Die monatliche Filmreihe
GERMAN CINEMA NOW! wird vom Goethe Pop Up Seattle kuratiert. Dieses Jahr beschäftigt sich die Reihe mit Themen wie Bruch und Kontinuität, um einen öffentlichen Dialog darüber anzuregen, wie genau die Vergangenheit unsere Gegenwart prägt und eine grundverschiedene Zukunft beeinflussen kann.
Im Juni kollaboriert das Pop Up mit with
Three Dollar Bill Cinema, um mit der Seattle Premiere von Oskar Roehler’s Enfant Terrible eine spezielle
Pride-Ausgabe von GERMAN CINEMA NOW! zu präsentieren. Die Filmreihe wird in Kooperation mit dem
Northwest Film Forum Seattle präsentiert. Der Erlös der Tickets unterstützt das Northwest Film Forum.
Die Vorführung von
Enfant Terrible findet online statt. Wir bitten um Registrierung vorab und ermutigen zu einer kleinen Spende.
Der Film steht Zuschauer*innen im Bundesstaat Washington vom 23. Juni, 17 Uhr PDT, bis zum 24. Juni, 17 Uhr PDT, zur Verfügung.
Die Filmaufführung wird von einem aufgezeichneten Gespräch zwischen Richard Block, Film- und Germanistikprofessor an der University of Washington, und Goethe Pop Up Seattles Programmkurator Martin Schwartz begleitet.
Über den Film:
Enfant Terrible
Regie: Oskar Roehler
Deutschland | 2020 | 134 Minuten
Rainer Werner Fassbinder (1945-1982): grausam, sensibel, tyrannisch, erfindungsreich, egozentrisch. Und, nun ja, ein künstlerisches Genie mit teuflischem Arbeitstrieb. Die Koryphäe des Neuen Deutschen Films und queere Ikone wird aber in Oskar Roehlers unorthodoxem Biopic nicht durch irgendeine oberflächliche Kunstnarrative erlöst. Es ist keine Heiligsprechung. Meisterhaft charakterisiert durch
Oliver Masucci (
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl), verstehen wir Fassbinder visuell durch seine Ecken und Kanten, Lederkleidung, herabhängenden Schnurrbart, nasale Stimme, und dunkle Brille. Der Film wertet Fassbinders Verhalten und Sichtweisen hinsichtlich ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht und Gewalt keineswegs auf. Hier sehen wir den großen Künstler als Sadisten. Von Sympathie für ihn kann gar keine Rede sein. Die Liebe ist aber eine andere Geschichte.
Der formelle Schachzug des Films ist, dass er einen Film über Fassbinder als Fassbinder-Film dreht, nur mit Rainer Werner Fassbinder selber im Bild.
Enfant Terrible profitiert von dessen Geschwindigkeit des Geschehens, von der dramatischen Intensität und himmelschreienden Charakterisierungen, vom gnomischen Dialog und künstlerischer Effekthascherei. Seine Figuren sind überlebensgroß, die Atmosphäre hingegen klaustrophobisch und überheizt. Die „Regeln“ des konventionellen Filmemachens gelten hier nicht.
Mit erschreckender Vorwärtsbewegung zeigt
Enfant Terrible Masucci/Fassbinder wie er einen treu ergebenen Kern von Kollaborateur*innen sammelt und dann, eine/n nach der/m anderen, verrät (inkl.
Katja Riemann,
Rosenstraße). Er gewinnt Ruhm und Kontrolle in seinem Metier. (Die flüchtigen Blicke in das Entstehen der Hauptwerke Fassbinders sind eine reine Freude für Filmliebhaber.) Er trinkt Unmengen Kuba Libre. Er findet Drogen. Er klagt und weint. Am allermeisten aber arbeitet er.
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© Picture Tree International
„Oskar Roehler hat einen Film über Rainer Werner Fassbinder gemacht, mit dem niemand gerechnet hätte: Enfant Terrible ist eine Hommage voller Hingabe und ohne Rücksicht.“ Peter Körte,
Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Roehler nähert sich mit der nötigen Risikobereitschaft dem widersprüchlichen Genie. Das Drehbuch, gemeinsam mit Klaus Richter verfasst, verarbeitet Fassbinders künstlerischen Werdegang und sein untrennbar damit verflochtenes Privatleben zu einer Reihe von anfangs oft willkürlich scheinenden Episoden, die sich gegen Ende zu einem stets intimer werdenden Porträt verdichten.“ Patrick Seyboth, epd-film.
Über den Regisseur:
Der 1959 in Starnberg geborene
Oskar Roehler ist seit Mitte der 1990er Jahre vor allem als Spielfilmregisseur bekannt. Sein bislang erfolgreichster Film war
Die Unberührbare mit Hannelore Elsner in der Hauptrolle, in dem Roehler die letzten Jahre im Leben seiner Mutter erzählt. Der Film wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis in Gold ausgezeichnet. Roehler gehörte 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Nach 2003 und 2006 erhielt Roehler 2010 für
Jud Süß – Film ohne Gewissen seine dritte Einladung in den Wettbewerb der Berlinale. Unter dem Titel
Herkunft veröffentlichte er 2011 einen autobiografisch geprägten Roman, den er unter dem Titel
Quellen des Lebens (2013) auch verfilmte.
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