Filmvorführung Figuration of showing – Figures of absence

Alaska von Dore O. © Dore O.

Sa, 24.08.2019

20:00 Uhr

Close-Up Film Centre

Dore O.'s films in-between opaqueness and translucency, hypnosis and clarity

Wir freuen uns, dieses Programm mit Filmen von Dore O zu unterstützen, das eine einmalige Gelegenheit bietet, die Arbeiten dieser wichtigen im Bereich des Experimentalfilms arbeitenden Filmemacherin zu entdecken. Das Programm wurde von der in Berlin ansässigen Archivarin und Wissenschaftlerin Masha Matzke ausgewählt, die auch das Programm einführen wird.

Die Filme der Künstlerin Dore O. scheinen eine gewisse Einzigartigkeit gegenüber den vorherrschenden, wenn auch vielfältigen, Strömungen des Deutschen Experimentalkinos zu beanspruchen. Ihre der bildenden Kunst und Poetik entlehnte Filmsprache gleicht einem assoziativen, vorbewussten Fluss von Bildern und Klängen, die in ihrer exponierten Sinnlichkeit rein verbale oder intellektuelle Register der Interpretation herausfordern. Ihre höchst enigmatische Filmpoetik geht über das rein persönliche oder formalistische Paradigma ihrer Zeitgenossen hinaus und ist untrennbar mit einer metafilmischen Untersuchung des analogen Bewegtbildes und der Wahrnehmung verbunden. Zwischen innerer Versenkung und bewusster Wahrnehmung oszillierend wird eine rhythmische Orchestrierung von Hypnose und Klarheit, von Transparenz und Opazität, von Inner- und Äußerlichkeit, von Stillstand und Bewegung, von konträrer Stofflichkeit spürbar. Ihre Filme zeugen von einer unaufhörlichen Auseinandersetzung mit der zweidimensionalen Bedingtheit des kinematografischen Bildes in Gestalt einer bildhaft erlebten Realität, die in mehrschichtigen Tableaus durch das Gegenspiel von Tiefe und Flächigkeit und multiplen innerbildlichen Rahmungen erfahren und festgehalten wird, um "neue Architekturen alter Formen zu schaffen." (Dore O.) Wie in  keinem anderen Werk des deutschen Experimentalfilms zeugt ihr Oeuvre von einer Remobilisierung der Geschichte des Avantgardefilms, derzufolge die malerischen, grafischen und poetischen Konzeptionen des filmischen Mediums zusehends in eine distinktiv filmische Formensprache überführt wurden, und schließlich jene dem Medium genuinen Abstraktionen als Mittel für den Ausdruck neuer Modi von Subjektivität und Bewusstszuständen dienten. Das Hypnotische, fast Musikalische dieser bildlichen Stratifizierungen in Kombination mit radikalen Klanglandschaften überträgt sich auf ihre späteren Arbeiten der neunziger Jahre.

 
Dore O. wurde 1946 in Mühlheim an der Ruhr geboren. Bis 1967 erhielt sie ihre Ausbildung und studierte Textiltechnologie und Malerei in Krefeld und Italien. Als bildender Künstlerin hat Dore O. eine Vielzahl von Büchern, Objekten, Installationen und fotografischen Arbeiten (hauptsächlich Polaroidserien) produziert und international ausgestellt. Ihr erster Film JÜM-JÜM (1967) entstand in Zusammenarbeit mit Werner Nekes, den sie 1976 heiratete. Zwischen 1966 und 1986 hat sie auf vielfältige Weise zu seinen Filmen beigetragen. Sie war eines der Gründungsmitglieder der Hamburg Film Co-op (1968-1974) und eine der wenigen Filmemacherinnen, die sich nach einem spürbaren Rückgang der experimentellen Filmkultur in Deutschland ab der Mitte der 1970er Jahre weiterhin eine avantgardistische Filmpraxis verfolgte. Als erste Filmemacherin gewann Dore O. den ersten Preis beim 5. Internationalen Experimentalfilmwettbewerb in Knokke (Belgien) für ihren Film Kaskara. Ihre filmische Arbeiten waren Teil der documenta 5 im Jahr 1972 und der documenta 6 im Jahr 1977. Nach der Vollendung ihres letzten Films im Jahr 2000 setzte Dore O. ihre Arbeit in den Bereichen Bildende Kunst, (oft para-filmischen) Installationen und Fotografie bis heute fort.
 
Masha Matzke ist eine in Berlin lebende Filmarchivarin und –wissenschaftlerin in der Filmarchiv- und Restaurierungsabteilung der Deutschen Kinemathek, wo sie derzeit an der Restaurierung von Filmen von Dore O. tätig ist. Sie arbeitet an einer Monographie über Dore O., die 2020 in englischer Sprache erscheinen soll.


Programmdetails:
 
JÜM-JÜM

16mm / 10 Min / Farbe / 1967 / Regie: Dore O. und Werner Nekes
“In Jüm-Jüm fliegt ein Mädchen auf der Schaukel nach oben, sie zögert, fliegt höher und höher und schafft weitere Rhythmen. […] Das Mädchen auf der Schaukel verwandelt sich in eine Staccato-Bewegung, ein Licht-Farb-Symbol für Bewegung. Wir distanzieren uns von dem Mädchen und sehen nur visuelle Rhythmen.“ (Stephen Dwoskin)

ALASKA
16mm / 18 Min. / Farbe / 1968 /Regie: Dore O.
«Ein Emigrationsfilm: Traum meiner Selbst, Konsequenz aus dem Akt mit der Gesellschaft.» (Dore O.)

LAWALE
16mm / 30 Min / Farbe / 1969 / Regie: Dore O.
«Die Erinnerung ist eine grausame Hoffnung ohne Erwachen.» (Dore O.)

KASKARA
DVD / 21 Min / Farbe / 1974 / Regie: Dore O.

«Balance des Eingeschlossenseins im zerbrochenen Raum.» (Dore O.)

XOANON
16mm / 11min / color / 1994
«Ortlos und körperlos umschreiben diese Bilder in ihrer Abfolge die geheime Struktur und Ordnung des Raumes, in dem sie erscheinen und sich verlieren, auf- und untergehen. Wie der Sand, in den der Maler unaufhörlich und immer wieder neu seine Linien zieht (...).» (Karin Stempel)

Programmelänge: 90 Minuten

Zurück