Bernhard Schlink: Die Frau auf der Treppe

Bernhard Schlink: Die Frau auf der Treppe © Diogenes Verlag Furioser Auftakt, dann sinkende Spannung. Im ersten Drittel des Romans fesselt Schlink den Leser mit seiner bizarren Geschichte dermassen, dass der sich kaum eine Pause gönnen kann. Später lässt das Tempo nach, und das Ende will dem Autor nicht so recht gelingen. Mir schien es etwas gekünstelt.

Der Ich-Erzähler der Geschichte ist ein Rechtsanwalt. In seiner Kanzlei erscheint eines Tages ein Maler der ihn um Rechtshilfe ersucht. Er möchte sein Gemälde das von einem Grossindustriellen bestellt wurde, wiederhaben. Als Modell des Bildes diente seine Freundin, die die Ehefrau des reichen Mannes ist. Sie ist die Frau auf der Treppe. Während er sie gemalt hatte, verliebte sich in sie, und die Frau verliess ihren Ehemann seinetwegen. Der Anwalt versucht die Sache friedlich zu regeln, ohne Erfolg, und verliebt sich dabei ebenfalls in die Frau. Das Bild wird schliesslich von der Frau geklaut - mit Hilfe des Anwalts!

Die Diebin verschwindet, keiner der drei Männer weiss wohin. Nach Jahrzehnten entdeckt der Anwalt das Bild in einer Galerie in Australien. Er geht auf Spurensuche, und entdeckt die Frau auf einer einsamen Insel. Die andere Männer tauchen dort etwas später auch auf. Das Bild diente nämlich als Lockmittel, die todkranke Frau wollte die Männer sehen, bevor sie stirbt.

Und was ist der Sinn des Ganzen? Die Entwicklung des etablierten Rechtsanwaltes, der seine bürgerlichen Prinzipien der anarchistischen Frau zuliebe über Bord wirft, oder die Entwicklung der eigenwilligen Frau, die sich am Ende mit allen versöhnt?

Schlink bedient sich wieder einmal (wie früher in „ Selbs Betrug”) der Terroristenszene als pauschale Begründung der dunklen Vergangenheit der Protagonistin, aber damit vermag er Widersprüche doch nicht ganz zu kitten.

Wie auch immer, „Die Frau auf der Treppe” ist ein interessantes Buch, man schläft beim Lesen gewiss nicht ein.

Mir ist noch eingefallen, wie erfolgreich heutzutage einige deutsche Juristen als Schriftsteller. sind: Bernhard Schlink, Ferdinand von Schirach, Herbert Rosendorfer. Eigenartig.