Runder Tisch Diskussion Auseinandersetzung mit Gewaltgeschichte und Populismus

Historiker*innen und die Herausforderung des Rechtspopulismus © Goethe-Institut London

Di, 04.05.2021

18:00 Uhr BST

Online

Was kann man von „den Deutschen“ lernen? Was haben "die Deutschen" noch zu lernen?

Für viele Länder galt das "deutsche Modell" der Vergangenheitsbewältigung im Hinblick auf den Holocaust lange Zeit als vorbildlich. Sie sahen, dass dieses auch als Modell für die eigenen "schwierige Kapitel" dienen könnte. Doch in den letzten Jahren kam das Bild einer profunden Aufarbeitung der Deutschen Geschichte zunehmend ins Wanken: Die Debatte um das Humboldt-Forum zeigte, dass man in Deutschland andere Kapitel, wie etwa die eigene koloniale Vergangenheit, weitgehend ausgeblendet hatte. Dies löste die Frage aus, wie die verschiedenen Gewaltgeschichten zueinander in Beziehung gesetzt werden können und ob, wie Michael Rothberg es formuliert, Erinnerungen an Gräueltaten in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen müssen. Zudem hat der Aufstieg des Populismus in Deutschland zu einer Renaissance vermeintlich überwundener Narrative geführt, die "schwierige Kapitel" ganz vermeiden und stattdessen andere, "glorreichere" Momente der Vergangenheit in den Mittelpunkt stellen wollen.
 
Was bedeutet dies? Kann die deutsche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gräueltaten noch als Modell dafür dienen, wie andere Länder mit ihrem Erbe umgehen können? Inwieweit ist das Modell der "Vergangenheitsbewältigung" in postmigrantischen Gesellschaften noch relevant? Welche anderen "Geschichten" müssen geschrieben werden? Wie können wir uns von konkurrierenden Modellen der Geschichtsschreibung lösen? Und welche Instrumente haben wir, um mit populistischer oder gar extremistischer Kritik an zeitgenössischen Formen der Vergangenheitsbewältigung umzugehen?
 
Dieser Runde Tisch bringt vier führende Expert*innen aus Deutschland, den USA und Großbritannien zusammen, um diese wichtigen Fragen unserer Zeit zu diskutieren: Corinne Fowler, Susan Neiman, Michael Rothberg und Mark Terkessidis. Moderiert wird die Sitzung von Samira Ahmed von BBC Radio 4.

In Kooperation mit dem Deutschen Historischen Institut London. Weitere Informationen zu ihrer Summer Lecture Series 2021 finden Sie hier.


Sprecher*innen:
 

Corinne Fowler © Osbourne Photography Professorin Corinne Fowler leitet ein öffentliches Geschichtsprojekt unter dem Titel Colonial Countryside: National Trust Houses Reinterpreted. Corinne Fowler ist Mitherausgeberin des Berichts des National Trust über die Verbindungen seiner Häuser zum Kolonialismus und zur historischen Sklaverei. Sie ist Autorin von Green Unpleasant Land: Creative Responses to Rural Britain's Colonial Countryside (Peepal Tree Press: 2020).

Susan Neiman © Bettina Volke Susan Neiman ist Direktorin des Einstein Forums. Geboren in Atlanta, Georgia, studierte Neiman Philosophie in Harvard und an der Freien Universität Berlin und war Professorin für Philosophie an der Yale und Tel Aviv Universität. Sie ist die Autorin von Slow Fire: Jewish Notes from Berlin, The Unity of Reason: Rereading Kant, Evil in Modern Thought, Fremde sehen anders, Moral Clarity: A Guide for Grown-up Idealists, Why Grow Up?, Widerstand der Vernunft. Ein Manifest in postfaktischen Zeiten und Learning from the Germans: Race and the Memory of Evil. Sie ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und lebt in Berlin, Deutschland.

Michael Rothberg © David Wu, UCLA Alan D. Leve Center for Jewish Studies Michael Rothberg ist Inhaber des Samuel-Goetz-Lehrstuhls für Holocaust-Studien der Gesellschaft von 1939 und Professor für Englisch und vergleichende Literaturwissenschaft an der University of California, Los Angeles. Sein neuestes Buch heißt The Implicated Subject: Beyond Victims and Perpetrators (2019), erschienen bei Stanford University Press in der Reihe Cultural Memory in the Present. Zu seinen früheren Büchern gehören Multidirectional Memory: Remembering the Holocaust in the Age of Decolonization (2009), Traumatic Realism: The Demands of Holocaust Representation (2000), und, gemeinsam mit Neil Levi, The Holocaust: Theoretical Readings (2003). Mit Yasemin Yildiz stellt er derzeit Inheritance Trouble: Migrant Archives of Holocaust Remembrance für die Fordham University Press fertig.

Mark Terkessidis © Andreas Langen Mark Terkessidis ist freier Autor und arbeitet zu den Themen (Populär-)Kultur, Migration, Rassismus und gesellschaftlicher Wandel. Er studierte Psychologie in Köln und promovierte in Pädagogik in Mainz. Er war Redakteur der Zeitschrift „Spex“ und Moderator für WDR „Funkhaus Europa“. Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören u.a. „Interkultur“ (2010), „Kollaboration (2015, bei edition Suhrkamp), „Nach der Flucht. Neue Vorschläge für die Einwanderungsgesellschaft“ (2017, Reclam) und „Wessen Erinnerung zählt. Koloniale Vergangenheit und Rassismus heute“ (2019, Hoffmann & Campe).


Moderation:
 

Samira Ahmed © Foreign and Commonwealth Office Die preisgekrönte Journalistin und Rundfunksprecherin Samira Ahmed präsentiert Front Row auf Radio 4, Newswatch auf BBC1 und den Intelligence Squared-Podcast How I Found My Voice. Sie gewann den British Broadcasting Press Guild Audio Presenter of the Year Award im Jahr 2020. Samiras hochgelobte BBC4-Serie Art of Persia war die erste große Dokumentarserie, die seit 40 Jahren im Iran gedreht wurde. Samira gewann den Stonewall Broadcast of the Year Award während ihrer Zeit als Moderatorin bei Channel 4 News. Sie war BBC-Nachrichtenkorrespondentin, Reporterin bei Newsnight, Nachrichtensprecherin für World Service TV und Deutsche Welle TV.




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