Interview mit Heikki Heikkilä
„Überwachung hat viele Funktionen und nicht alle sind schlecht“

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© Public Domain: CC0 Creative Commons.

Ein Gespräch über die Vorteile von Überwachung und die verschiedenen Praktiken der Privatsphäre.

Überwachung ist für viele im ersten Moment mit negativen Assoziationen verknüpft. Inwiefern kann Überwachung auch positiv sein?
 
In der Vergangenheit war Überwachung ein Instrument der staatlichen Kontrolle, der Polizei, der Versicherungen, der Banken, sogar der Kirche. Überwachung hat viele verschiedene Funktionen und nicht alle davon sind schlecht. Sie schafft öffentliches Vertrauen, sie vereinfacht Arbeitsabläufe. Wenn man einen Kredit von der Bank möchte, weiß die Bank genau, wieviel Geld auf dem eignen Bankkonto ist, wieviel man verdient und wie man sein Geld normalerweise ausgibt. Es ist gut, dass die Bank das weiß, denn es hilft, einen Kredit zu bekommen. Es ist ein einvernehmliches Vorgehen, das beibehalten werden kann.  
 
Welche Rolle spielt die Ethik bei der Regulierung von technischen Neuerungen? Und welche Rolle sollte sie spielen?
 
Das ist eine gute Frage. Entwickler von Technologien sind keine unethischen Menschen. Ethik kommt in der einen oder anderen Weise in jedem Berufsstand vor. Das Problem ist, dass die ethischen Fragen, die wir uns stellen, wenn wir über Überwachungstechnologien sprechen oder über digitale Medien im Allgemeinen, oft sehr weit gefasst sind: Es ist sehr schwierig, bezüglich jedes einzelnen ethischen Aspektes Vorhersagen zu treffen.  
 

Interview mit Heikki Heikkilä
 
Was bedeutet Privatsphäre für Sie?
 
Darüber denke ich oft nach. Ich habe viele Bücher über Privatsphäre gelesen. Für mich ist es eine Verknüpfung von verschiedenen Ideen: Privatsphäre bezeichnet eine Reihe von Tätigkeiten, die Menschen ausführen.  Ich denke nicht, dass Privatsphäre primär ein Wert ist, denn Werte sind sehr abstrakt.  Menschen „führen“ keine Werte „aus“.
Sie tun bedeutsame Dinge und diese können auch Werte beinhalten.  Man muss sich darauf konzentrieren, was Menschen machen und wieso. Hierbei kam mir die Idee, dass es vier Elemente gibt, die definieren, woraus Privatsphäre sich zusammensetzt: einmal das Gefühl von Würde, dann die Möglichkeit des Rückzugs, allein sein zu können. Das Dritte ist Anonymität und das Vierte ist Verschwiegenheit. Und mit Verschwiegenheit meine ich, dass Menschen die Möglichkeit zu schätzen wissen, vertrauliche Gespräche mit einzelnen Menschen führen zu können und diese Gespräche nicht mit anderen Personen teilen zu müssen. In diesem Sinne ist Verschwiegenheit also durchaus elementar und wichtig.