen Parkplätzen zu privaten Einfahrten waren diesen magischen individuellen Momenten keine Grenzen gesetzt. Trotz offensichtlicher finanzieller Schwierigkeiten blieben die beiden motiviert:
„Unsere Begegnungen nun mit den einzelnen Fans sind ganz besonders magische Augenblicke.“
„Das wichtige sind die Rituale, die sozialen Kontakte. Die Kohle werden wir irgendwann schon wieder reinholen."
Das Album Schuldig, welches in diesem Pandemie-Kontext herauskam, erreichte mit seinen berührenden Texten und seiner mitreißenden Energie Platz 7 der deutschen Charts.


BETRÜGER

Der titelgebende Song des ersten Albums hat eher einen Singer Songwriter Style. Durch eine einfache melodische Gitarrenbegleitung steht die Stimme Hartmanns im Vordergrund. Mit berührender Ehrlichkeit scheint er „verkleidet als Sänger, von dem diese Zeilen stammen“ unsere Herzen zu treffen.
 

„Von Selbstbetrug kann sich niemand frei machen“, kommentieren Milliarden und werten das Wort ‚Betrug‘ auf. Wenn die Musiker uns dazu einladen, in unseren Träumen weiterzuleben, versteht man, wo sie die Inspiration für ihre poetischen Liedtexte finden.

SCHULDIG

Im neuesten Album Schuldig stößt die Blase der eigenen Imagination auf die Realitäten unserer Welt. Das Bild des Hinunterschauens auf das Leid und die Absurdität in „Himmelblick“ regt uns dazu an, über die Möglichkeit des eigenen geschützten Glücks nachzudenken. Die enttäuschende Wirklichkeit geht ihren eigenen Weg „und es tut immer noch nicht weh“.
 

„Wir wollen den lauten Widerspruch.“
Diese für die Musiker so typische Haltung spiegelt sich besonders gut in dem kontrastreichen Text des Songs. Die fast schon kryptischen Texte lassen die Musiker meist offen und unerklärt. So regen die freien und poetischen Texte ihre Fans zum Rebellieren und Nachdenken zugleich an.


 

Diskografie:

Studioalben:
2014 Kokain und Himbeereis (EP)
2016 Betrüger
2018 Berlin
2021 Schuldig

Band des Monats auf Spotify

Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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