Jazz im Herbst 2018 Experimentelle Improvisationsmusik
KONZERT 1
NEUER ANSATZPUNKT
Alfred 23 Harth – Saxophon, Posaune, Elektronik
Nicola Hein – Gitarre
Marcel Daemgen – Synthesizer
Jörg Fischer – Schlagzeug
Alfred 23 Harth ist ein genreüberschreitender Musiker, Komponist und Multimedia-Künstler. Der Musiker gilt als eine der legendärsten Persönlichkeiten nicht nur in der internationalen Improvisationsszene, sondern wohl auch in der Musikgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Harth begann 1967 zusammen mit der Frankfurter Band Just Music mit freier Improvisation zu experimentieren: Er lernte all die erweiterten Saxophontechniken, nachher erforschte er durch viele Versuche neue Möglichkeiten des präparierten Saxophons, er verwendete diverse multimediale Ausdrucksmittel. Gleichzeitig erweiterte Harth seine Tätigkeit als visueller Künstler auf dem Gebiet der Malerei, Videokunst und Performance.
Im Laufe seiner mehr als fünfzigjährigen Tätigkeit spielte Harth mit ganz verschiedenen anerkannten Vertretern der Improvisations- und Experimentalszene, mit Peter Brötzmann, Paul Lovens, John Zorn, Otomo Yoshihide, Sonny Sharrock, Günther Müller, Hans Joachim Irmler (Faust), FM Einheit (Einstürzende Neubauten) und vielen anderen. Sehr erfolgreich sind Harths Kollaborationen mit dem Gitarristen Kazuhisa Uchihashi. Im Jahr 2015 traten die Musiker zusammen im Rahmen des Moskauer Festivals Jazz im Herbst auf.
1975 gründete Harth gemeinsam mit dem Musiker Heiner Goebbels das Duo Goebbels/Harth, eines der einflussreichsten und fruchtbarsten Projekte auf dem Gebiet europäischer freierer Improvisation. Sie spielten zusammen in verschiedenen Bands, komponierten Hörspielmusik und Musik für Theaterinszenierungen, woraus später das Konzept des Musiktheaters von Heiner Goebbels entstand. Bis zu der Auflösung des Duos im Jahr 1988 experimentierten Harth und Goebbels mit der konkreten Musik, mit Tonpoesie, kreierten Kompositionen zu Texten von Bertolt Brecht.
Harth maß dem Verhältnis von Musik und Politik immer eine große Bedeutung bei. Das Sogenannte Linksradikale Blasorchester, das von Harth und Goebbels gegründet wurde, ist ein gutes Beispiel dafür, wie freie Improvisation musikalische Grenzen sprengt und eine gewisse Verwandtschaft mit politischem Aktionismus aufweist. Ende der 1970er-Jahre ließ sich Harth von Punk hinreißen, er versuchte dem Jazz und der freien Improvisation rohe Punk-Energie einzuhauchen. Aus der Zusammenarbeit mit dem Punkmusiker Christoph Anders entstand Cassiber, eine der wichtigsten Avantrock-Bands der 1980er-Jahre, zu der außer Anders und Harth solche Stars wie Goebbels und Chris Cutler gehörten. Gelegentlich arbeitete Cassiber mit anderen Bands zusammen, etwa mit der postmodernistischen Duck and Cover: Dem Quartett Cassiber schlossen sich Tom Cora, Fred Frith und Dagmar Krause an. Seit 1987 nahm Harth am Projekt der Saxophonistin Lindsay Coopers Oh Moscow teil. Dieser Songzyklus war eine poetisch-politische Reflexion über die Atmosphäre des Kalten Kriegs und seine Rhetorik.
Die aktuelle Gruppe von Alfred 23 Harth heißt Revolver 23: Zu der Gruppe gehören Schlagzeuger Jörg Fischer, Live-Musiker (Elektronik) Marcel Daemgen und Gitarrist Nicola Hein. Daemgen, der seit 1998 Mitglied von Harths Band Imperial Hoot gewesen ist, bringt Noise-, Industrial- und Minimal-Techno-Elemente in Improvisation. Der Schlagzeuger Jörg Fischer, der mit Peter Brötzmann und Rudi Machall gespielt hat und eher Vertreter eines traditionelleren Stils freier Improvisation ist, bildet schon seit längerem ein Duo mit Marcel Daemgen.
Daemgen und Fischer haben 2015 Alfred 23 Harth für das Album Confucius Tarif Reduit hinzugeholt.
Nicola Hein ist ein deutscher Gitarrist, Komponist, Klangkünstler und Philosoph im Bereich der Improvisation, er bereichert den Gesamtsound durch eine experimentelle Note. Harth und Hein spielten zusammen als Duo und als Trio mit dem Trompeter Axel Dörner. Alle diese musikalischen Zusammenhänge kommen am Gleichgewichtspunkt zusammen, wo sie von Alfred 23 Harth, einem der vielfältigsten Musiker der internationalen freien Improvisationsszene, auf den Prüfstand gestellt werden.
Daniel Burygin
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