Film Katzelmacher

Dieser frühe Schwarzweiß-Film geht auf ein Theaterstück Fassbinders zurück und ist der bayerischen Volksdramatikerin Marieluise Fleißer gewidmet. Gezeigt werden die sozialen Rituale und Beziehungsdynamiken innerhalb einer Gruppe von 8 Männern und Frauen, die in einer gesichtslosen Münchner Vorstadtsiedlung leben. Wir sehen wie sie sich auf der Straße, in der Kneipe oder in ihren Wohnungen in verschiedenen Zusammensetzungen treffen, als Liebhaber oder Freunde, manchmal wortlos beim Sex oder kurz davor, aber meistens beim Sprechen und Lästern über Abwesende.
Obwohl alle ziemlich jung sind, zeigen sie ein hohes Maß an bürgerlicher Engstirnigkeit und Scheinheiligkeit. Sie handeln nach ihren Sehnsüchten und Begierden, betrügen sich gegenseitig und nützen einander aus, verleugnen dies aber sofort, beschuldigen andere und beharren in ihren Gesprächen auf moralischem Recht. Ihr Frust, ihre Eifersüchteleien und Ängste steigern sich und werden letztlich zu offenem Fremdenhass und Gewalt, als ein von Fassbinder gespielter griechischer Gastarbeiter in die Gruppe kommt und zum Objekt der Begierde und Aggression wird.

Dies alles spielt sich in einer Reihe von rigoros inszenierten kurzen Szenen ab, in denen die Figuren visuell auf einer Ebene aufgereiht sind, entweder gegen eine Wand oder in einen kleinen Raum gedrängt und von einer statischen Kamera gefilmt. Die Schauspieler, ihre Mimik und Sprache sind emotional distanziert. Sie sprechen, als ginge es um die Funktion eines elektrischen Geräts, was um so entfremdender wirkt, wenn sie Dialekt oder auch manchmal veraltete Ausdrücke verwenden. Das hält uns auf Distanz zu den Figuren und lässt sie uns observieren als entstammten sie einer anderen Gattung.

Möglicherweise war das die Inspiration für die griechische Regisseurin Athina Rachel Tsangari, die einige dieser Stilmittel einsetzt, um der Geschichte, die sie in ihrem Film Attenberg erzählt, die Schwere zu nehmen und um für die Entfremdung ihrer Heldin von deren Mitmenschen eine Entsprechung zu finden.

Westdeutschland, 1969, s/w, 88 Min. m.engl.U. Regie: Rainer Werner Fassbinder. Mit R.W. Fassbinder, Hanna Schygulla, Lilith Ungerer, Rudolf Waldemar.

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