Zsófia Balla

Salve

Besser ist es, besser den Steinen
Flut zu werden.
    
Die Eurigen schleppen die Eurigen fort.
Rettet die Fortgeschleppten,
die aus eurer Mitte Abgeführten.
Rettet die Fliehenden, die
Halbverlorenen und Halbbefreiten.
Rettet die von den Häschern Registrierten.
Rettet die Karren, die Pferde,
die Fenster und Lampengläser.
Rettet die Fallenden, die sich an
Steine klammern, die Gekrümmten,
die Schleppenden, rettet das Boot, das Floß
und die Hacke. Die Tore, die Bänke, die Fahnen.
Holt von den Regalen herunter die zerwühlten
Bücher, lest auf die entrollten Perlen, bedenkt die
letzten Splitter der Gesichter an den Rändern
der Bilder. Rettet den gewagten, aus der Erde ragenden
zarten Schaft.
    
Rettet auch die Häscher, die einst euch ähnlich
waren. Die Leichtgläubigen, die freiwillig oder
unter Zwang Übertretenen, rettet die
Ausgelieferten, die Hingelockten und
Irregeleiteten. Damit sie später sich nicht
wahnfragen müssen vor lauter Gedenken und Trübsal.
    
Rettet die Stummen vor diesem Anblick,
trennt von der Sprache die Unwissenden,
rettet vorm Jubel die Ahnungslosen.
    
Rettet die Toten, eure Toten,
rettet die Nägel und Gruben,
die Knie, die Haarknoten und Schleppen.
Rettet vor dem Grab die Erinnerung.
    
Rettet euch,
damit eure Tage, jeder einzeln,
wieder zu Ende gehen können.
Rettet die inneren Wege.

Salve animam meam.

Übersetzt von Csaba Báthori

In: Zsófia Balla: A páncél nyomai. Bukarest, 1991.
 

Die Kriege unserer Zeit

In irgendeinem Krieg ist Gott gefallen.
Sonst hätte er geholfen vielen, allen.
War nirgends – so wurde er überall begraben.
Geehrt wird nun das volle Grab, – die leeren Namen.

An ihn zu denken, – davon käme Trost.
Als spräche er durch Internet zu uns.
Gott gibt es nicht. Man sucht ihn nun in allen Ecken:
er soll – ein Strohmann – unsre Greueltaten decken.

Übersetzt von Zsófia Balla

unveröffentlicht (geschrieben 2014, Originaltitel: Korunk háborúi)