Schauspielerinnen
Aus Deutschland „herausragend“

Diane Kruger, 42.Deauville US Film Festival 2016
Diane Kruger beim 42. Deauville US-Film-Festival 2016 | Foto (Ausschnitt): © dpa/Franck Castel / Wostok Press

Es ist wohl der Traum vieler deutscher Filmstars, auch jenseits des eigenen Landes bekannt zu sein. Gelungen ist das allerdings nur wenigen – Filmkritikerin Birgit Roschy stellt die zehn erfolgreichsten Schauspielerinnen vor, die im Ausland Karriere gemacht haben.

Die Galionsfigur unter den deutschen Schauspielerinnen, die es geschafft haben, zum globalen Mythos aufzusteigen, ist sicherlich Marlene Dietrich. Nach ihr, der Weltbürgerin, die es vorzog, nicht mehr in ihre alte Heimat zurückzukehren, gab es keinen weiblichen Star aus Deutschland, der eine ähnliche Zugkraft entwickelte. Wo es Regisseuren wie Roland Emmerich und Wolfgang Petersen gelang, in Hollywood, dem Herz der Unterhaltungsindustrie, Karriere zu machen, blieb dies vielversprechenden Schauspielerinnen schon wegen der Sprachbarriere verwehrt. Doch im Zeitalter globalen Zusammenwachsens und internationaler Koproduktionen gibt es immer mehr Charaktergesichter, die nicht nur in Berlin, sondern auch in Paris, New York und Los Angeles erkannt und angehimmelt werden. Dazu gehören etwa Franka Potente, die coole Ikone des wiedervereinigten Berlins, Marianne Sägebrecht aus Bayern, und auch Hanna Schygulla, die, wie einst Marlene Dietrich, eine bestimmte Epoche verkörpert: die rebellischste Phase des deutschen Films. Daneben gibt es auch Darstellerinnen, die sich gänzlich unbemerkt vom deutschen Publikum ihren Platz im Weltkino erobert haben. Zehn dieser aus Deutschland „herausragenden“ Schauspielerinnen werden hier gewürdigt.

Marlene Dietrich

Marlene Dietrich, undatiert Marlene Dietrich, undatiert | Foto (Ausschnitt): © dpa/Bert Reisfeld 1929 suchte Regisseur Josef von Sternberg für den deutschen UFA-Film Der blaue Engel eine Hauptdarstellerin. Obwohl er die 1901 in Berlin geborene Marlene Dietrich anfangs für eine „alberne Gans“ hielt, engagierte er das einstige Revuegirl für die Rolle der Tänzerin Lola Lola. Der blaue Engel war die Geburt eines Mythos: Nach dem weltweiten Erfolg des Films folgte die Schauspielerin Sternberg nach Hollywood und ließ sich von ihrem Mentor in glamourösen Inszenierungen zur erotischen Göttin stilisieren. In Filmen wie Marokko (Josef von Sternberg, 1930), Shanghai-Express (Josef von Sternberg, 1932) und Der große Bluff (George Marshall, 1939) verkörperte sie ein bisher ungewohntes Frauenbild: halb ruchlose femme fatale, halb Rebellin, bewaffnet mit unwiderstehlicher Nonchalance. Auch im wahren Leben hatte die Stilikone und Gegnerin des Nationalsozialismus, die Hosenanzüge trug und Liebschaften beiderlei Geschlechts pflegte, ein unkonventionelles Image. Im Nachkriegsdeutschland jedoch wurde die einstige Emigrantin, die eine zweite Weltkarriere als Sängerin machte, lange als „Verräterin“ angefeindet. Dietrich, der größte deutsche Weltstar, wandte sich von Deutschland ab und zog sich nach Paris zurück, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1992 lebte. Als einzigen deutschen Filmstar wählte sie das American Film Institute 1999 unter die 25 größten weiblichen Leinwandlegenden aller Zeiten.

Hildegard Knef

Hildegrad Knef, 1973 in Österreich Hildegrad Knef, 1973 in Österreich | Foto (Ausschnitt): © dpa/Horst Ossinger Kaum eine weibliche Showgröße der letzten Jahrzehnte wurde vom großen Publikum so verehrt und zugleich gehasst wie „die Knef“. Bereits 1951 verursachte die junge Berlinerin in Willi Forsts Melodram Die Sünderin mit wenigen Sekunden Nacktheit einen großen Skandal in der prüden Nachkriegszeit. Schon zuvor hatte die 1925 geborene UFA-Nachwuchsdarstellerin Furore gemacht, als sie gleich nach der NS-Zeit im Drama Die Mörder sind unter uns (Wolfgang Staudte, 1946) glänzte und von Hollywood-Studios unter Vertrag genommen wurde. In den USA gelang der Schönheit mit dem spröden Sex-Appeal eine beachtliche Karriere, gekrönt von der Ninotschka-Rolle im Broadway-Musical Silk Stockings. Als „beste Sängerin der Welt ohne Stimme“, so wurde sie von Ella Fitzgerald genannt, füllte das Multitalent in der alten Heimat mit selbst geschriebenen Chansons wie Für mich soll’s rote Rosen regnen die Konzertsäle. Schon vor ihrem Tod im Jahr 2002 war diese allzu menschliche Diva, die nicht nur im autobiografischen Besteller Der geschenkte Gaul ihre privaten Hochs und Tiefs öffentlich gemacht hatte, längst eine Legende.

Hanna Schygulla

Hanna Schygulla Hanna Schygulla | Foto (Ausschnitt): © Dorothea Wimmer Die eigenwillige Künstlerin steht wie keine andere für die rebellischste Phase des deutschen Films. Im Jahr 1943 in Schlesien geboren und in München aufgewachsen, war Schygulla die Muse von Regie-Legende Rainer Werner Fassbinder, der mit seiner Radikalität „Opas Kino“ der Nachkriegszeit hinwegfegte. In zwölf Jahren wirkte sie in 23 seiner Filme mit, darunter Lili Marleen (1980) und Die Ehe der Maria Braun (1978), die ihr den internationalen Durchbruch verschafften. Nach Fassbinders frühem Tod stieg die introvertierte Künstlerin und Wahlpariserin zur bevorzugten Darstellerin europäischer Autorenfilmer wie Andrzej Wajda, Carlos Saura, Jean-Luc Godard und Ettore Scola auf. Ihre lasziv wirkende Ausstrahlung beflügelte auch ihre zweite, ebenso erfolgreiche Karriere als Chansonsängerin. Wach auf und träume, so lautet programmatisch der Titel ihrer Autobiografie, in der sich die Grande Dame des europäischen Kunstkinos als Anti-Star und Wanderin zwischen den Welten beschreibt.

Marianne Sägebrecht

Marianne Sägebrecht, 2010 Marianne Sägebrecht, 2010 | Foto (Ausschnitt): © dpa/Tobias Hase Eine bayerische Hausfrau im Lodenkostüm, die in der Wüste von Arizona strandet, begeisterte 1987 das US-amerikanische Arthouse-Publikum. Die Komödie Out of Rosenheim (Percy Adlon 1987) präsentierte mit Marianne Sägebrecht eine Heldin mit, wie die New York Times schrieb, „unbeschreiblichem Charisma“. Die 1945 in Starnberg geborene Gärtnertochter wird seither auch in Los Angeles oder Paris auf der Straße erkannt. Mit Auftritten in den US-Komödien Mond über Parador (Paul Mazursky, 1988) und Der Rosenkrieg (Danny deVito, 1989) oder mit Michel Piccoli im Liebesdrama Martha und ich (Jirí Weiss, 1990) bestätigte sie ihren Status als Ausnahme-Darstellerin. „Ein Film muss gut gewürzt sein. Und ich bin der Knoblauch“, so Sägebrecht. Die ausgebildete Arzthelferin betrieb eine legendäre Münchner Künstlerkneipe, und arbeitete nebenbei im Kabarett und Theater, bevor sie von Regisseur Percy Adlon entdeckt und mit seiner skurrilen Liebeskomödie Zuckerbaby (1985) bekannt wurde. Seither ist Sägebrecht, die auch Bücher schreibt, aus dem Filmbetrieb nicht wegzudenken: „Auf der Zelluloidwiese bin ich eine der letzten Elefantenmütter.“

Barbara Sukowa

Barbara Sukowa Barbara Sukowa | Foto (Ausschnitt): © Concorde Filmverleih Wie viele in der Nachkriegszeit geborene Stars feierte auch die Bremer Kaufmannstochter Barbara Sukowa, Jahrgang 1950, ihren Durchbruch mit Regisseur Rainer Werner Fassbinder. Als opferbereite „Mieze“ in seiner gefeierten Serie Berlin Alexanderplatz (1980) und mit dem Drama Lola (1981) empfahl sie sich für große, tragische Frauenrollen. Als Muse von Autorenfilmerin Margarethe von Trotta verkörperte sie in Die bleierne Zeit (1981) die RAF-Terroristin Gudrun Ensslin, in Rosa Luxemburg (1986) die gleichnamige deutsch-polnische Sozialistin, die philosophische Theoretikerin Hannah Arendt (2012) und in Vision – Aus dem Leben von Hildegard von Bingen (2009) gar eine Heilige. Doch der dreifachen Mutter und Ehefrau des Multimediakünstlers Robert Longo gelang in New York eine zweite Karriere. Als Sängerin sowohl in Klassikkonzerten wie mit ihrer eigenen Rockband und mit Stippvisiten in coolen Filmen wie John Turturros Romance & Cigarette (2005) hat sie in den USA, so sagt sie selbst, endlich „das Lächeln“ gelernt.

Nastassja Kinski

Nastassja Kinski, 2015 beim Filmfestival in Venedig Nastassja Kinski, 2015 beim Filmfestival in Venedig | Foto (Ausschnitt): © dpa/Ettore Ferrari 1977 verliebte sich ganz Deutschland in eine Sechzehnjährige mit Schmollmund und grünen Augen, die in der Tatort-Folge Reifezeugnis (Wolfgang Peterson) eine unglücklich verliebte Schülerin spielte. Nastassja Kinski entwickelte sich zur international begehrten Darstellerin und drehte unter anderem mit Francis Ford Coppola, Roman Polanski und Paul Schrader. Ihren größten Erfolg feierte „Nasti“ 1985 in Paris Texas von Wim Wenders, der die Zwölfjährige in einer Münchner Disco entdeckt und sie mit einer ersten kleinen Rolle auf den Geschmack der Schauspielerei gebracht hatte. Mit ihrer Gänsehaut erzeugenden Sensitivität und Sinnlichkeit verlieh sie Wenders deutsch-amerikanischen Roadmovie romantisches Flair. Doch ihr Image einer verführerischen Lolita stand der Tochter des Schauspielers Klaus Kinski, die 1961 in West-Berlin geboren wurde, oft im Wege. Besonders in ihrer alten Heimat verkörpert Kinski, die als dreifache Mutter und Schauspielerin ihr Leben in Hollywood meistert, nach wie vor die zwischen „femme fatale“ und „femme fragile“ schillernde Kindfrau.

Franka Potente

Franka Potente, Los Angeles 2014 Franka Potente, Los Angeles 2014 | Foto (Ausschnitt): © dpa/D. Long Als tätowierte Punk-Göre mit feuerrotem Haar wurde Franka Potente 1998 in Lola rennt von Tom Tykwer zur Sensation. Dieser ästhetisch experimentierfreudige Berlin-Film, dessen Heldin in drei Varianten derselben Geschichte durch die Stadt rennt, um 100.000 DM aufzutreiben und ihrem Liebsten das Leben zu retten, machte Potente zum Aushängeschild eines neuen deutschen Kinos. In den USA stieg der Kultfilm nach Das Boot (Wolfgang Petersen, 1980) zum größten deutschen Kassenhit auf und verschaffte Potente Rollen an der Seite von Stars wie Johnny Depp in Blow (Ted Demme, 2001) und Matt Damon in der Bourne-Actionreihe. Doch es war nicht die Arbeit, die Potente dazu bewog, nach Los Angeles umzuziehen, sondern die Liebe. Die Schauspielerin teilt ihre Zeit zwischen ihrer Familie in L.A. und ihren vielen Auftritten in US-amerikanischen und deutschen Kinofilmen und Serien. Daneben hat die 1974 in Münster geborene Künstlerin auch als Schriftstellerin und Kurzfilm-Regisseurin Anerkennung gefunden.

Christiane Paul

Christiane Paul, 2016 Christiane Paul, 2016 | Foto (Ausschnitt): © dpa/Stephan Persch Die 1974 in der damaligen DDR in Ostberlin geborene Schauspielerin studierte, parallel zu ihren ersten Schritten vor der Kamera, Medizin. Erst nach ihrer Doktorarbeit 2004 entschied sie sich gänzlich für die Schauspielerei. Da war die fröhlich wirkende Frau mit dem Julia-Roberts-Mund längst eines der beliebtesten und bekanntesten Gesichter des deutschen Films und Fernsehens. Ihren Durchbruch erlebte die Darstellerin im Jahr 1997 mit der Berlin-Komödie Das Leben ist eine Baustelle (Wolfgang Becker), in der sie eine Straßenmusikerin spielt. Christiane Paul, die mit den renommiertesten zeitgenössischen Regisseuren wie Theo Angelopoulos in The Dust of Time (2008), Fatih Akin in Im Juli (2000) und Dennis Gansel in Die Welle (2008) drehte, ist bekannt für ihre Ausstrahlung der „jungen Frau von nebenan“. Bislang war Christiane Paul nur selten in internationalen Filmen zu sehen, doch 2016 wurde sie für den deutschen Terroristen-Thriller Unterm Radar (Elmar Fischer, 2015) als erste deutsche Schauspielerin auf Anhieb mit dem Emmy, dem US-Fernseh-Oscar, preisgekrönt.

Diane Kruger

Diane Kruger, 42.Deauville US Film Festival 2016 Diane Kruger, 42.Deauville US Film Festival 2016 | Foto (Ausschnitt): © dpa/Franck Castel / Wostok Press Wohl nur Wenige hätten der jungen Frau, die wie viele Starmodels auf die Leinwand wechselte, eine solide Filmkarriere vorhergesagt. Von einer prominenten Filmkritikerin wurde Diane Kruger einmal abgekanzelt als „zu schön, um jemals eine Rolle mit Tiefgang zu spielen“. Doch mit derselben Leichtfüßigkeit, mit der sich die ausgebildete Balletttänzerin einst auf den Laufstegen bewegte, bewegt sie sich seit vielen Jahren zwischen US-amerikanischen, französischen und deutschen Drehorten – und zwischen Blockbustern und Charakterrollen. 1976 im ländlichen Niedersachsen unter dem Namen Heidkrüger geboren, ging sie mit 16 Jahren nach Paris, um zu modeln. Als sie 2004 als schöne Helena im Historienepos Troja (Wolfgang Petersen, 2004) den internationalen Durchbruch feierte, war sie in Frankreich bereits eine anerkannte Darstellerin. Obwohl sie mit weiteren Hollywood-Blockbustern wie Das Vermächtnis der Tempelritter (Jon Turteltaub, 2004) und Inglourious Basterds (Quentin Tarantino, 2009) zur international meist angesagten deutschen Schauspielerin aufstieg, schlägt das Herz der dreisprachigen Weltbürgerin weiterhin für das europäische Autorenkino.

Alexandra Maria Lara

Alexandra Maria Lara, 2015 Alexandra Maria Lara, 2015 | Foto (Ausschnitt): © dpa/Federik von Erichsen Im Grunde ist diese Schauspielerin eine Emigrantin, denn geboren wurde sie 1978 im rumänischen Bukarest. Auf der Flucht vor dem Ceauşescu-Regime kam sie mit ihrer Familie 1983 nach Deutschland. Seien es Dramen von Autorenfilmerin Doris Dörrie wie Der Fischer und seine Frau (2005), Komödien oder Kinderfilme: Bei ihrem Vater, der in Rumänien einst ein Theaterstar war, lernte sie ihr Handwerk; schnell und mühelos etablierte sich die Schauspielerin in der A-Liga des deutschen Kinos. Ihr internationaler Durchbruch war die Rolle von Hitlers Sekretärin Traudl Junge in Der Untergang (Oliver Hirschbiegel, 2004). Unbemerkt vom heimischen Publikum entwickelte sich der skandalfreie Star, der auch in die Jury der Cannes-Filmfestspiele berufen wurde, zur erfolgreichen Schauspielerin im Ausland. Francis Ford Coppola, der sie in seinem metaphysischen Drama Jugend ohne Jugend (2007) besetzte, war der bisher prominenteste unter den Regisseuren und Weltstars – darunter Spike Lee, Stephen Daldry, James Ivory und Gérard Depardieu – mit denen die wandlungsfähige Künstlerin zusammenarbeitete.
 
Schauspielerin Laura Tonke in „Hedi Schneider steckt fest“ (2015) von Sonja Heiss Foto (Ausschnitt): © Komplizen Film / Pandora Film 2015 Berufsbild Filmschauspieler: Zwischen Schein und Sein
Auf viele Jugendliche übt der Beruf des Filmschauspielers eine große Anziehungskraft aus. Die Stars der Branche, so scheint es, leben ein glamouröses Leben. Doch der Erfolg hängt nicht nur von Talent und Persönlichkeit ab.