Dort, von wo die Veränderungen der Stadt ausgehen sollen

Im November 2014 kam eine deutsche Ethnologin auf Einladung des Goethe-Instituts nach Sofia, um an einer „Ideenwerkstatt“ teilzunehmen. Während eines Spaziergangs in Sofia bemerkt sie noch von Sozialismuszeiten übrig gebliebene, verwahrloste Zeitungskioske, die „Budkas“. Ihre Aufmerksamkeit wurde vor allem durch das alte Betonkonstrukt gegenüber dem Operngebäude auf dem Boulevard Dondukov, Ecke „Stara Planina“-Straße geweckt. Schließlich machte sie den Vorschlag, solche ungenutzten Orte in kulturelle Stätten oder in Orte des Ideenaustausches und der Begegnung zu verwandeln. 

Es stimmt, dass wir manchmal achtlos an solchen vernachlässigten Orten in der Stadt vorbeigehen und soweit an diese gewöhnt sind, dass wir uns nicht einmal vorstellen können, wie diese umgestaltet werden könnten. Aber sobald ein Außenstehender mit einem frischeren Blick in unserer Mitte auftaucht, bringt er auch neue Ideen mit. Dem Goethe-Institut gefällt der Vorschlag der deutschen Ethnologin und es lädt daher die Initiative „Transformatori“ aufgrund ihres guten Rufs innerhalb der urbanen Sphäre ein, teilzunehmen – ein Verein von Architekten und Architekturstudenten, die uns bereits seit einigen Jahren Möglichkeiten demonstrieren, vernachlässigte, heruntergekommene oder schmutzige Orte in der Stadt in attraktive Punkte der Sozialisation zu verwandeln.

Es ist interessant zu erfahren, dass die Budka gegenüber dem Diensteingang auf der Rückseite der Oper eigentlich sehr alt ist und bereits seit den 30ern existiert. Während des Sozialismus wurde sie im Einklang mit dem Design aller anderen jener Zeit umgestaltet, mit einer zusätzlichen Überdachung, die einem Pilz glich. Und mehr als ein Jahrzehnt steht sie nun einsam und verlassen da und verunschönt bloß das Stadtzentrum Sofias.
Radosveta Kirova und Viktoria Paeva von Transformatori organisieren zwei Workshops, in denen Ideen zur Nutzung der Budka als Kultur- und Begegnungsstätte und Ort der Gespräche und Unterhaltung ausgewählt werden – ein Ort, von dem die Veränderungen der Stadt ausgehen.
 
Sie nennen das Projekt BUD.KO, da sie den Wortstamm beibehalten wollen, um aber eine weitere Bedeutung anzuhängen, verweist „-ko“ auf  „community“ aus dem Englischen, da der neue Ort der Gesellschaft gehören und nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden soll. Und unweigerlich tauchen dabei Assoziationen mit den Gegenentwürfen dieser Idee auf – den wie Pilze aus dem Boden schießenden Kiosken für Zigaretten, Zeitungen, Snacks und Getränke mitten auf den Fahrradwegen oder auf Fußgängerwegen.
 
Nach der Diskussion über BUD.KO kommt man zu dem Entschluss, dass es besser wäre, den so genannten Pilz woanders hinzuverlagern und an dessen Stelle eine neue Budka in zeitgenössischem urbanem Design zu bauen. Das Goethe-Institut unterstützt nicht nur beim Einholen der Genehmigungen der Stadtverwaltung, sondern auch bei der Finanzierung der benötigten Materialien. „Es wird auch Strom und kostenfreies Internet geben“, kündigte Maria Dobrevska an.
Eine der Ideen ist, Geschichten von Leuten, die rund um die beiden Straßen an der Budka gelebt haben und sich erinnern, wie sich die Stadt seit damals verändert hat, aufzuzeichnen. Per Knopfdruck können dann die Passanten diese Geschichten anhören. Oder selbst eine Geschichte aufnehmen.
 
„Wir suchen immer noch nach Schnittstellen zwischen Kultur und urbanem Design, daher sind wir uns selbst noch nicht darüber im Klaren, wie die neue Budka ausschauen soll – ob sie einen begehbaren Innenraum haben wird oder nur einen Stand darstellen soll. Es kommt darauf an, was die Leute wollen.“ Bis Ende Juli werden die Projektanträge in der Stadtverwaltung eingereicht, wobei die Stadtbewohner vorher erneut Gelegenheit haben werden, sie zu diskutieren. Währenddessen wird die Künstlerin und Fotografin, welche für „Sofia Monsters“ bekannt ist, ihre Monster auf und um die alte Budka herum malen, solange diese noch nicht abgerissen ist.
 
Der nächste verlassene Kiosk, der verwandelt wird, steht im Stadtviertel Oborishte in der Giovanni-Gorini-Straße.
 
Die Entwicklung des Projektes ist auf transformatori.net mitzuverfolgen.
 
Quelle: http://www.capital.bg/light/neshta/2015/07/03/2565655_budko/