Nürnberger Empfehlungen
Geeignete Inhalte für ein frühes Fremdsprachenangebot

Die Auswahl thematischer und sprachlicher Lerninhalte richtet sich nach den Interessen des Kindes und nach seiner lernpsychologischen Entwicklung. Die Inhalte sollen den Interessen des Kindes entsprechen und sie erweitern, seine Gefühle ansprechen, sein Engagement, seine Fantasie und Kreativität fördern und ihm Spaß machen.

Die Inhalte des frühen Fremdsprachenlernens ergänzen und differenzieren das Weltbild, das das Kind in der Muttersprache aufbaut oder bereits aufgebaut hat. Sie folgen einer semantischen und pragmatischen Progression und verzichten weitgehend auf eine grammatische Progression. Inhalte sollen möglichst an Hand von authentischen Lernmaterialien vermittelt werden. Es empfehlen sich einfache Textsorten wie z.B. Reime, Lieder, Sprüche, Märchen, Geschichten. Nicht authentische für Unterrichtszwecke verfasste Texte sollen sich an authentischer Sprache und authentischen Textsorten orientieren und sowohl dialogische als auch narrative Formen berücksichtigen.

Um die sprachlichen Kompetenzen in den Fertigkeitsbereichen Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben und die kommunikative Handlungsfähigkeit im kindlichen Alltag entwickeln zu können, benötigen die Lerner Wortschatz und sprachliche Strukturen, die in das Lebensumfeld des Kindes passen. Lehrpläne sollen hier nicht nur eine Themenauswahl, sondern auch die im Kontext des Themas zu erwerbenden Strukturen vorgeben, die in Bilder- und Lehrbüchern eingebunden sein sollten. 

Ausspracheschulung soll ein integraler Bestandteil des Lernangebots sein. Dabei sind audio- und audiovisuelle Medien mit Aufnahmen von muttersprachlichen Sprechern vorteilhaft. Parasprachliche Mittel wie Gestik und Mimik sowie andere sprachliche Mittel, die aufs Engste mit der sozialen und kulturellen Dimension des Sprachgebrauchs in der Zielsprache verbunden sind (Begrüßungsformeln, Anreden, Höflichkeitsformen u.a.), sind auch ein wesentlicher inhaltlicher Bestandteil der frühen Fremdsprachenvermittlung.
 

Empfehlung:

Inhalte, die dem frühen Fremdsprachenangebot zugrunde liegen, sollten zum Beispiel unten genannte allgemeine Themen berühren und in den dazu passenden Wortschatz bewusst einführen. Die genannten Inhalte sollten in kommunikative Kontexte eingebettet werden.

Themen und Situationen

  • Alltags- und Kinderkultur: 
    Das Kind in verschiedenen Kontexten, z.B. ich und meine Familie/Freunde, Kindergarten/Schule, Spielen, Hobbys, Sport, Tiere, Reisen, Jahreszeiten/Wetter, Essen und Trinken, Körper/Gesundheit, Kleidung, Feste und Bräuche, Umweltschutz/Nachhaltiger Umgang mit der Umwelt u.a.
  • Sachkundliche Aspekte:
    Im Rahmen der o.g. Themen werden neue Erfahrungen und Erkenntnisse über die Menschen und die Umwelt vermittelt.
  • Interkulturell landeskundliche Aspekte:
    Alltag/Sitten und Bräuche im Zielsprachenland anhand von Beispielen erfahren und in Bezug zum eigenen Lebensumfeld setzen.
Wortschatz
  • Im Rahmen der oben genannten Themen und Situationen sollte kindgemäßer Wortschatz aus möglichst allen Wortarten erworben werden.
Bei der Auswahl von ausspracherelevanten Inhalten und sprachlichen Strukturen sollten folgende Aspekte beachtet werden: 

Aussprache
  • Auf eine korrekte Aussprache und Intonation sollte frühzeitig geachtet werden.
  • Unterschiede zwischen Mutter- und Fremdsprache sollten dem lernenden Kind bewusst gemacht werden.
  • Bei der Ausspracheschulung sollten sowohl Hörübungen als auch Sprechübungen angeboten werden
Sprachliche Strukturen und Sprachgebrauch
  • Kommunikative Absichten sollten in einfache syntaktische Strukturen (vornehmlich Hauptsätze) eingebettet werden, insbesondere wenn es um die produktiven Leistungen in der direkten mündlichen Kommunikation geht. Bei Verstehenstexten (Hör- und Lesetexte) können allmählich auch komplexere Strukturen zur rezeptiven Spracherweiterung eingeführt werden.
  • Ein gewisses Maß an Sprachregeln und Einblick in Gesetzmäßigkeit können im frühen Fremdsprachenunterricht zur besseren Transparenz beitragen und legen ein Fundament für zukünftige Sprachreflexionen. Dies darf aber nicht mit einem Grammatikunterricht verwechselt werden, sondern sollte sich aus kommunikativen oder inhaltlichen Aspekten ergeben. Schematische Übungen, deduktives Einführen von Grammatikregeln und Benutzung von metasprachlichen Begriffen entsprechen keineswegs dem kognitiven Entwicklungsstand von etwa vier- bis zehnjährigen Kindern und führen nicht zum angestrebten Ziel einer kommunikativen Sprachverwendung.
Zu relevanten Inhalten der frühen Fremdsprachenvermittlung gehören als ein integraler Bestandteil der direkten Kommunikation auch außer- und parasprachliche Mittel:

Nonverbale Kommunikationsmittel
  • Kommunikationssituationen sollten sowohl durch unterstützende praktische Handlungen (etwas zeigen, eine Handlung nachmachen u. a.) als auch durch entsprechende parasprachliche Mittel der Körpersprache begleitet werden (Gestik, Mimik Körperhaltung, Körper- und Augenkontakt u.a.). Durch ihre kulturelle Gebundenheit können parasprachliche Mittel entscheidend zum Gelingen oder Misslingen der Kommunikation beitragen.