Deutschlands Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union 2020
Erzähle mir von Europa

Es ging mir nicht anders als meiner ganzen Generation. Beschränkungen gab es überall. Der Eiserne Vorhang bestand ja nicht nur im Hinblick auf Auslandsreisen, sondern er betraf zum Beispiel auch das Recht, die Wahrheit auszusprechen. Verstehen Sie, ich habe mich sehr früh aus der Gesellschaft zurückgezogen. Genau deshalb, weil ich nicht lügen und mich nicht verstellen wollte. Weiter lesen...

Es habe für ihn Frankreich, aber kein Europa gegeben, erzählt der französische Drehbuchautor Jean-Claude Carrière über seine Kindheit. Warum die Einigkeit Europas bei ihm auch heute noch ambivalente Gefühle auslöst und wie er die Arbeit in Deutschland kurz nach dem Kriegsende wahrnahm, verrät er im Gespräch mit der Opernregisseurin Jeanne Pansard-Besson.

Irena Vrkljan wurde 1930 in Belgrad geboren, ihre Mutter stammte aus Wien, ihr Vater las ihr Gedichte von Morgenstern vor. „Ich lebte tatsächlich in einer europäischen Welt“, so die Schriftstellerin. 1941 floh ihre Familie nach Zagreb. Mehr über den Krieg erfuhr sie erst Jahre später.

Während Karin Krogs Kindheit marschierte Deutschland in ihre Heimat Norwegen ein. „Als in der Nähe eine Bombe einschlug, habe ich das schlicht verschlafen.“ Später nahm die Sängerin ein Album in Berlin auf. Über ihre Liebe zum Jazz und zu Europa spricht sie mit der norwegischen Journalistin und Literaturkritikerin Erle Marie Sørheim.

Die Isländerin Vigdís Finnbogadóttir ist die erste Frau weltweit, die zum Staatsoberhaupt gewählt wurde. Sie wuchs in einem kosmopolitischen Umfeld auf, studierte in Frankreich, sagt aber über ihre Heimat: „Wir befinden uns auf einer Insel, unsere Grenzen sind das Meer.“ Im Gespräch mit dem Schriftsteller Kristof Magnusson blickt sie zurück auf ihr Leben in Europa.

In den 1980er-Jahren engagierte sich der italienische Jesuit Bartolomeo Sorge in Palermo: „Wir wollten die Welt verändern und begannen bei den Menschen in den Straßen.“ Nicht nur damals, sondern auch in der heutigen Krise.Europas lautet seine Lösung: Bildung. Warum das so ist, erzählt er dem Philosophen und Theologen Jörg Nies.    

Über den Fall des Eisernen Vorhangs sagt der slowakische Philosoph Egon Gál: „Wir dachten, wir wären endlich Teil des Westens geworden.“ Warum die Realität dann aber ganz anders aussah und wieso er die 1960er-Jahre als Jahrzehnt des Nachdenkens wahrnahm, erzählt er der Autorin Tereza Reichelova, die in Prag Philosophie und Politologie studiert hat.

Der albanische Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und politische Publizist Rexhep Qosja wurde 1936 in Vuthaj/Vusinje in Montenegro geboren. Er studierte Albanologie und Literaturwissenschaften in Prishtina und Belgrad und hatte später die Leitung des Instituts für Albanologie in Prishtina inne. Qosja war Teil der kosovarischen Delegation während der letztlich gescheiterten Friedensgespräche mit Slobodan Milošević in Rambouillet, Frankreich 1998. Nach dem Ende des Kosovo-Kriegs war er Mitglied, in der von den Vereinten Nationen eingesetzten UNMIK-Interimsregierung in Kosovo. Zu seinen berühmtesten Werken zählt der Roman „In solchen Augen liegt der Tod“, der 1995 auch auf Deutsch erschienen ist. Qosja lebt in Prishtina.