Online-Filmvorführung Herrmann Zschoche: Karla

Nahansicht des Gesichts einer blonden kurzhaarigen Frau, im Hintergrund eine Schülerklasse © DEFA-Stiftung Foto: Eberhard_Dassdorf

Sa, 01.06.2024 –
Sa, 08.06.2024

19:00 Uhr – 19:00 Uhr

Goethe-Institut London

Goethe-Kino (Online - Nur in Großbritannien verfügbar)

Begleitend zu unserer Kinovorführung des aktuellen Films Das Lehrerzimmer zeigen wir online den 1965 in der DDR fertig gestellten DEFA-Film Karla. In beiden Filmen stehen junge, idealistische und engagierte Lehrerinnen im Mittelpunkt von schulischen Konflikten, die zugleich auf weiterreichende gesellschaftliche Widersprüche verweisen. Entstanden sind sie jedoch zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen politischen Systemen und unter dem Einfluss unterschiedlicher stilistischen Konventionen und ästhetischer Vorlieben.

Nach Abschluss ihres Lehrer*nnenstudiums in Berlin wird Karla Blum in einer Kleinstadt im Norden der DDR in der Nähe der Ostsee eingesetzt. Sie unterrichtet eine Klasse im Jahr vor dem Abitur, stark geleitet von dem Ideal, ihre Schüler*innen zu kritischem Denken und dem ehrlichen Eintreten für ihre Meinungen zu motivieren. Obwohl der Schuldirektor sie schätzt, beobachtet er ihre Nähe zu ihren Schüler*innen und die gedanklichen Freiheiten, die sie ihnen erlaubt, mit Skepsis. Als sie den ideologisch bedingten Spannungen zwischen einigen Schüler*innen und der Schulleitung in einem schwerwiegenden Verdacht gegenüber dem Direktor kulminieren, ist Karla gezwungen sich den Regeln unterzuordnen. Die Schüler*innen reagieren mit zum Teil echtem, zum Teil ironischem Konformismus, der Karla allen ihren Elan nimmt.

Karla ist einer der 12. Filme, die im Rahmen des 11. Plenums der ZK der SED im Dezember 1965, also im Jahr seiner Fertigstellung verboten wurden und erst 1990 in einer vom Kameramann Günter Ost beaufsichtigen Restaurierung eine Uraufführung hatte. Kritisiert wurde der Film u.a dafür, dass er das „Wachsen der sozialistischen Persönlichkeit des Schülers“ nicht in den Mittelpunkt rückte und allein Karla als die Mängel des Systems erkennend dargestellt wurde, während doch Partei und Regierung für die „Lösung vorhandener Widersprüche“ sorgen würden. Gespielt wird Karla von der bekannten DEFA-Schauspielerin Jutta Hoffmann, die in fünf der 12 verbotenen Filme involviert war. Ihre Karla ist leise aber bestimmt, manchmal traurig und verzagt, dann wieder spontan und lebensfroh.  Der Film zeigt sie auch außerhalb der Schule, während Carla in The Teachers' Lounge nur innerhalb des Schulgebäudes zu sehen ist, was zum Gefühl der Klaustrophobie des Films beiträgt.

DDR 1965 -1990, s/w, 128 Min. Mit englischen Untertiteln.
Regie: Herrmann Zschoche. Buch: Ulrich Plenzdorf, Herrmann Zschoce. mit Jutta Hoffmann, Jürgen Hentsch, Hans Hardt-Hardtloff, Inge Keller, Gisela Morgen, Herwart Grosse, Rolf Hoppe, Jörg Knochée (auch Knoche).

 

Über Herrmann Zschoche

Herrmann Zschoche wurde 1934 in Dresden geboren. Er arbeitete als Assistent und Kameramann für die Aktuelle Kamera des ostdeutschen Fernsehens. Von 1954 bis 1959 studierte Zschoche Regie an der Deutschen Filmakademie in Potsdam-Babelsberg und wurde Regieassistent von Frank Beyer (Star-Crossed Lovers, 1962).
Von 1960 bis 1991 war Zschoche Regisseur im DEFA-Studio für Spielfilm. Seine ersten Erfolge waren vor allem Kinderfilme nach Büchern ostdeutscher Autoren, gefolgt von publikumswirksamen Filmen über Jugendliche. Prominente Themen in Zschoches Werk sind die Emanzipation der Frau und die kritische Auseinandersetzung der Jugend mit der älteren Generation. Für seinen Film Bürgschaft für ein Jahr über eine geschiedene Mutter mit drei Kindern erhielt Katrin Saß 1982 bei den Berliner Filmfestspielen den Silbernen Bären als beste Darstellerin.
Karla, ein Film, an dem er zusammen mit dem Autor Ulrich Plenzdorf arbeitete, wurde 1965 zusammen mit einem Dutzend anderer DEFA-Filme verboten. Die Behörden stuften den Film als nihilistisch, skeptisch und feindselig ein. Erst 1990, nach dem Fall der Mauer, wurde Karla in den Kinos gezeigt. Von 1990 bis zu seiner Pensionierung 1998 drehte Zschoche hauptsächlich Filme für große deutsche Fernsehsender. Im Jahr 2002 veröffentlichte er Sieben Sommersprossen und andere Erinnerungen über seine Erfahrungen in den ostdeutschen Filmstudios. Im Jahr 2019 wurde er von den Internationalen Filmfestspielen Berlin mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. (Quelle: DEFA Film Library, in deutsche übersetzt)
 

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