Film Chinesisches Roulette

Chinesisches Roulette Foto: Albatros, Les Films du Solange/Michael Fengler

Mi, 18.11.2015

19:00 Uhr

Goethe-Institut London

Chinesisches Roulette

In einem seiner wenigen Filme über die Beziehung zwischen Kindern und Eltern versetzt Fassbinder seine Figuren in ein großes Landhaus in Franken. Hier zwingt die 12-jährige verkrüppelte Angela ihre Eltern, deren Liebhaber, ihre Erzieherin, die Haushälterin und ihren Sohn an einem bösartigen Spiel teilzunehmen, bei dem man den anderen tödliche Wunden zufügen kann, ohne eine Waffe in die Hand zu nehmen. Das ist Angelas Rache für die Zurückweisung ihrer Eltern, besonders ihrer Mutter, die sie seit sie zum Krüppel wurde erfahren hat. Der Druck, den Angela auf ihre Eltern ausübt, wirkt sich auch auf die Beziehung zwischen den Eltern und deren jeweiligen Liebhabern aus, die unerwartet in diesen anhaltenden Familienkrieg hineingezogen werden.

Fassbinders kontrollierte Inszenierung dieses Krieges durchläuft eine komplexe Choreographie, bei der die Figuren und die Kamera sich ständig bewegen. Verwinkelte Kameraaufnahmen durch Spiegel und zwei mit Flaschen gefüllten Glasvitrinen erzeugen in den Gesichtern der Schauspieler Verzerrungen und Brechungen und schaffen so die visuellen Entsprechungen für das Doppelspiel und die stets in Veränderung begriffenen emotionalen Zugehörigkeiten.

Eine ähnlich überhöhte formale Rigorosität zeigt sich auch in Béla Tarr’s Öszi Almanach, wo sie als Mittel eingesetzt wird, um die aggressiven und gehässigen Beziehungen zwischen den Bewohnern einer heruntergekommenen Villa darzustellen.

Westdeutschland, 1977, Farbe, 86 min. m.engl.U. Regie: Rainer Werner Fassbinder. Mit Anna Karina, Margit Carstensen, Brigitte Mira. 

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