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Community Warden
Die Regenwaldwächter Sumatras

Samsu, Teamleiter der community warden (gemeindebasierte Patrouille) innerhalb der Gruppe der Kelompang.
Samsu, Teamleiter der gemeindebasierte Patrouille innerhalb der Gruppe der Kelompang. | © Elviza Diana

Acht Angehörige der indigenen Gruppe der Batin Sembilan durchstreifen ein Gebiet mit einigen Lorbeer- und Kempasbäumen, ansonsten wachsen in der näheren Umgebung und unter der heißen Sonne nur hohe Gräser und „Daun Babi“, dornige Sträucher, die an den Ärmeln ihre Hemden aufreißen. Die Angehörigen der Batin Sembilan, die sich zu einer „community warden“ (gemeinschaftsbasierte Patrouille) zusammengeschlossen haben, sind als Hüter der Artenvielfalt im Gebiet des Hutan Harapan unterwegs. Das Areal, das zur Wiederherstellung des Regenwaldes ausgewiesen ist, erstreckt sich entlang der Grenze zwischen Jambi und Süd-Sumatra, Indonesien.

Die Geschichte ihrer Reise begann vor drei Jahren, als man in Hutan Harapan die Initiative ergriff, die sogenannten community warden einzurichten. Im Bemühen, die Artenvielfalt zu schützen, erkannte man, wie wichtig es ist, lokale Gemeinschaften in Maßnahmen des Naturschutzes einzubeziehen. Mit der Beteiligung der indigenen Gruppe der Batin Sembilan sind zwei Bevölkerungsgruppen involviert, nämlich die Gruppe der Kelompang und die der Simpang Macan Luar. Die Batin Sembilan sagen selbst, dass sie  seit circa dem 7. Jahrhundert nach Christus in den Tieflandwäldern Sumatras leben. Daher verfügen sie über umfassendes Wissen und tiefgreifende Kenntnisse dieses Ökosystems. Auf der Grundlage ihres lokalen Wissens wirken sie bereits seit der Zeit des Sriwijaya-Königreichs (im 7. Jahrhundert nach Christus) als Hüter der Natur. Derzeit leben 252 Familien der Batin Sembilan auf dem Gebiet des Hutan Harapan.

„Die indigene Gruppe der Batin Sembilan ist ein wertvoller Partner für uns. Ihre Angehörigen sind eine wichtige Stütze bei unseren Bemühungen, den Hutan Harapan zu erhalten,“ erklärt TP Damanik, Leiter für Waldschutz bei PT REKI, einer aus internationalen NGOs und indonesischen Institutionen bestehenden Verwaltung, die die Wiederaufforstung des Hutan Harapan überwacht und koordiniert. „Sie sind die Hüter der lokalen Weisheit und verfügen über das von Generation zu Generation weitergegebene Wissen über das Leben in diesem Wald.“

Verteidigung ihrer Heimat mit Macheten und Sägen

Die Einrichtung der community warden ist eine konkrete Maßnahme zum Erhalt des Hutan Harapan. Ein Patrouillenteam besteht aus 30 Personen, das zwei Mal pro Woche jeden Winkel des 98.555 Hektar großen Waldes erkundet. „Wir wollen unseren Wald vor illegalem Holzeinschlag schützen“, sagt Teguh Santika, Mitglied der Patrouille. „Wir sind auf viele Holzfäller gestoßen, die in unsere Gemeinde eindringen, um illegal Bäume zu fällen. Davon abgesehen,“ ergänzt sie, „führt eine Straße zu einem Bergbau durch den Wald, in dem wir leben.

Patrouillenexpedition im Mai 2023: Etwa fünf Kilometer vom Ausgangspunkt entfernt treffen die Blicke der Teammitglieder auf eine erschütternde Szenerie. Vor ihren Augen erstreckt sich gerodetes Land, bewachsen mit jungen Ölpalmen, die offenbar erst vor kurzem gepflanzt wurden. „Bei diesem Anblick bleibt einem das Herz stehen. Es ist, als würde unser Leben von einer unabwendbaren Realität eingeholt. Die Ölpalmen sind Zeichen der Zerstörung, einer unverantwortlichen Unternehmung, die die Nachhaltigkeit unserer Umwelt bedroht,“ erklärt Samsul mit heiserer, aber entschlossener Stimme.
Abholzung von Ölpalmen, die von Holzfällern im Gebiet des Hutan Harapan angepflanzt wurden. Abholzung von Ölpalmen, die von Holzfällern im Gebiet des „Hutan Harapan“ angepflanzt wurden. | © Elviza Diana
Ohne das geringste Zögern geht das Patrouillenteam vor. Ihre einfachen Werkzeuge, Macheten und Sägen, werden zu Waffen, wenn es um die Verteidigung ihrer Heimat geht. Jeder Hieb mit der Machete, jeder Zug mit der Säge bedeutet Widerstand gegen umweltzerstörerische Ambitionen anderer. „Die Abholzung dieser Ölpalmen ist Symbol unseres Widerstands. Wir werden nicht zulassen, dass sich die Spur der Zerstörung durch unser heiliges Land zieht. Hutan Harapan ist nicht nur eine Ansammlung von Bäumen, sondern ein integrales Element unseres Lebens. Hutan Harapan zu beschützen bedeutet unser Zuhause zu beschützen,“ sagt Samsul und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Neben der Abholzung wuchernder illegaler Ölpalmenplantagen überwachen die Patrouillenmitglieder auch andere illegale Aktivitäten wie den illegalen Holzeinschlag bis hin zur Wilderei. 

Wirtschaftliche Unabhängigkeit

Diese Partnerschaft erlaubt der Gruppe der Batin Sembilan die Ausübung ihrer traditionellen Aktivitäten im Wald, solange diese nicht den Schutz der Natur gefährden. Die Menschen können so traditionell jagen, landwirtschaftliche Produkte anbauen sowie Nichtholzprodukte des Waldes sammeln. Darüber hinaus haben sie Anspruch auf ökonomische Erträge aus den Waldprodukten, die sie nachhaltig weiterverarbeiten. Im Rahmen dieser Partnerschaft bietet die Verwaltung des Hutan Harapan technische Unterstützung, Beratung sowie den Zugang zu Märkten für Nichtholzprodukte, die von der Gruppe der Batin Sembilan hergestellt werden. Ziel ist es, den Lebensstandard der indigenen Bevölkerung zu verbessern und Tätigkeiten in Verbindung mit dem Wald zu einer nachhaltigen Lebensgrundlage zu gestalten.

Neben der Durchführung regelmäßiger Patrouillen engagieren sich das Team von PT REKI und die Mitglieder der community warden auch in Bildungsprogrammen und Maßnahmen zur Stärkung des Umweltbewusstseins im Hinblick auf den Hutan Harapan. Sie organisieren Treffen mit der Bevölkerung vor Ort, darunter mit Angehörigen der Batin Sembilan, um Verständnis dafür zu vermitteln, wie wichtig der Schutz der biologischen Vielfalt und der Erhalt natürlicher Ressourcen ist, und welche negativen Auswirkungen umweltschädliche Praktiken haben. „Bildung und Umweltbewusstsein sind der Schlüssel zur Schaffung nachhaltigen Wandels,“ sagt Hospita, Kommunikationsbeauftragte bei PT REKI. „Wir hoffen, dass sich die Menschen durch diese Programme zunehmend der Bedeutung des Waldschutzes und des Lebens im Wald bewusst werden. Wir alle tragen gemeinsam die Verantwortung, dieses Naturerbe zu schützen.“
 
Baumschulfläche für Waldpflanzen zur Wiederaufforstung des Wiederherstellungsgebiets Hutan Harapan unter Beteiligung der Batin Sembilan. Baumschulfläche für Waldpflanzen zur Wiederaufforstung des Wiederherstellungsgebiets „Hutan Harapan“ unter Beteiligung der Batin Sembilan. | © Elviza Diana
In den vergangenen Jahren zeigte die Zusammenarbeit zwischen PT REKI und der indigenen Gruppe beim Schutz des Hutan Harapan signifikante positive Wirkungen. Illegale Aktivitäten wurden mehr und mehr eingeschränkt, die lokale Bevölkerung wird sich zunehmend der Bedeutung des Naturschutzes bewusst, und das Gleichgewicht des Ökosystems wird besser geschützt: „Vor dem Jahr 2019 konnte die Fläche des Holzeinschlags bis zu 700 bis 800 Hektar erreichen, bis Mai 2023 haben wir diese Fläche auf 300 bis 400 Hektar drücken können. Und einige der Areale, auf denen es früher Holzeinschläge gab, haben sich auf natürliche Weise erholt,“ ergänzt Damanik von PT REKI.

Diese Reise ist jedoch noch lange nicht zu Ende. Beim Schutz der Tropenwälder bestehen weiterhin viele Herausforderungen, und der Kampf dieser Menschen muss fortgesetzt werden.

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